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648 Nr. 12. „STAHL UND EISEN.“ Bellschen Tabellen der nur sehr ungenau be stimmbare Wärmeverlust durch äufsere Abkühlung des Hochofens gleichwerthig mit den anderen viel sicherer bestimmten Grundzahlen behandelt. So kommt es denn, dafs die unvermeidlichen Unsicherheiten der Rechnung zusammen mit der viel gröfseren Unsicherheit dieses einen Postens und mit dem Wärmeverlust durch Rückreduction der durch Reduction des Eisens entstandenen Kohlensäure, als Ueberschufs der Einnahme über Ausgabe erscheinen, wodurch das Ganze sehr an Uebersichtlichkeit und Brauchbarkeit für prak tische Schlüsse verliert. Die nachstehende Form der Wärmetafeln ver meidet diese Uebelstände und scheint dem Ver fasser für die Betrachtung verschiedenartiger Betriebsverhältnisse um deswillen äufserst lehr reich, weil darin alle einzelnen Reactionen getrennt nach ihrem Wärmeverbrauch oder Wärmegewinn aufgeführt sind. Von den 13 darin registrirten Posten sind 12 aus directen Beobachtungen be rechnet und frei von Hypothesen, und nur der Posten 13, der Wärmeverlust durch äufsere Abkühlung ist durch Differenz berechnet, und sind daher in demselben auch alle Ungenauig keiten der Rechnung enthalten. Wärmeverbrauch per kgGiefserei- Roheisen Nr. III in W.E. Cleve land Harz 13 Aeufsere Abkühlung .... + 352 + 102 12 Wärme der Gichtgase .... + 542 + 542 11 Verdampfungswärme d. Feuchtig keit der Beschickung . . . + 107 + 199 10 Wärmeverbrauch für Reduction der Kohlensäure zu Kohlen- oxyd +538 + 1026 9 Kohlung des Eisens .... -119 —119 8 Reduction des Eisens durch Kohlenoxyd ...... —20 —20 7 Reduction des Phosphors und Siliciums +210 + 154 6 Zersetzung der Feuchtigkeit des Windes + 100 + 135 5 Austreibung der Kohlensäure des Kalkes der Beschickung . +260 +654 4 Wärme der flüssigen Schlacke + 811 + 1089 3 Wärme des flüssigen Roheisens + 330 +330 Gesammter Wärme-Verbrauch des Hochofens 3111 4092 2 Hiervon liefert der warme Wind 589 647 1 Bleiben durch Verbrennung von C zu CO zu liefern .... 2522 3445 Entspricht einem Kohlenstoff verbrauch von 1,020 1,393 oder einem Koksverbrauch von 1,125 1,620 Dieser Tabelle liegt folgende Anschauung von der Theorie des Hochofens zu Grunde, wenn wir die im Hochofen vor sich gehenden Reac tionen von unten nach oben verfolgen: Der durch die Formen eintretende Wind ver brennt die daselbst einrückenden Koksstücke aus- schliefslich zu Kohlenoxyd. Durch die hierbei entwickelte Wärme wird das Eisen und die Schlacke geschmolzen, aufserdem wird der im Wind ent haltene Wasserdampf durch die passirten glühenden Koksstücke in Kohlenoxyd und Wasserstoff zer setzt. Der aufsteigende Gasstrom, welcher zu nächst nur aus Stickstoff und Kohlenoxyd (und sehr wenig Wasserstoff) besteht, reducirt dann die in dem Eisenstein enthaltene Phosphorsäure, einen Theil der Kieselsäure, und den letzten weiter oben nicht reducirten Theil des Eisen oxyds. Die hierbei gebildete Kohlensäure nimmt jedoch sofort zunächst den in den Erzstücken weiter oben abgelagerten Kohlenstaub (soweit derselbe nicht in dem flüssigen Eisen gelöst wird) auf und nächstdem, so lange es die Tempe ratur erlaubt, aus den umgebenden Koksstücken so viel Kohlenstoff, dafs das Endresultat der Reaction wiederum ausschliefslich Kohlenoxyd ist. Auf dem Weg weiter aufwärts treibt die Wärme des Gasstroms die Kohlensäure der Be schickung aus, welche sich zum gröfseren Theil ebenfalls durch die umgebenden Koksstücke zu Kohlenoxyd reducirt. Der kleinere Theil dieser Kohlensäure, sowie der gröfsere Theil der durch Reduction des Eisenoxyds mittelst Kohlenoxyd (welche Reaction sich bis in die Nähe der Gicht fortsetzt) entstandenen Kohlensäure bleibt jedoch intact und entweicht in den Gichtgasen. Der jenige Theil des vor den Formen erzeugten Kohlenoxyds, welcher nicht durch das Eisenoxyd in Kohlensäure verwandelt worden ist, sowie der jenige Theil, welcher nach dieser Verwandlung durch die umgebenden Koksstücke von neuem zu Kohlenoxyd reducirt worden ist, steigt nun unverletzt nach oben, bis er in eine Ofenregion kommt, wo die Temperatur zwischen 300 und 400° C. steht und wo der Eisenstein theilweise zu Oxydul reducirt ist. In dieser Region, wo aufserdem die Reduction des Eisenoxyds mittelst Kohlenoxyd weiter vor sich geht, zerfällt ein kleiner Theil des Kohlenoxyds zu Kohlensäure und amorphem Kohlenstoff, der sich in Staub form im Innern der halbreducirten Eisenstein stücke absetzt, und welcher das Material für die Kohlung des Eisens bildet. Das von dieser Reaction nicht berührte Kohlenoxyd entweicht als solches in den Gichtgasen, die aus dieser Reac tion stammende Kohlensäure vermehrt dagegen die aus den vorhergenannten Quellen stammende Menge, und ist zusammen mit letzterer in den Gichtgasen nachweisbar. Im obersten Theil des Hochofens geschieht nur noch die Vergasung des in der Beschickung enthaltenen Wassers. Wir ersehen also hieraus: Sämmtlicher im Brennmaterial vorhandene Kohlenstoff wird verbrannt: entweder durch den Sauerstoff der Luit; oder durch die Kohlensäure der Beschickung;