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Abkürzung der Fristen für die Be- und Entladung der Wagen auf den Freiladegeleisen, sondern auch von der bisher in jedem Jahre am 15. Sep tember eingeführten allgemeinen Herabsetzung der Ladefristen für Lagerplatzpächter und Anschlufs- inhaber auf 6 Stunden versuchsweise Abstand genommen werden soll, und somit die Lade fristen auf den Staatseisenbabnen allgemein 12 Tagesstunden betragen. Aber abgesehen davon, dafs es noch von weiteren Erfahrungen abhängen wird, ob diese Erleichterungen einen bleibenden Charakter haben werden, kann eine dauernd wirksame, die Interessen der Eisenbahn verwaltung wie des Publikums in gleichem Mafse berücksichtigende Mafsregel nur in einer Erleich terung in betreff der Entladung der Güterwagen gefunden werden. Auffallenderweise sind in den beiden letzten Jahrzehnten in betreff der leichteren, d. h. rascheren und billigeren Entladung der Kohlenwagen durch Einrichtung derselben zur Selbstentladung mit Ausnahme derjenigen Wagen, welche für den Schiffsverkehr dienen, und entweder Seiten- und Bodenklappen haben, wie bei der früheren Saar brücker und Nassauischen Eisenbahn, oder mit beweglichen Stirnwänden versehen sind und mit tels der in Ruhrort, Duisburg und Breslau vor handenen Kippvorrichtungen entladen werden, keine weiteren Fortschritte zu verzeichnen, obgleich die von Jahr zu Jahr steigende Zahl der auf den Eisenbahnen zur Beförderung kommenden Massen güter dringend darauf hinweist, auch in dieser Beziehung den Anforderungen der Zeit nach zukommen. Wenn erwogen wird, dafs auf den deutschen Bahnen im Etatsjahr 1890/91 befördert wurden: 58 285 335 t Steinkohlen, 11 766 648 t Braunkohlen, 5 740870 t Erze, 4 424 542 t Erden, zusammen 80 217 395 t, und dafs diese 8 Millionen Wagenladungen mit Ausnahme der nach dem Auslande gehenden und des gröfsten Theiles der zur Verschiffung kom menden Mengen noch in der ursprünglichen, Zeit und Arbeit raubenden und deshalb kost spieligen Weise mit der Schaufel entladen werden; wenn ferner erwogen wird, dafs der besonders hierbei in Betracht kommende Kohlenverkehr eine fortdauernde bedeutende Zunahme zeigt und allein die Mehrförderung des Steinkohlenbergbaus in den 11 Jahren von 1880 bis 1890 im Deutschen Reiche 23 065 480 t oder 49 % erreichte, im Ruhrrevier 13 152 772 t oder 58 % und in Ober schlesien sogar 6 854 366 t oder 68,4 % , so er scheint es hohe Zeit, hier endlich die bessernde Hand anzulegen. Sowohl für die Eisenbahnen wie auch für Bergbau-Industrie, Landwirthschaft und Handel ist diese Angelegenheit von besonderer Wichtigkeit, weil mit der Erhöhung der Trag fähigkeit der Güterwagen von 10 auf 12,5, 15 und 30 t die Entladung noch weit mehr als bisher erschwert und verlangsamt wird, weil die aus gedehnte Neubeschaffung von 15-t-Wagen eine günstige Gelegenheit bietet, die Wagen zur Selbst entladung einzurichten, und weil der nicht allein in den Industriebezirken, sondern auch in land- wirthschaftlichen Gegenden herrschende Arbeiter mangel, in Verbindung mit dem überall auftretenden Bestreben nach Erhöhung des Lohnes und Ver kürzung der Arbeitszeit es zur gebieterischen Nothwendigkeil macht, auf eine Verminderung der Handarbeit Bedacht zu nehmen und dadurch wenigstens einen theilweisen Ersatz für die Lohn erhöhung und Abkürzung der Arbeitszeit zu gewinnen. Der Unterzeichnete hat bereits in der von ihm im Jahre 1876 veröffentlichten Schrift „Ueber den Kohlenverkehr auf den preufsischen Eisenbahnen' 1 nicht nur im allgemeinen auf die grofsen Vorlheile hingewiesen, welche durch eine raschere und billigere Entladung der offenen Güterwagen zu erzielen sind, und an der Hand der im Auslande, besonders auf den englischen Bahnen gewonnenen Erfahrungen angedeutet, welche Wege zu diesem Zweck auf den östlichen Bahnen eingeschlagen werden müssen, sondern auch dadurch die Bahn gebrochen, dafs auf seine Veranlassung 600 eiserne, zur Selbstentladung mit doppelten Seiten- und Bodenklappen versehene Kohlenwagen bestellt, und aufserdem der Kohlen bahnhof Wedding an der Berliner Ringbahn nach dem Muster der englischen Bahnhöfe mit Sturz gerüsten zum Entladen der vorgenannten Wagen angelegt wurde. Obgleich die damit gewonnenen Erfahrungen nur von neuem das günstige Urtheil bestätigt haben, welches sich die auf den eng lischen und nordamerikanischen Eisenbahnen allgemein übliche Einrichtung der Wagen zur Selbstentladung und der Sturzgerüste auf den Bahnhöfen erworben und welches auch auf der früheren Saarbrücker und Nassauischen Eisen bahn zu einem gleichen Ergebnifs geführt hat; obgleich sogar im Bezirks-Eisenbahnrath zu Frank furt a. M. von Vertretern der Industrie erklärt wurde, die Kosten der auf den Entladestellen zur Selbstentladung erforderlichen Vorrichtungen gern zu tragen, wenn dafür ein Antheil an der Er- sparnifs der Expeditionsgebühr gewährt würde, hat die auf den englischen und amerikanischen Bahnen bewährte Einrichtung der Kohlenwagen und Kohlenbahnhöfe keine weitere Verbreitung gefunden. Es ist dies um so mehr zu bedauern, als die Einrichtung der Kohlenwagen zur Selbst entladung durch Anbringung doppelter Seiten- und Bodenthüren keine wesentlichen Mehrkosten erfordert, und nur die Anlage der Sturzgerüste auf den Bahnhöfen einen erheblichen Mehraufwand bedingt, der jedoch durch die raschere und bil ligere Entladung und durch die bessere Aus-