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Berichte über Versammlungen verwandter Vereine. Verein der Montan-, Eisen- u. Maschinen- Industriellen in Oesterreich. Aus dem in der Generalversammlung vom 19. December 1892 erstatteten Geschäftsbericht ent nehmen wir, dafs die Frage der Regelung des Check wesens, die Erhöhung des Eisenbahn-Frachtentarifes, die Revision der Gewerbeordnung, die Einführung von Einrichtungen zur Förderung des Einvernehmens zwischen den Gewerbsunternehmern und den Arbeitern, die Reform der directen Personalsteuern, die Durch führungs-Verordnungen zum Bruderladengesetz den Gegenstand von Eingaben an die Regierung und au das Parlament bildeten. Was die geschäftliche Lage des ablaufenden Jahres betrifft, so wird constatirt, dafs sich die Situation weniger günstig gestaltet hat, als es zur Zeit der Erstattung des letzten Berichtes angenommen werden konnte. Insbesondere gilt dies vom Steinkohlen- und Koksgeschäft. Ersteres litt unter dem verminderten Verbrauch der meisten Industriezweige und des überaus eingeschränkten Be triebes der Verkehrsanstalten; letzterem war insbe sondere die Einschränkung des Kokshochofenbetriebs von Nachtheil. Geringe Verbranchsmengen bei er- mäfsigten Preisen rechtfertigen die Klage, dafs der Geschäftsgang von wünschenswerthem Erfolg nicht begleitet war. Der Roheisenabsatz war wesentlich geringer als im Jahre 1891; der Verbrauch an fertigem Eisen und Stahl erhielt sich im ganzen auf der Höhe des Vorjahres, die Ernte- und Getreide-Exportverhält nisse des vergangenen wie des laufenden Jahres waren keineswegs geeignet, die Verbrauchsfähigkeit der land- wirthschaftlichen Industrieen besser zu gestalten. Der Eisenbahnbau stockte nahezu vollständig, und noch nie war der Schienenbedarf so gering als im ablaufenden Jahre. Etwas besser ging es mit dem Bedarf an Fahrbetriebsmitteln für die Eisenbahnen und für die Construction von Eisenbahnbrücken, welchem Bedarfe sich derjenige für Brücken an Fahr- strafsen zugesellte. Der Schiffbau verbrauchte geringe Eisenmengen und von dem Bedarf der Kriegsmarine und des Oesterreichischen Lloyd konnte nur ein Theil unter Darbringung grofser Preisopfer für die heimische Industrie erkämpft werden. Auch der Verbrauch von Eisen für Hochbauzwecke liefs Vieles zu wünschen übrig, da die Bauthätigkeit hinter den Erwartungen zurückblieb. Der Bedarf an Material für die Waffen- fabrication war wesentlich geringer als in den Vor jahren. Infolge der Ermäfsigung der Zollsätze auf Eisen trat, wie befürchtet worden, sofort eine Er mäfsigung der Eisenpreise ein, welche noch weitere Dimensionen deshalb annehmen mufste, weil die aus ländische, insbesondere die deutsche, Concurrenz die gröfsten Anstrengungen machte, um den Markt für Eisenfabricate in Oesterreich-Ungarn zu gewinnen. Die österreichischen Maschinenfabriken waren nur mäfsig beschäftigt und blieben die Bemühungen der selben, eine Ausfuhr für ihre Erzeugnisse zu gewinnen, zu welchem Zwecke sie von den Eisenindustriellen auf das willfährigste unterstützt wurden, nur von geringem Erfolg. Insbesondere sind es die Locomotiv- fabriken, welche unter dem Mangel an Arbeit schwer zu leiden haben, und ist dies um so auffallender, als derLocomotivpark nahezu allerösterreichischen Bahnen durchaus nicht reich ausgestattet ist. Etwas besser ging es den Waggonfabriken, womit durchaus nicht gesagt werden soll, dafs die ihnen zugewiesene Beschäftigung eine ihrer Leistungsfähigkeit entsprechende sei. Die Generalversammlung sprach den aus dem Aus schüsse scheidenden Mitgliedern L. Merletund G. Neu feldt, welche dem Verein seit dessen Bestand an gehören, für deren erspriefsliches Wirken den Dank aus und berief neu in den Ausschufs die HH.: E. Palmer, Generaldirector-Stellvertreter der Alpine - Montan gesellschaft, M. Orel, commerzieller Director desselben Unternehmens, und Alphons von Huze, Procurist der Ternitzer Stahl- und Eisenwerke von Schoeller & Gomp. In den Ausschufs wurden gewählt: Zum Präsidenten Heinrich Graf Larisch-Mönnich, zu Vicepräsidenten die HH. C. Aug. R. von Frey und B. Demmer, zum Kassirer Hr. Alphons von Huze. Referate und kleinere Mittheilungen. Gedächtnifsfeier für Werner v. Siemens. Am Montag, den 16. Januar, vereinigte sich auf Veranlassung der bedeutendsten technischen Vereine Berlins im Saale det Philharmonie in Berlin eine glänzende Versammlung zu einer würdigen Gedenk feier für Werner v. Siemens. Der unter der Ober leitung des Bauraths Wallot in künstlerischer Weise ausgestattete Saal stellte einen riesigen Trauertempel dar, an dessen einer Längsfront, der Kaiserloge gegen über, eine Tafel angebracht war, die in goldenen Lettern die Worte trug: „Denn mein Leben war schön, weil es wesent- „lich erfolgreiche Mühe und nützliche Arbeit war, „und wenn ich schliefslich der Trauer darüber „Ausdruck gebe, dafs es seinem Ende entgegengeht, „so bewegt mich dazu der Schmerz, dafs ich von „meinen Lieben scheiden mufs, und dafs es mir nicht „vergönnt ist. an der vollen Entwicklung des natur- ,wissenschaftlichen Zeitalters weiterzuarbeiten.“ Es sind dies die Worte, mit denen Siemens seine kurz vor seinem Tode vollendeten „Lebenserinnerungen“ schlofs. — Auf dem vorderen Theile der Orchesternische war ein hoher, in dunkelblauem Sammet ausgeführter Baldachin errichtet, der eine Kolossalbüste des Ver storbenen, ein Meisterwerk des Bildhauers Ludwig Brunow, beschirmte. Die Vorderfläche des Baldachins zeigte den von einer Sonnenglorie umgebenen Namens zug des Verstorbenen. An den Seiten standen lange, dunkle Banner, die mit zuckenden Blitzen und silbernen Funken durch die Allgemeine Elektricitätsgesellschaft auf das wirkungsvollste geziert waren. In der Mitte vor dem Büstensockel erhob sich das kranzgeschmückte, von sechs hohen bronzenen Standleuchtern um gebene Rednerpult. Der auf diese Weise höchst weihevollausgestattete Raum füllte sich um die Mittagsstunde des genannten Tages bis auf den letzten Platz mit Mitgliedern der