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250 Nr. 6. »STAHL UND EISEN.* März 1893. genossenschaften haben für 1891 620 Millionen Mark Löhne angeschrieben. Nehmen wir an, dafs diese sich für 1892 überhaupt nicht erhöht haben, so würde doch ein jährlicher Lohn von 1038 e/6 auf den Arbeiter entfallen. Für die Krankenkassen können Beiträge bis 3 % des Ver dienstes erhoben werden. Setzen wir nun voraus, es werden 2 % erhoben, so würden 20,60 ~A jährlich an Krankenversicherungs-Beiträgen zu zahlen sein. Davon entfällt ein Drittel, also 6,90 Ji, auf den Arbeitgeber. Bei der In validitäts- und Altersversicherung dürften die Eisenarbeiter wohl sicher in die vierte Lohnklasse gehören. Es würden also für sie 30 Pfg. oder 15,60 Ji jährlich zu entrichten sein, davon entfallen auf den Arbeitgeber 7,80 Ji. Die Belastung, welche dem Arbeitgeber also für den Kopf eines Arbeiters aus den Versicherungen in der Eisenindustrie erwächst, beläuft sich demnach auf etwa 25,40 Ji. Ein Arbeitgeber, welcher demnach 50 Arbeiter beschäftigt, hat mithin allein aus der Arbeiter versicherung eine jährliche Ausgabe von 1270 Ji im Durchschnitt zu leisten. Und dabei ist noch die sichere Aussicht vorhanden, dafs die Beiträge für Unfallversicherung ebenso wie die für In- validitäts- und Altersversicherung in Zukunft steigen werden. Es heifst also, der deutschen Industrie, deren Concurrenten auf dem Weltmarkt wesentlich günstiger gestellt sind, geradezu den Untergang androhen, wenn man sie gegenwärtig finanziell noch weiter belasten will. Und dazu kommt, dafs sie durch die letzte Gewerbeordnungsnovelle auch in ihrem Betriebe nach den verschiedensten Richtungen gehemmt ist. Auch hier wollen, wie wir gesehen, die Anhänger einiger Parteien, welche letzthin so kühn gegen die Socialdemokratie aufgetreten sind, die Arbeitgeberfreiheit noch weitereinengen. Angesichts dieser Thatsachen kann man nur sein Bedauern darüber aussprechen, dafs die Reichstagsparteien zwar in der Theorie gegen die Socialdemokratie einig sind, dafs sie es in der Praxis aber unter lassen, die nothwendigen Schutzmafsregeln herbei zuführen, oder dafs sie geradezu die Unzufrieden heit der Arbeiter durch die Unterstützung social demokratischer Versprechungen vermehren. Die Socialdemokratie wird erst mit Erfolg bekämpft werden können, wenn jene Parteien aus ihren theo retischen Auslassungen auch die praktischen Conse quenzen zu ziehen bereit sind. R. Krause. Unser Wettbewerb auf dein Weltmärkte. Nach der auf Grund der neuesten Ermittlungen des Reichsversicherungsamtes zusammengestellten Gesammtübersicht pro 1892 betrugen die Ein nahmen der Kranken-, Unfall-, Invaliditäts- und Altersversicherung für Krankheit 132 000 000 , Unfall 68000000 , , Invalidität . . . . ■ 108200000 „ zusammen 308 200 000 und die Ausgaben für Krankheit 124000 000 . . Unfall ...... 54 000000 , , Invalidität 108200000 , zusammen 286200000 x Die Verwaltungskosten beliefen sich zusammen auf 18 080 000 • und der Vermögensstand im ganzen auf 373850000 . Da es eine bekannte Thatsache ist, dafs un geachtet des schon lange dauernden Rückgangs in der Industrie eine Ermäfsigung der Löhne ent weder gar nicht, oder nur in wenigen Fällen und in geringem Umfange stattgefunden hat, so ergiebt sich, dafs auch die Beiträge der Arbeiter zum weitaus gröfsten Theile von den Arbeitgebern aufgebracht werden, und wir gewinnen damit ein deutliches Bild von den ungeheuren Opfern, welche unsere socialpolitische Gesetzgebung fordert. Diese Opfer sind um so empfindlicher im Wettbewerb mit dem Auslande, welches derartige Ausgaben nicht kennt, weil unsere Selbstkosten um die Beträge für die socialpolitischen Gesetze höher sind, als die der ausländischen Concurrenz, und unsere Industrie sich daher in stetem Nachtheile dem Auslande gegenüber befindet. Zu dieser erst durch die neuere Gesetzgebung herbeigeführten Erschwerung des Wettbewerbes mit dem Auslände gesellt sich noch die natürliche Ungunst der Verhältnisse, unter denen unsere Industrie, besonders die Montan-Industrie, arbeitet. Wenn wir auch in betreff des Reichthums unserer Lagerstätten an Kohlen und Erzen in Europa nur England nachstehen, so ist doch dieser Nachtheil gegenüber unserem gefährlichsten Mit bewerber um so empfindlicher, als unsere Lager stätten weit vom Meere, tief ins Land hinein und vielfach zugleich in grofser Entfernung von den Industriecentren gelegen sind, ganz im Gegen satz zu England, wo Kohle, Erze und Kalksteine nahe bei einander liegen und infolgedessen z. B bei der Herstellung des Roheisens die Bahnfrachten nur 9 bis 10% der Gestehungskosten, in Preufsen dagegen 28 bis 30% derselben bilden. Da keine Aussicht vorhanden ist, dafs eine Ermäfsigung der Ausgaben für die socialpolitischen Gesetze ein treten oder eine wesentliche Ermäfsigung der