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Dresdner Journal : 30.09.1885
- Erscheinungsdatum
- 1885-09-30
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188509300
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18850930
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18850930
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1885
-
Monat
1885-09
- Tag 1885-09-30
-
Monat
1885-09
-
Jahr
1885
- Titel
- Dresdner Journal : 30.09.1885
- Autor
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Ldon»«»s»r»pr«I»» l» ««»UxL«» IRürliväi.... 18 K»r^ HMrUokr 4 66 Luusb»» Uuou»«Mi 10 kL 6«i—rk»Id cl«i äsvtseN«» Lsiok», tritt?o,t- m»ä tüusn. Nvo ÜLluu «uivr jx,«i>tUcvuvo ?vUtr«tls IO ks Ont« „Lul^v,»»6t" äi« 2«ils 8V kk. ö«i ^»vstlso <u»<i 2iRvrL»»t« 66 H X»s»^K1»^ Lr»«K»t»»Lr LA^Uot» »ul cl« 8oiu»- a»T k°oi«rt»^< ^b«oä» Mr ä«o kot^»»ck»Q1^. DreMerImmml. Iossr»1«o»au»kui« »usM»i-1»l l^rpUU: />>. Loo»wi»»ioiütt äs» Drssäusr ^onn>»l»; SRwdurA - >«rlto Vt«v l^ipitx L»»»I-8r»,I»u kr»»k1vn ». U : //nasrn^t«» <- p'oA/^,' I«rUo-Vt«o Nr», I>«ii,ix Nr»ll1itvrt ». «. ^ko«e, 8erUu: /'«i niiät-näanl',' 8r«mo»: Nr»,I»ll: /. Lt«»A<n » Lureu« <L»I>7 Ludutti-,- Nr»illlturt » u.: ^<uAe>^»ctls Lii<l>titulälun^; vörltt»; tr S»»»or«r: O. N»r1» Ü»rlt» rr»»^turt ». 14.- »t«u,»r»: I-a^dr<e vo., rr»wdur,: ^Ici. Lte>E. Verantwortlicher Redacteur: In Stellvertretung Professor Otto Banck in Dresden. llsrsasxvdsrr USuinl. Lipeäitioo äs» vrssäosr äoariuN», Drssäso, Lvin^eritr»»» Ho. 86. Ämtlichkr Theil. Dresden, 26. September. Se. Majestät der König haben geruht, dem Major und Militärbevoll- mächtigten in Berlin von Schlieben, die Erlaubniß zur Anlegung des demselben verliehenen Comthur- treuzes 2. Classe des Königlich Württembergischen Friedrichs-Ordens, Allergnädigst zu ertheilen. Se Majestät der König haben Allergnädigst zu genehmigen geruht, daß der im Königreiche Sachsen staatsangehörige Postmeister Schobert in Gößnitz das ihm von Sr. Hoheit dem Herzoge von Sachsen-Alten burg verliehene Silberne Verdienstkreuz des Sachsen- Ernestinischen HausordenS annehme und trage. Nichtamtlicher LheU. Telegraphische Nachrichte«. Kiel, DienStag, 29. September, Rachmittagt. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Der Eapitän Stenzel ist zum Geschwadrrchef des zu formirenden Schul« geschwaderS, der Capitän Karcher zum Oberwerft, director in Wilhelmshaven ernannt worden. Wien, Montag, 28. September, Abends. (Tel. d. Boh.) Die „Presse" meldet, daß die Ab reise des Kaisers zu den Jagden in Steiermark am 2. Oktober erfolgen dürfte. Die Kaiserin, welche sich am 30. d. Mts. nach Miramar und Korfu begeben wollte, hat die Abreise für einige Tage verschoben. Triest, Dienstag, 29. September. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Gestern Abends wurden bei einem furchtbaren Tüdweststurme sämmtliche Ufer und die umliegenden Straßen überschwemmt. Ein österreichisches Barkschiff ist gesunken, die Mann- schäft aber gerettet. Innsbruck, Dienstag, 29. September, Nach- mittags. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Die Südbahn auf der Strecke Salurn-Neumarkt ist durch Hoch wasser zerstört, die Reichsstraße übrrfluthet, der Verkehr unterbrochen. Die Etsch ist a« mehreren Stellen ausgetreten und zerstörte die Verbindung. ÄuS einigen Gegenden fehlt jede Nachricht. Laibach, Montag, 28. September. (W. T. B) Der Bahnverkehr zwischen TarviS und Pon- täfel, lvwir zwischen Tarvis und Aßling ist ein gestellt worden, da die Strecken infolge der an haltend,« Regengüsse und der ausgetretenen Wild« büche unfahrbar