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anderer Stelle hinlänglich beleuchtet worden, hier soll der Hochofen nur als chemisch-physikalisches Problem — also vorzugsweise in bezug auf Brenn material-Verbrauch — behandelt werden. Da müssen wir denn gleich die Thatsache in den Vordergrund stellen, dafs in Deutschland der Koksverbrauch auf 1000 kg Eisen bei Besseinereisen mit wenigen Ausnahmen zwischen 1400 und 1800, und bei Giefserei-Roheisen zwischen 1600 und 2000 zu schwanken pflegt, wogegen man in England bei beiden Sollen mit 1000 bis 1200 kg auskommt. Betrachten wir nun die Production von Bessemer-Roheisen für sich allein, so finden wir, dafs dieses Eisen in England gewöhnlich aus einer Eisensteinsmischung von 48 % und aus einem Möller von 40% Eisengehalt erblasen wird. Solch reiche Möller kommen in Deutsch land nur da zur Verhüttung, wo man spanische Erze verwendet. In solchem Falle braucht man auch bei uns mit eisernen Winderhitzern nur 1250 kg Koks, in einzelnen Fällen bei Apparaten bester Gonstruction werden auch noch geringere Zahlen angegeben. Zieht man nun noch den Umstand in Betracht, dafs die in Rheinland und Westfalen zu Gebot stehenden Koks im gün stigsten Fall durchschnittlich nicht mehr als 86% Kohlenstoff (5 % Wasser und 9 % Asche) ent halten, während die englischen, unseren »Patent koks« ähnlichen, meist 90% enthalten, so existirt kein Unterschied mehr zwischen dem Verbrauch englischer und deutscher Bessemer-Hochöfen bei einigermafsen ähnlichen Erzverhältnissen, und es wird sowohl bei uns wie in England nur Weniges erspart, wenn die Anlage mit steinernen Apparaten versehen ist. Somit ist schon bei oberflächlicher Betrachtung einleuchtend, dafs die besseren Resultate jedesmal mit reichhaltigeren Erzen Zusammenhängen. Etwas anders stellt sich die Sachlage bei Gielserei-Roheisen , auch wenn wir ganz von Schottland absehen, welches wegen des aus- schliefslichen Gebrauchs roher Steinkohlen nicht zum Vergleich herbeigezogen werden kann. Im Cleveland-District, welcher hier fast ausschliefslich in Betracht kommt, und der uns mit seiner jähr lichen Einfuhr von 200 000 t Roheisen in Deutsch land am meisten zu schaffen macht, verhüttet man Erze von 41% in einem Möller von 32 bis 33%. Von den 20 bis 25 Hochöfen, welche zur Zeit in Deutschland regelmäfsig auf Giefserei- Roheisen gehen, haben unseres Wissens nur zwei Oefen einen reicheren Möller zur Verfügung, die meisten verarbeiten einen solchen von 27 bis 29, viele nur einen von 23 bis 25%. Man sieht, der Unterschied im Möllerausbringen scheint auf den ersten Blick lange nicht so grofs wie der im Koksverbrauch, und der oberflächliche Beob achter , selbst wenn er den Fachkreisen im weiteren Sinne angehört, mag leicht auf den Ge danken kommen, die deutschen Hütten für Gie- fserei-Roheisen seien eben noch nicht auf der Höhe der Technik, sonst dürften Unterschiede im Koks verbrauch wie die eben genannten nicht vorkommen. Die Sache wird noch bedenklicher für den Ruf der deutschen Hochöfner, wenn man die Geschichte der Cleveländer-Hochöfen erzählen hört. Nach den Berichten von L. Bell und M. L. Gruner stellt sich dieselbe etwa folgender- mafsen dar: Bis zum Jahre 1860 kannte man im dor tigen District keine anderen Hochöfen als solche von höchstens 200 cm Inhalt (die meisten fafsten nur 150 bis 170 cm) und mit guten eisernen Winderhitzern versehen, also gerade solche Oefen, wie man sie mit Ausnahme von drei Hütten werken heute noch in Deutschland ausschliefslich zur Darslellung von Giefserei-Roheisen benutzt. Damals nun hatte man im Cleveland-District auch einen Kohsverbrauch von 1450 kg auf 1000 kg Giefserei-Roheisen Nr. III. Dann kam die zweite Periode, wo man einerseits die Oefen nacheinander auf 360, 450, 560, 800 und zuletzt gar auf 1000 cm Inhalt brachte ohne entsprechende Er höhung der Production, und wo man anderer seits durch Einführung der Whitwell Apparate die Windtemperatur bis auf 800° C. erhöhte. Da durch verminderte man den Koksverbrauch auf 1125 kg, und zwar erreichte man nach Bells Angabe ungefähr dasselbe, wenn man sehr grofse Oefen mit eisernen Winderhitzern oder kleinere Oefen mit steinernen Apparaten baute; auch zeigte sich, dafs Oefen mit mehr als 360 cm, beziehungsweise 1 t Roheisen auf 8,6 cm Ofen raum , keinen bedeutenden Vortheil brachten. So stand die Sache ums Jahr 1870, wo Bell glaubte, dafs die Stufe der Vollkommenheit erreicht sei. Die Resultate dieser Oefen sind es auch, welche Bell in dem oben genannten Vortrag als normal vorführt und auf welche unsere nach folgenden Vergleiche basirt sind. Nach den neuesten Veröffentlichungen von Bells Concurrenten Gochrane und den Zugeständnissen von Bell selbst in dem oben genannten Vortrag sieht es aber fast aus, als ob man im Gleveland-District bereits ein drittes noch vollkommeneres Stadium erreicht hätte, nämlich Oefen mit 1000 cm Inhalt, beziehungsweise 12 bis 13 cm Ofenraum auf 1000 kg Roheisen, und gleichzeitiger Be nutzung der besten steinernen Winderhitzer, wo durch der Koksverbrauch auf 850 kg herabge drückt worden sein soll. Von der kritischen Betrachtung dieser letzten Periode müssen wir indessen absehen, so lange uns nicht zuver lässige Gasanalysen geliefert werden, welche diese glänzenden Resultate bestätigen und erklären. Einstweilen ist zu constatiren, dafs in Deutsch land nur eine Hütte für Giefserei-Roheisen ge-