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86 wird immer ernstlicher. Großbritannien hat sich entschlossen, die Pforte gegenüber von Rußland in den Unterhandlungen über die Moldau und Walachei zu unterstühen. Der englische Cyn- sul zu Bukarest hat der Regierung seine Glückwünsche dar» gebracht, daß die Pforte die von den Romanen verlangten Re formen anerkannt habe. Solch «in Politisches Meteor war ganz - geeignet, Nikolaus zum Kriege zu treiben oder seine Drohungen Lügen zu strafen. Der Zaar wählte da- Erstere. Die türki schen Truppen sammeln sich. Man darf die Macht auf 300,000 M. Türken und Aegypter schätzen, welche unter Zbrahim-Pascha Rußland die Spitze bieten können. Als letzte Friedensmaßregel war ein Adjutant Soliman-Pascha s an General Duhamel mit der Aufforderung abgegangen, die Moldau zu räumen, da die Ordnung wieder hergestellt und es nöthig sei, die durch die Um stände gebotenen Veränderungen in der Moldau auf demselben Fuße, wie in der Walachei vorzunehmen. Auf die Antwort des russischen Generals, Haß er nur auf Befehle des Gesandten in Konstantinopel hören dürfe, ist Soliman-Pascha sogleich da hin abgereist. , ' , ' Rußland und Polen. Man spricht an der polnischen Grenze viel von einem geheimen Schreiben des Kaisers an den Dictator Cavaignac, worin derselbe um ein festes Zu- sammephalten mit Rußland angegangen wird, weil man der zerfahrnen Polititik Deutschlands gegenüber eine ernste Stel lung einnehmen müsse. Auch ist stark die Rede von einer freundschaftlichen Verbindung mit den ftandinavischen Mächten. Wie es scheint, will man die Polen zu künftigen Machinatio nen gegen Deutschland gebrauchen, denn die jetzige Krokodillen freundlichkeit gegm Polen ist etwas wunderlich. Türkei. In Salonichi hat die Cholera furchtbar gewüthet. Die Zahl der täglich Sterbenden beläuft sich auf IVO bis 120.— Zn Smyrna scheint die Cholera endlich ihren Höhepunkt erreicht zu haben. Ende August war die Zahl der Krankheitsfälle auf IVO—130 täglich gestiegen, am 30. August begann ein heftiger Nordwind zu wehen, welcher die Luft reinigte, und mit einem Male eine günstige Wendung der Krankheit hervorbrachte. Seit diesem Tage bis 2. Septr. sind nur noch 23—30 Fälle täglich vor gekommen, so daß es scheint, als ob auf ein gänzliches Verschwin den bald zu rechnen sei. Nach Berichten "aus Syrien ist die Cho lera gegenwärtig dort sehr stark, namentlich ist es Damaskus, wel ches von ihr heimgesucht wird; in Beirut, Aleppo, Homs rc. ist sie bis jetzt weniger bedeutend. Nordamerika. Eine furchtbare Feuersbrunst hat in Neu Avrk das Handelsviertel fast ganz zerstört; eine Strecke von 200 Acker, ^welche die volkreichsten Straßen, die reichsten Magazine umfaßt, bietet nur noch einen Schutthaufen. Das Feuer durch schritt die Kanäle, verzehrte mehre Dampf- und Segelschiffe, und mehre Straßen hat man durch Minen sprengen müssen. Die An zahl der Opfer kennt man noch nicht, aber mehr als der 3. Theil der abgebrannten Einwohner bleibt der tiefsten Noth preisgegebcn. Der Schaden ist auf mehr, denn 13 Mill. Franken abgeschäht. - Neueste Nachrichten Die Chrmnitzcr Ereignisse am 11. und 12. September. Am 10. Sept. (Sonntags) hielten der Chemnitzer Deutsche Verein,, der Handwerkerverein und der Bürgerverein eine öffentliche Volks versammlung auf dem Anger, welche von mehreren 1000 Menschen besucht war. Dicß war sehr natürlich. Denn der Gegenstand, der einzige, über welchen berathen werden sollte, betraf den Fortbau der ChemMtz-Nisaer Eisenbahn und die Erlassung und Unterzeich nung einer deshalb an die Negierung gerichteten Petition. Dabei kann allerdings nicht unbemerkt bleiben, daß eine große Erbitterung allgemein darüber herrschte, daß dieses Unternehmen, auf dessen Volsendung wohl das ganze Erzgebirge sein Auge gerichtet hat, ohne Unterstützung gelassen werde. Die Berathuntz über ditst« Gegen ständ ist indessen mit Ruhe und Ordnung vür sich gegangen, und