geworden find. Amsterdam, Montag, 28. September. (W. T B.) Infolge der Verurtheilung drS Social- demokratrn Vanommeren wegen MajestätSbelridi« gung zu einjähriger Einzelhaft fanden heute hier« selbst Ruhestörungen Statt. Die Ruhestörer weig.rten sich brr Aufforderung der Polizei, die m tgebrachtrn rothrn Fahnen wegzunebmen, nach- ,»kommen; die Polizei war schließlich genöthigt, von ihrer Waffe Gebrauch zu machen, um die Menge zu zerstreuen. Mehrere Personen wurden hierbei verwundet und 4 Ruhestörer verhaftet. Amsterdam, Montag, 28. September, AbrndS. ^W. T. B.) Zn deu Abendstunden fanden iu den Straßen abermals Menschenansammlungen Statt, größere, vorwiegend au» Socialdemokraten be stehende, Menschrntrupps durchzogen, von Tausen den von Neugierigen gefolgt, unter dem Gesänge socialistischer Lieder die Straßen, die Polizei br- schränkte sich aber auf bereu Urberwachung, ernstere Ruhestörungen kamen nicht vor. Bern, Montag. 28. September. (W. T B.) In der Schweiz hat an verschiedenen Orten starker Schneefall stattgefundrn; der Rhein ist infolge anhaltenden RegenS an mehreren Stellen ausge treten. Rom, DienStag, 29. September. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Die italienische Regierung machte gleichfalls Vorstellungen in Athen und Belgrad behufs Annahme einer ruhigern Haltung. Madrid, Montag, 28. September. (W. T.B.) Nach von Cuba hier riugetroffenrn Nachrichten find die JusurgenteuchefS Limbano, Nauchez, Mongo und Gonzalez sämmtlich getödtet. London, DienStag, 29. September. (Tel. d. Dre-dn. Journ.) England wird bei den Botschafter- derathungen in Konstantinopel, deren Beginn als« bald nach Eintreffen deS auf der Reise befind lichen deutschen Botschafters erwartet wird, durch -seiaeu dortigen Gesandten White vertreten sein. Tt. Petersburg, DienStag, 29. September. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Da» „Journal de St. PsterSbourg" schreibt: Bei der diplomatischen Action in Konstantinopel, zu welcher Rußland die Jnitative ergriff, handelt eS sich nicht um eine förmliche Conferenz sondern um die Vereinigung der Botschafter, damit der diplomatischen Action der Großmächte ein einheitlicher Charakter ge geben werde. Angesichts der versöhnlichen und fried lichen Dispositionen der Großmächte werde hoffentlich die Krisis keine Ausdehnung erfahren, sondern baldige Beruhigung finden. Belgrad, DienStag, 29. September. (Tel. d. DreSdn. Jounr.) Der Eisenbahnverkehr von Per sonen und Gütern nach Nisch ist eingestellt, eS werden nur Truppen und Kriegsmaterial dorthin befördert. Bukarest, DienStag, 29. September. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Dir Ageuce HavaS" theilt eine Belgrader Nachricht mit, wonach zwischen Serbien, Griechenland und Rumänien ein Einverständniß bezüglich gemeinsamer Action bestände. Diese Mittheilung wird aber feiten der rumänischen Re gierung formell al» gänzlich unbegründet bezeichnet. Ebenso entschieden wird dementirt, daß der Re gierung irgend welche Agitation willkommen sei. Um selbst den Verdacht einer Agitation zu ver meiden, wurde beschlossen, die alljährlich im Herbst stattfiudenden Einberufungen der Mannschaften in diesem Jahre zu unterlassen. Der König werde da» Militär nur iu den Garnisonen besichtigen. ES verlautet, daß »ine Verstärkung der Garni son in der Dobrudscha angeordoet sei. Der König empfing den iu Specialmission eingetroffeven serbi schen Generaladjutanten Katargi. Sofia, DienStag, 29. September. