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Januar 1893. Hadfield giebt nun zunächst eine Geschichte des Chroms. Frankreich verdanken wir zum gröfsten Theil unsere Kenntnifs der Eigenschaften und der Anwendbarkeit dieses Metalls. Vauquelin hat es entdeckt; dann kamen Berthier, Frmy, Boussingault, zuletzt Brustlein, welcher sich so hervorragende Verdienste um die Ver wendung des Chroms für das Eisenhüttengewerbe erworben hat. Ein von der Socit d’Encou- ragement pour l’Industrie Nationale ausgesetzter Preis von 2000 Fres, für die betriebsmäfsige Darstellung eines mit einem Fremdkörper legirten und hierdurch mit besonderen nützlichen Eigen schaften begabten Stahls oder Flufseisens wurde an Brustlein für die Darstellung von Chrom stahl verliehen. Der Geburtstag des Chroms fällt in stürmische Zeiten, in das Jahr 1797. Am 11. Brumaire des Jahres 6 der französischen Republik machte der Bürger Vauquelin der sechsten Klasse des Institut National die ersten Mittheilungen über einen neuen metallischen Körper, für welchen er den Namen Chrom vorschlug, da er die Eigenschaft besitze, die Verbindungen, welche er eingehe, zu färben; seine zweite Mittheilung folgte im Januar 1798 und ist in den „Annales de Chimie“ desselben Jahres enthalten. Er ent deckte das Chrom in dem nach ihm benannten Vauquelinit aus Sibirien. Wenige Monate später hatte er das freie Metall abgeschieden und seine wichtigsten Eigen schaften bestimmt. Seine Beobachtungen stimmen auch heute noch mit unserer Kenntnifs im wesent lichen überein. Er "bezeichnet das Metall, von welchem er Proben der Akademie der Wissen schaften vorlegte, als weifs, spröde, unschmelzbar, in Nadeln krystallisirend, widerstandsfähig gegen Säuren. Wegen der Sprödigkeit und Unschmelz barkeit des Metalls hielt er dieses selbst für wenig benutzbar, bezeichnete es aber als wahr scheinlich, dafs seine Verbindungen wegen ihrer schönen Farben eine ausgedehnte Anwendung in Künsten und im Kunstgewerbe finden könnten, sofern es gelänge, gröfsere Mengen Ghromerz zu entdecken. Diese Voraussage hat volle Bestätigung gefunden. Erstaunt aber würde Vauquelin ge wesen "sein, wenn er gesehen hätte, welche An wendung wir jetzt, 100 Jahre nach seiner Ent deckung, von den Einflüssen machen, welche das von ihm entdeckte spröde Metall auf die Eigenschaften des Eisens ausübt; wie es dieses befähigt, in Form von Geschossen sowohl Eisen als Stahlpanzer zu durchbohren, welche noch vor wenigen Jahren als undurchdringlich galten. Das metallische Chrom besitzt ein Atom gewicht von 52,40 (nach Meineke 51,90, nach Rawson 52,01), specifisches Gewicht von 6,80 bis 7.30, specifische Wärme von 0,12. Seine Schmelztemperatur ist bislang noch nicht bestimmt worden. Devi Ile bezeichnet es als weniger Nr. 1. 15 schmelzbar als Platin; Carnelly giebt an, dafs Chrom im Schmiedefeuer zwar nicht schmelze, aber doch erweiche und zusammenschweifse. Neville sagt, es schmelze schwieriger als Platin. Aus den unten mitgetheilten Beobachtungen Ost monds darf man schliefsen, dafs die Schmelz temperatur des Chroms etwas über der des reinen Eisens liege. Die Schwierigkeit, das Chrom ganz rein dar zustellen, erklärt es, dafs die Angaben der ver schiedenen Forscher über sein Verhallen gegen Säuren oft wenig übereinstimmen. Angeblich reines Chrom, welches von Hadfield zum Preise von 80 sh für die Unze (31 g) erstanden wurde, enthielt nur 86,60 Hunderttheile Chrom, daneben 2,18 Hunderttheile Kohlenstoff. Die ersten Versuche, Eisen und Chrom zu legiren, wurden im Jahre 1820 durch Faraday und Stodart angestellt. Es war das eine Zeit, in welcher man den Legirungen der Metalle ganz besondere Aufmerksamkeit widmete; und Faraday, welcher das neu entdeckte Chrom für ein sehr hartes Metall hielt, erwartete jedenfalls, dafs es, wenn es dem Eisen oder Stahl zugesetzt werde, diesem eine besondere, für die Benutzung zu Werkzeugen und anderen Zwecken es besonders gut befähigende Härte erlheilen und den Kohlen stoff im Stahl ersetzen werde. Dafs diese Voraus setzung irrig war, wird sich aus den unten mit getheilten Versuchen ergeben. Chrom an und für sich vermag nicht dem Eisen einen erheblich höheren Gärtegrad zu verleihen. Eine grofse Zahl von Versuchen wurde durch Berthier angestellt und in den „Annales de Chimie“ für das Jahr 1821 veröffentlicht. Er bekennt, dafs der Gedanke, Stahl mit Chrom zu legiren, ihm durch Faradays Abhandlung „Alloying different metals with Steel“ gekommen sei; irrigerweise hat man bisweilen Berthier als den Urheber des Gedankens bezeichnet, Chrom stahl darzustellen. Berthiers Versuche waren jedoch umfassender als diejenigen Faradays, und in einer Abhandlung von beträchtlichem Umfange theilt er manche werthvolle Einzelheiten darüber mit. Er fand, dafs durch die Gegenwart von Eisen die Reduction des Chroms befördert werde, in jedem Falle aber eine sehr hohe Temperatur dafür erforder lich sei. Zur Darstellung benutzte er ein Ghrom erz von der Jie ä Vaches, südlich von Domingo, mit 36 Hunderttheilen Chrom, aus welchem er Chromeisenlegirungen mit 17 Hunderttheilen, einzelne Proben sogar mit angeblich 60 Hundert theilen Chrom darstellte. Diese Legirungen nun dienten ihm zur Anfertigung von Chromstahl mit 1,0 und 1,5 Hunderttheilen Chrom; aber die einzige Eigenschaft des Chromstahls, welche er ausführlich erwähnt, ist sein Damast. Seiner Angabe nach liefs der Damast silberweifse Zeich nungen erkennen, vermuthlich durch Chrom STAHL UND EISEN?