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Beitrag zur Frage der Gichtgas-Reinigung. Das September-Heft von »Stahl und Eisen« bringt abermals einen Beitrag zur Reinigung der Hochofen-Gichtgase, welche Frage mit Recht seit einiger Zeit auf die Tagesordnung gesetzt ist. In diesem letzten wie in verschiedenen vorher gehenden Artikeln findet sich nun immer wieder die Anschauung vertreten, als ob man den Gicht gasen behufs Reinigens nicht mit kaltem Wasser zu nahe kommen ■ dürfte, und werden defshalb die verschiedensten Auswege vorgeschlagen. Herr Lürmann macht dagegen in der Zeit schrift des Vereins deutscher Ingenieure Juli 1883 S. 477 u. 78 ganz richtig darauf aufmerksam, dafs eine Abkühlung der Gichtgase durch Waschen mit Wasser durchaus nicht schädlich ist, falls dieselbe nur vollständig ist und nicht etwa auf halbem Wege stehen bleibt. Dieses rechnungs- mäfsig näher nachzuweisen möge in folgendem erlaubt sein. Es ist bekannt, dafs Gase bei einer Tempe ratur von 15° G. nur circa 1 % ihres Ge wichtes an Wasserdampf enthalten können, es ist das der Sättigungsgehalt; bei einer Temperatur von 70° C. sind dagegen noch 15% Wasserdampf flüchtig. Eine uns vorliegende Gasanalyse ergab 7,34% vol. CO, und 23,22% vol. CO; das ergiebt eine Gewichtszusammensetzung des Gichtgases von 11,03% co, 22,21% CO 66,76% N 100,00 dazu bei 15° C. Wasserdampfgehalt 1.05% FLO., welches zur Verbrennung benöthigt und erzeugt 0 N CO 2 H:0 - - 11,03 — 12,7 42,04 34,90 - — 66,76 — — _ ],05 also sind die Ver- brennungsproducte: 108,8 45,93 1,05 Die Wärmemenge, welche bei der Verbrennung des CO fühlbar wird, ist 22,21X2403=53370 eal. also ist die mögliche Temperaturerhöhung: 53370_ 108,8X0,24—45,93X0,22—1,05X0,48 Bei einer Temperatur der Gase vor der Ver brennung von 15° C. wird also die mögliche Verbrennungstemperatur =1470 ° C. sein. In manchen Gegenden Deutschlands, besonders dort, wo man mit einem grofsen Procentsatz von Brauneisensteinen arbeitet-, ist nun der Gehalt der Gichtgase an Wasserdampf ein sehr bedeutender, thatsächlich vielfach 10 — 12 %. Wenn keine Abkühlung unter circa 70° C. stattfindet, so bleibt dieser hohe Wasserdampfgehalt den Gasen bei der Verbrennung vollständig beigemischt und beeinträchtigt dieselbe wesentlich. Die obigen Gichtgase werden z. B. bei einem Wasserdampf gehalt von-12% nur folgende mögliche Tempe raturerhöhung ergeben. Zu den Verbrennungs- producten treten statt 1,05 Gewichtstheilen H,0 Dpf. 12,00 derselben und ergiebt sich daher, da die fühlbar werdende Wärmemenge dieselbe bleibt: 53370 1 08,8 X 0,24 + 45,93 X0,22+ 12,00X0, 48 53370 42 = 1270° C. Die Gichtgase müfsten also zu der Ver brennungsstelle noch mit einer Temperatur von 200° G. gelangen, um dieselbe mögliche Ver brennungstemperatur von 1470° C. zu erzielen, wie, fast Wasserdampffreie, abgekühlte Gase. Bei nicht ausgemauerten Gichtgasleitungen werden die Gase aber selten mit noch 200° C. zu dem Verbrauchsort gelangen, höchstens bei sehr hohen Gichttemperaturen, welche aber gerade dort nicht vorhanden sind, wo infolge des hohen Wasser gehaltes der Beschickung die Gase schon im Ofen sehr stark abgekühlt werden. Man ersieht also aus vorstehender Rechnung deutlich, dafs die vollständige Abkühlung der Gichtgase in Bezug auf hohe Verbreimungstempe- raturen durchaus nichts schadet. Es ist dabei ganz dasselbe, ob die heifsen Gichtgase zuerst mit Wasser gewaschen werden und der hierdurch erzeugte nebst dem mitgebrachten Wasserdampf dann durch mehr kaltes Wasser oder auf eine andere Art condensirt wird, oder ob die Gase zuerst vollständig abgekühlt werden, der Wasser dampfgehalt bis auf circa 1 % condensirt wird und dann die Gase mit kaltem Wasser gewaschen werden, wobei sie natürlich keinen Wasserdampf weiter aufnehmen können. Ersteres Verfahren wird des grofsen Kalt-Wasserverbrauches wegen weniger zu empfehlen sein und wird inan daher am besten die Gichtgase zunächst einer voll ständigen Abkühlung mittelst eines Oberflächen- condensators unterwerfen und dieselben dann durch eine zweckmäfsige Einrichtung gründlich waschen, wodurch ohne Zweifel vollständige Be freiung von Gasstaub zu erreichen ist.