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Einige Agitatoren und Banden- führer wurden an der Grenze verhaftet. Konstantinopel, Montag, 28. September. <W.T.B.) Die Pforte hat Sir Drummond Wolff davon benachrichtigt, daß die Verhandlungen sofort wieder ausgenommen werden sollten. Dresden, 29. September. DaS Jnslebentreten des UnfallversicheruvgS- gesetzes. Mit dem 1. October d. I. beginnt ein neuer Ab schnitt in der socialpolitischen Entwickelung deS deut schen Reiches. Es war im Januar 188l, als der erste Entwurf eine- Gesetzes, betreffend die „Versiche rung der in den Bergwerken, Fabriken und anderen Betrieben beschäftigten Arbeiter gegen die Folgen der beim Betriebe sich ereignenden Unfälle" dem BundeS- rathe zur Berathung und Beschlußfassung vorgelegt wurde. DaS Unternehmen der Reichsregierung be gegnete damals vielfältigen Zweifeln, die große und verwickelte Aufgabe wurde nur von Wenigen erfaßt Feuilleton. Nedi-trt von Otto Banck. S. Hoftheater. — Altstadt. — Am 28. Sep tember: „Jphigenia auf Tauris", Schauspiel in 5 Acten von Goethe. (Vorstellung zu ermäßigten Preisen.) In Bezug auf die Preisermäßigung, welche seit einer Reihe von Jahren bei uns dem großen Publicum den Genuß klassischer Dichtungen so leicht möglich macht — eine Thatsache, für die bei Goethe'S Jphi- genia da» volle Hau» Zeugniß ablegte — müssen wir auf da» Ergebniß zurückweisen, daß eine solche Preis herabsetzung innerhalb der Wintersaison stet» al» ein opferwilliges Entgegenkommen von Seiten der Theater leitung anzufehen ist. Nur in dem Bühnenbesuch ungünstigen Jahreszeiten kann aus solchem Brauche eine Nichtschädigung, oder vielleicht gar ein Bortheil der Lasse erwachsen, in guter Besuchszeit genießt den Vortheil nur das Auditorium, und e» ist zu wünschen, daß e» denselben dankbar wahrnehme, damit durch jchwachbesetzte schon ost vorgekommene Häuser das Opfer nicht »u einem pecuniär ausfallenden werde. Werden diese mit so geringem Eintrittsgeld« zu erkaufenden Darbietungen warm und eifrig benutzt, so wird dadurch nicht nur auf die weiten Kreise de- Publicum» der segnende und erleuchtende Einfluß aller wahren Dichtung auSgeübt, sondern auch der DarftelluilgSknnst ein Gewinn geboten. Er liegt, in der anregeuocn Wechselwirkung zwischen dem Zu schauer und dem Schauspieler, in dem Herantreten solcher Freunde der dramatischen Poesie, deren Empsäng« lichkeit, ja BegeisterungSfähigeit noch nicht durch ein häufiges Genießen de» Theater» und seiner modernen Nichtigkeiten abgestumpft sind. Nicht» weckt die Jllu- sionskrast des Darsteller- so mächtig auf, als die Ge- müthtsrische und Unbefangenheit des Empfänger». Diese schönen Steigerungen des Erfolges machten sich auch bei der Vorstellung von Goethe'S Meister werk geltend, das m seiner Titelrolle und in seinem Thoas, Orest und Pylade» an Frl. Ulrich und den Herren Porth, MatkowSky und Dettmer so ost schon rühmend erwähnte Vertreter besitzt. O. B. Auf gekreuzten Wegen. Novelle von H. Raumburg. (Ao«st»»ng.) „Der Vorschlag wäre schwerlich für irgend einen Andern verlockend gewesen, mir aber kam er wie ge rufen, und ich mußte mich nur zusammennehmen, nicht allzu bereitwillig darauf einzugehen. Er räumte mit einem Male alle Hindernisse hinweg, die sich meinem Bleiben hier in den Weg gestellt hätten, wenn ich eS ohne diese Aufforderungen emzuleiten versucht hätte. Elsa, die ein paar Tage in Geschäften verreist war, erfuhr eS erst, nachdem mein Entschluß eine vollendete Thatsache war und ich meine Stelle in K. angeblich wegen Gesundheitsrücksichten niedergelegt hatte. Ich wußte lange Zeit nicht, wie sie darüber dachte; denn außer ein paar freundlichen Redensarten, die wir in Gegenwart ihre» Maune» und