durch ein Signal wurde das Zeichey gegeben,, daß die Versamm lung beendigt sei. Jetzt aber, als die Tribüne weggeräumt wer den sollte, drängte sich derjenige Vaterlandsverein und Turner verein, welcher entschieden republikanische Tendenzen hat, unter Lei tung des Advocat Böttcher und O. Kieselhausen's hinzu, besetzte die Bühne und es wurden die aufregendsten Reden gehalten. Man sprach davon, die jetzigen Minister müßten abtreten, die Kammern aufgelöst werden und dergleichen, und ließ hierauf be zügliche Beschlüsse fassen. Welcher Ausdrücke^und ob namentlich verbrecherischer Reden dabei sich bedient worden, darüber wird die Untersuchung das Weitere lehren. So viel aber ist gewiß, daß eine sehr große Aufreizung der Gemüther entstanden, die Ruhe der Stadt aber an diesem Tage nicht gestört worden ist. — Am Mon tage,-den 11. Septbr., war durch Maueranschläge eine Versamm lung der Arbeiter im Gasthofe zur Aue ausgeschrieben und als Gegenstand der Berathung Bericht der wegen der noch in Arrest befindlichen Personen an den Stadtrath abgesandten Deputation angezeigt. — Nachmittags kurz vor 3 Uhr erschien auf dem Rathhause eine Deputation von Arbeitern, Kieselhausen an der Spitze, und eröffnete dem Stadtrath Zeisig: bei Gelegenheit der letzten Arbeiterversammlung sei zur Sprache gekommen, daß wegen der im vorigen Jahre stattgehabten Bäcker-Unruhen noch jetzt einige Personen in gefänglicher Hast sich befänden, sie daher an'den Stadtrath abgesendet seien, um darüber Aufklä rung zu erhalten, da es doch unverantwortlich erscheine, einen so langen Arrest zu verhängen. Allerdings ist es gegründet, daß seit dem 31. Juli 1847, also seit ziemlich 14 Monaten 2 Individuen, Krauße und Mar tin, beim hiesigen Stadtgerichte in Untersuchungshaft sich befin- deü. Daß eine so lange Untersuchungshaft, in heutiger Zeit noch stattfindet, darüber sind Behörden und Einwohner, und gewiß mit Recht, in hohem Grade indignirt. Es ist aber hier bei dem Stadtgerichte, welches jene Untersuchung geführt hat, durchaus kein« Schuld beizumessen. Die Untersuchung, die nach der Natur der Sache eben so schwierig, als weitläufig war, ist im Herbste 1847 beendigt worden und zum Verspruch gelangt. Ntkch mehreren Monaten erging das erste Urthel, welches rück sichtlich Krauße's und Martin's auf bedeutende Zuchthausstrafe lautete. Inzwischen war die Amnestieverordnung ergangen, und in deren Folge wurde vor anderweiter Versendung der Acten Bericht an das Justizministerium erstattet. Das letztere befahl an, es solle noch das Urthel des Oberappellationsgerichts gespro chen werden. Dieses Urthel ist vor Kurzem eingegangen und hat das erste Urthel bestätigt. - Hierauf baten die Jnhaftaten um die Gnade des Königs, in dessen Folge die Acten zum Justizmi nisterium eingesendet, zur Zeit aber noch nicht zurückgelangt sind. — Der obgedachtcn Deputation eröffnete der Stadtrath Zeisig ganz richtig, daß jene Sache nicht Raths- oder Polizeisache, sondern Justizsachc und mithin beim Stadtgericht anhängig sei. "Die Deputation begab sich hierauf ins Stadtgericht) wo ihnen vom Eerichtsrath Grötzsch der Stand der Sache mitgetheilt wurde. Die Deputation sprach den Wunsch aus, mit den obgedachten Jn haftaten persönliche Rücksprache zu nehmen. Dicß wurde vom Stadtgericht gewährt, jedoch nur Einem, indem cs unthunlich sei, eine größere Zahl zu den Jnhaftaten zu lassen. Inzwi schen hatten sich (um 4 Uhr herum) mehrere 100 Menschen unter den sogenannten Lauben versammelt. Der Eerichtsrath begab sich mit Einem in das Gefängniß. Allein die ganze versam melte Menschenmaffe zog nach. — Nach längerer Zeit zogen sie zurück. Während dem hatte sich die Menschenmaffe bedeutend vermehrt. Mehrfache Ansprachen blieben ohne Erfolg und der Tumult wurde immer größer. Die Communalgarde, welche auf geschlagenen Allarm nur in geringer Zahl erschienen, roar nicht im Stande, den Tumult zu stillen, und mußte sich in die Wache