Volltext Seite (XML)
EL Sie Abendstunde Im ÄleUenbranä manchen Leuten um was es sich noch vo ichtsl ja frühestens am fortgesetzten Folter machte. Er dachte daran, den Brief, der zuwider gewesen. Aber man kann doch nicht Sie da für verantwortlich machen, lieber Meister! In ganz München gibt es sicherlich keinen, der Sie für einen Verschwörer hielte." Der Professor zauste seinen grauen Bart. Mit seinem bierehrlichen roten Bajuvarengesicht und feinen gutmütigen Augen sah er in der Tat nach allem ander» eher aus als nach einem staatsgesährlichen Mensche». Mittag eintreffen konnte, nicht erst abzuwarten, son dern zu ihr zu eilen und ihr zu sagen, daß ihm alles Vergangene gleichgültig sei, wenn nur die Zukunft ihm gehören solle. Aber er hatte nicht umsonst Han seatenblut in den Adern. Ein gegebenes Versprechen, auch wenn es ihn nachher gereuen mochte, war etwas, über das er nicht hinweg konnte. Er hatte Hertha zu gesagt, daß er ihren Brief abwarten wolle, und es bWcbt voterkMngs-beilage rvk WMerttn-Zestrinq (ilmkblstt) wäre ihm wie eine Erniedrigung in ihren Augen er schienen, wenn er nun seinem Worte untreu geworden wäre. In vorgerückter Vormittagsstunde wurde er durch den Besuch des Professors Grünwald überrascht, der ihm freilich an jedem andern Tage willkommener ge wesen wäre als gerade heute. Er glaubte, daß der Professor gekommen sei, um sich das Bild anzusehen, das er hier in seinem Atelier ohne die Korrektur des verehrten Lehrers gemalt hatte. Aber schon die ersten Worte des alten Herrn belehrten ihn, daß der Zweck des Besuches ein anderer sei. „Haben Sie es schon gehört?" rief der Professor, nach seiner Gewohnheit mit langen Schritten in dem Atelier auf und nieder gehend. „Das hat man nun von seiner Gutmütigkeit gegen das hergelaufene Volk mit den unaussprechlichen Namen. Jetzt muß ich es auf meine alten Tage erleben, daß mich die Polizei ins Gebet nimmt, und daß meine Malschule am Ende gar in den Geruch kommt, eine Brutstätte politischer Umtriebe zu sein!" „Aber was gibt's denn, verehrter Meister?" fragte Leuthold verständnislos. „Es ist doch ganz unmöglich, daß irgend jemand einen so absurden Verdacht gegen 3 7 o sehr hatte Erich das zarte, ritter liche Werben um Herthas Gegenliebe beseligt, daß er es mit seiner Erklärung gar nicht eilig gehabt hatte, obwohl es weder die Furcht vor einer Abweisung noch der Gedanke an irgendein unüber windliches Hindernis gewesen waren, die ihm die Lippen verschlossen. Denn trotz ihres ade ligen Namens hielt er sich mit echtem Hanseatenstolze für durchaus ebenbürtig. Die Leutholds durften als Patriziergeschlecht wohl auf eine ebenso lange Ahnen reihe zurückblicken wie die Ravens, und als freier Künstler schätzte er sich selber durchaus nicht geringer ein als irgendeinen feudalen Rittergutsbesitzer. Daß es nun auf dem gestrigen Ausfluge zu einer Erklärung gekommen, war eigentlich nur ein Zufall gewesen; aber die Aussprache, die den wenigen Augen blicken höchsten Glückes gefolgt war, hatte den ersten schweren und tiefgehenden Konflikt in Erich Leutholds Lehen getragen. Solange er die Gestalt des geliebten i Mädchens leibhaftig vor sich sah, solange er den Klang ihrer süßen Stimme hörte, drängte der Zauber ihrer ! Persönlichkeit und die Gewißheit ihres Besitzes die schwarzen Gedanken zurück, die ihr Bekenntnis not wendig in ihm hatte wachrusen müssen. Aber nachdem er dann im Beisein der anderen gezwungen gewesen war, einen kurzen und förmlichen Abschied von ihr zu nehmen, ergriffen diese Gedanken um so unwidersteh licher von ihm Besitz. „Die Verlobte eines andern!", das klang ihm un ablässig im Ohre wider. Und wenn er auch mit aller Kraft seiner Liebe dafür kämpfte, ihr Bild in seiner Vorstellung rein und fleckenlos zu erhalten, wenn er sich auch immer und immer wiederholte, daß ihr Brief ihm eine Aufklärung bringen müsse, die alles ins rechte Geleise führte — es blieb doch etwas Peinigendes und Aufreizendes zurück, das während der Nacht den Schlaf von seinen Lidern scheuchte, und das ihm die langsam hinschleichenden Stunden des neuen Tages zu einer eigentlich handelt?" „Ja so — Sie wißen offenbar Dieser Georgewitsch soll ein gefährlicher Ve. wörer ge wesen sein — einer von der Bande, auf die das fluch würdige Attentat von Serajewo zurückzuführen ist." „Das überrascht mich gar nicht. Der Mensch ist mir von der ersten Stunde an im innersten Herzen Sie hegen könnte!" „O sagen Sie das nicht!" widersprach der Maler. „Und ich könnte es den Herren von der Obrigkeit nicht einmal übelnehmen. Denn in dieser Zeit, wo einer gewissen Jugend schon nichts mehr heilig ist, muß es wohl schließlich dahin kommen, daß auch die künstle rische Freiheit nicht mehr respektiert werden kann. Es ist ja eine Schmach, wozu sie von mißbraucht wird." „Möchten Sie mir nicht sagen. Orlglnal-Kriegsroman aus ernster Teil von Rudolf ZolltngeL (2 Fortsetzung.) (Nachdruck verboten. Alle Rechte vorbshaktenz