de» Pfarrer« wechsel ten, sprach ich sie nicht allem. Der Graf, wie der Pfarrer waren Beide zufrieden, einen ärztlichen Be- und erfuhr vielfach Mißdeutungen. Man schüttelte den Kopf über die Motive des Entwürfe», schreibt der „Hamburgische Lorrespondent", in denen e» „nicht nur al» eine Pflicht der Humanität und de» EhristenthumS, von welchem die staatlichen Einrich tungen durchdrungen sei» sollen, sondern auch al» eine Aufgabe der staatserhaltenden Politik bezeichnet wurde, daß der Staat sich in höherm Maße als bis her seiner hilfsbedürftigen Mitglieder annehme." Damals wurde die Einführung eines „socialisti- schen" Elements in die Gesetzgebung allgemein für so bedenklich gehalten, daß die betreffende Vorlage in der Begründung es für nöthig hielt, die darauf beruhenden Besorgnisse zu beschwichtigen. Der weitere Verlauf zeigte, daß der Reichstag und die öffentliche Meinung dem Resormversuche gegenüber sich kühl oder abhold verhielten. Der erstere scheute sich, eine Be freiung der Arbeiter von jeder Belastung zum Zwecke der Unfallversicherung auszusprechen, und die öffent liche Meinung zeigte bei den ReichStagSwahlen im Herbste 1881, daß sie „ dem Frieden" nicht recht traute und im Ganzen von den socialistischen Projecten mehr erschreckt, als angenehm berührt war; infolge dessen erhielt die Fortschrittspartei Oberwasser, während die Zahl der Anhänger der Reform zurückging. Bon entscheidender Bedeutung erwies sich die kaiserl. Botschast vom 17. November 1881 welche gegenüber dem Wahlresultate in feierlichsten Worten die Noth wendigkeit der socialen Reform betonte und dem Reichs tage die Pflicht ans Herz legte, an der positiven Förderung des WohliS der arbeitenden Classen mitzu wirken. Man kann bereits heute in dieser Botschast, deren Bedeutung damals von der Fortschrittspartei so wenig begriffen wurde, daß sie dieselbe als einen Eingriff in das parlamentarische Selbstbestimmungs recht empfand und sogar die Etatsrede des Hrn. Richter als eine „Antwort" auf die Botschaft drucken ließ, einen historischen Act erblicken, welcher den Grundstein zur Socialreform legte, und ohne den wir sicherlich in ganz andere Bahnen getrieben worden wären. So kam e», daß der Reichstag, dessen Zusammensetzung wesentlich durch die Abneigung gegen die Socialreform beeinflußt war, die ersten beiden Etappen auf dieser Straße erreichte: aus seinen Berathungen gingen da» Krankencassengesetz vom 15. Juni 1883 und das Un fallversicherungsgesetz vom 6. Juli 1884 hervor. In wenigen Tagen — am 1. Oetober — wird nun auch das letztere in seinem vollen Umfange in Verbindung mit dem Gesetze über die Ausdehnung des Kranken- und Unfallversicherungsgesetzes vom 28. Mai 1885 für den dort vorgesehenen wichtiger» Theil der Transportgewerbe in Kraft treten. Nach fast 5jähriger Arbeit ist endlich eine Einrichtung fertig, welche einen großen und wichtigen Bestandtheil deS socialen Re formwerke» bildet, an die sich zugleich die Hoffnung knüpft, daß sie auf unsere socialen Verhältnisse einen segensreichen Einfluß üben und weitere Einrichtungen in demselben Sinne nach sich ziehen werde. Nach 2 Richtungen hin verdient die Bedeutung der Unfallversicherung hervorgehoben zu werden. Sie führt ein neuer Recht für die Industrie- und Bau gewerksarbeiter, sowie für die Arbeiter in den Post-, Telegraphie- und Eisenbahnverwaltungen und in den sämmtlichen Betrieben der Marine- und Heeres verwaltungen ein, das Recht eines feststehenden sichern Anspruch« auf Schadenersatz für die ArveitSunsähig- keit, in welche sie durch Betriebsunfälle gerathen. Ge setzliche Ansprüche standen dem Arbeiter auch schon durch die Haftpflicht zu, sie waren aber unsicher und mußten erst durch Processe erstritten werden. Welche Übeln Folgen diese Einrichtung hatte, braucht hier nicht auSgesührt zu werden: sie war jedenfalls unzu länglich und hatte oft Störungen de» socialen Friedens zur Folge. In Zukunft fallen die Processe weg; weit rather und, was ihnen beinahe ebenso viel werth war, einen Theilnehmer ihrer Whistpartie beständig bei der Hand zu haben, und untersuchten nicht die Gründe, die mich zu dem Entschlusse bewogen haben mochten. „Ich selbst hielt eS für keine definitive Entscheidung, nur für ein Mittel, Zeit zu gewinnen. Ich meinte eS sei unmöglich, daß eine Frau sich lebenslang der Idee einer Pflichterfüllung opfern kann. „Für einen definitiven Entschluß hatte e» auch Elsa nicht gehalten, wenn auch in anderm Sinne, al» ich e» meinte. Und doch ist eS dabei geblieben, wie Du siehst. — — Ob ich eS nie bereut habe? Eine schwer zu beantwortende Frage — und die ich doch wohl mit gutem Gewissen verneinen kann; denn ich würde e» genau ebenso machen, hätte ich die letzten zehn Jahre noch ein Mal zu leben. DaS schließt aber nicht aus, daß ich Zeiten schwerer Kämpfe zu bestehen gehabt habe, bis ich mich mit Dem begnügen gelernt, was sie mir nach ihrer Ueberzeugung allein gewähren durfte." „Und der Graf?" „Du wirst ihn ja sehen; er ist hilflos und kindisch geworden, aber er kann in diesem Zustande uns Alle überleben; e» ist keine Hoffnung, daß sein Tod sie frei macht — Du siehst, ich hänge als unverbesser licher Träumer noch immer an dieser einen fixen Idee. Ich glaube, die Frauen empfinden darin ander» und sie würde jetzt nicht mehr eine Aenherung de» Zu stande» wünschen. Wa» sie im Uebrigen in diesen Jahren geleistet hat, ist bewundernswürdig. Die Herr schaft über den willenlosen Mann hat sie benutzt, durch große persönliche Einschränkungen und zweckmäßige Verpachtung allmählich Ordnung in die verwirrten über 3 Millionen Arbeiter erhalten vom 1 October ab da» Recht des Schadenersatzes nach Maßgabe fest stehender Normen. Auf der andern Seite ist e» die berus-genossen schaftliche Organisation selbst, welche als eine Errungen- 'schäft zu betrachten ist. Dadurch, daß die Industrie- Unternehmer nrinmehr in bestimmte Verbände mit organischer Einrichtung gegliedert sind, ist an die Stelle deS ConglomeratS von zusammenhangslosen einzelnen Unternehmern die feste Grundlage von Unternehmergenossenschasten mit öffentlich rechtlichem Charakter getreten, welche dazu berufen sind, ihre, wie ihrer Arbeiter Interessen zu vertreten, und welche vielleicht noch weitergehenden Zwecken dienen können. E» sind bis jetzt 57 solcher Berufsgenossenschaften ge bildet; ihre Organisation ist vollendet, ihre Vorsteher sind gewählt, die Statuten festgestellt, die Beamten ernannt. Wa» es sagen will, diesen gewaltigen Apparat in der verhältnißmäßig kurzen Frist eines Jahres so fertig zu stellen, daß die Maschine vom 1. October ab im Stande ist, zu fuoctioniren, davon haben wohl nur Diejenigen einen Begriff, deren un ermüdlicher Thätlgkeit das Werk gelungen ist. Mit dem Jnslebentreten der Unfallversicherung tritt eine Organisation in Deutschland ins Werk, welche bisher ohne Vorbild ist. Da- deutsche Reich ist den übrigen Staaten auf diesem Gebiete bahn brechend vorangegangen, und mit spannender Erwar tung blicken diese auf diesen ersten Versuch, bereit, denselben sofort nachzuahmen. Daß sich die Orga nisation bewähren wird, kann nach den« glücklichen Gelingen ihrer Durchführung kaum zweifelhaft sein. Aber es ist auch zu wünschen, daß sie die Wirkung haben möge, welche damit in erster Linie beabsichtigt ist, nämlich daß das Vertrauen der arbeitenden Classen zu dem Staate wiederkehren und so der sociale Friede sich befestigen werde. Freilich wird eS hierzu auch noch anderer Maßregeln bedürfen. Aber das Jns lebentreten der Unfallversicherung wird den Weg dazu bahnen, wie sich mit Bestimmtheit erwarten läßt. Lallesgeschichtt. * Berlin, 28. September. Das Befinden Sr. Majestät des Kaisers ist, wie aus Baden-Baden gemeldet wird, andauernd ganz vorzüglich und eS unter nimmt der Kaiser täglich Ausfahrten in die Umgegend. — Se. königl. Hoheit der Prinz Wilhelm stattete gestern in Wien dem Minister de» Auswärtigen Grafen Kalnoky einen Besuch ab und verweilte längere Zeit bei demselben. — Der Reichskanzler und Gemahlin haben sich gestern nach Friedrichöruh begeben. — Im „Quellenhof" in Ragaz ist der Ge neralfeldmarschall Graf Moltke zum Curgebrauch an gekommen.— DerAuSschuß des Bundesrathes für Handel und Verkehr hält morgen (DienStag) eine Sitzung ab, in welcher die Besetzung der Berufs- consulate zu Kanton, Tientsin, Sansibar, Galacz, Amoy. Seul (Korea), Beirut, Smyrna, Jerusalem, St. LouiS, HelsingsorS, Montevideo, Buenos Aires, Kiew, Jassy und Apia, sowie der Wahlconsulate zu Milazzo auf Sicilien, Bezirk Messina und zu Desterro in Brasilien zur Berathung gelangt. Defterro (Liänäs äs Hossa senllora äs vestsria) liegt in der Provinz Santa Katharina, zwischen Blumenau und Porto Alegre. In dem dortigen Bezirkt haben sich viele Deutsche nieder gelassen. — Die Aufmerksamkeit, mit welcher die„N.Allg. Ztg." die Reformen im Consulatsdienste der außer- deutschen Länder verfolgt, ist das beste Zeichen dafür, daß es der deutschen Regierung Ernst ist mit den Um gestaltungen, die in Bezug aus unser Lrnsulatswejen schon seit langer Zeit in Aussicht gestellt worden sind. In einem Punkte haben sich dieselben jetzt bereit- bemerk bar gemacht. Mit dem Systeme der Wahlconsulate Verhältnisse zu bringen und ihren Kindern nicht nur einen fleckenlosen Namen, sondern auch ein bedeutende» Vermögen zu sichern. In dem Grafen sehen die Leute nur noch einen bemitleidenSwerthen Kranken; was er früher gewesen, hat sich in der Erinnerung schon ver wischt, und insoweit hat sie den Zweck ihres Leben- erreicht, ihren Kindern ein geachtete- Familienleben zu erhalten." Ich konnte mich eine- gewissen Mißgefühl- gegen die Frau nicht erwehren, welche die Ursache gewesen war, daß sein Leben diese Wendung genommen hatte. Er war nach der herkömmlichen Ansicht für einen großen bedeutenden Wirkungskreis angelegt gewesen, mußte ich sein Leben nicht verfehlt nennen, weil er freiwillig einen kleinen gewählt, auS Liede zu einer Frau, die ihm gleichwohl kein Opfer bringen konnte und durste? Der Dank, den ich ihr für ihre Theilnahme wäh rend meine» Krankenlager» schuldete, veranlaßte mich ohnehin, sobald al» eS mein Zustand erlaubte, nach dem Schlosse zu fahren. In dem großen Hofe unter der mächtigen Linde spielten ein paar blühende Kinder, denen ein altauS- sehender Herr im Rollstuhl zusah. Die Schloßherrin selbst stand in einer der Arcade», welche innerhalb der ehemaligen VertheidigungSmauern lagen, deren schmale Schießscharten aber zu breiten Fenstern au-gebrochen waren und einen weiten Ausblick über die Berge gewährten. Sie war noch immer sehr schön, wenn auch die ernsten Züge von schweren Erfahrungen zeugten. Nachdem ich ihr gedankt und sie ihre Freude über meine Wiederherst-llung ausgesprochen hatte, die ich
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