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An der Westgrenze hat scheinbar eine grofse Veränderung des westfälischen Exports stattge funden. Indessen im wesentlichen ist es nur eine Aenderung in der Benutzung des Land- und des Wasserweges, bei einer beträchtlichen Ge- sammtsteigerung des Exports um 105 kt. Im übrigen haben an der Westgrenze Aachen (+12), Siegen (+ 4) und Saar (+ 4) ebenfalls an Aus fuhrmengen eine Steigerung erfahren. Diese Karten, die ich Ihnen hier, der vorge rückten Zeit entsprechend, in möglichst kurzen Worten zu erläutern versucht habe, lassen eine Menge weiterer interessanter Schlüsse auf die Consumtionsfähigkeit, den Eisenverbrauch in den einzelnen Gegenden und Städten zu, die ich Ihrem besonderen Studium überlassen mufs. Fehler werden diese Karten ja auch haben, namentlich konnte nicht genau der Einflufs der grofsen Lager in Berlin, Breslau, Stettin u. s. w. festgestellt werden, jedoch, hoffe ich, sind diese Fehler nicht erheblich. Ueberblicken wir nochmals die Wirkungen des Schutzzolles, so sind es folgende: 1. Eine gewaltige Verschiebung der Eisenin dustrie zu Gunsten der Bezirke, welche sehr billiges oder sehr gutes Eisen erzeugen, und zu Ungunsten der mittleres Eisen erzeugen den grofsen Eisendistricte auf den Steinkohlen becken. 2. Förderung der Eisenindustrie durch Hebung des Exports und Hemmung des Imports an fertiger Waare. 3. Mittel zum Kampfe gegen unserer Industrie nachtheilige Zölle des Auslandes. Ich mufs allerdings bemerken, dafs unsere deutschen Hüttenwerke diesen letzten Erfolg zum grofsen Theil selbst wieder abmindern werden durch die Anlage zahlreicher Filialen jenseit der russischen und französischen Grenzen. M. H.l Man darf bei der Benutzung des Kartenmaterials auch nicht zu weit gehen; denn bei der Kartirung können natürlich nur die that- sächlichen Verhältnisse, nicht aber deren Ursachen zur Anschauung gebracht werden. So ist es klar, dafs, abgesehen von dem Einflüsse der Lage des Weltmarktes, noch manche andere Verhält nisse merklichen Einflufs geübt haben werden. So fragt es sich z. B., ob nicht vielleicht zu der scheinbar ungünstigen Lage des Ruhrdistricts gegenüber den anderen Eisendistricten zum Theil die grofse Schuldenlast beigetragen hat, welche viele der dortigen Werke haben, und welche sie zwingt, einen grofsen Theil des Gewinns als Zinsen an Banquiers abzugeben, ohne dafs diese Summen mitarbeiteten. Vorläufig, m. H., dürfte es nicht in der Ab sicht liegen, diese Karten in kürzerer Frist zu wiederholen. Die Aufgabe ist als abgeschlossen zu betrachten, denn eine schnelle Veränderung wesentlicher Art wird sich kaum herausstellen; allmählich allerdings wird dies der Fall sein, namentlich deshalb, weil der Entphosphorungs- procefs sich immer energischer entwickelt und immer gröfseren Vortheil für diejenigen Gegen den bietet, die ein billiges phosphorreiches Roh eisen liefern. Im Jahre 1880 war sein Einflufs quantitativ noch nicht merkbar. Freilich werden die Eisenbahnen bemüht sein müssen, das . bri tische Eisen durch billige Frachten zu verdrängen, denn trotz des Schutzzolls dringt es noch allzu tief in Deutschland ein; aber auch die hierdurch hervorgerufenen Veränderungen werden nichtschnell eintreten. So. denke ich, wird vielleicht nach zehn Jahren wieder einmal eine Wiederholung dieser mühevollen Arbeit an der Zeit sein. Herr Ingenieur Kirchner: M. H.l Es ist sehr gefährlich, auf eine Statistik von 1878 und 1880 ein Urtheil sich zu bilden über die Wirkungen der Schutzzölle oder hiernach principielle Ent scheidung zwischen Freihandel und Schutzzoll zu treffen. Diese Periode ist deshalb schlecht gewählt, weil 1880 in bezug auf Gonjunctur ein ganz aufsergewöhnliches Jahr war. 1879 endigte mit grofser Hausse in Eisen; Amerika brauchte für seine vielen Meilen Bahnen sehr viel Eisen, namentlich Schienen, Amerika hat 1879 etwa 4721 englische Meilen Schienen gelegt, 1880 7174 Meilen, 1881 9386 Meilen und im vorigen Jahr 10 821 Meilen. Ende 1879 und anfangs 1880 war der Geldmarkt sehr flüssig und unter nehmungslustig, wodurch alle Gebiete der In dustrie künstlich zur Hausse getrieben wurden; so stiegen z. B. die Preise für Stab- und Handels eisen auf das Doppelte. Unter dieser Gonjunctur, der in der zweiten Hälfte des Jahres 1880 ein scharf markirter Rückschlag folgte, mufste die Vertheilung auf dem Weltmärkte naturgemäfs wesentlich anders sich gestalten als in normalen Zeiten, z. B. im Jahre 1882 oder 1881. 1879/80 konnte Deutschland wohl ein gröfseres Quantum Schienen exportiren, aber diese Verhältnisse kommen vielleicht nie wieder, sind auch nicht einmal wünschenswerth, da jene amerikanischen Geschäfte gar zu häufig in Verlust umschlugen; ich erinnere an die verlorenen Millionen der Frankfurter Handelsgesellschaft. Ich halte es ferner keineswegs für einen Fehler, wenn die Eisenproductionsstellen, anstatt Eisen zu expor tiren, ein gröfseres Quantum selbst verarbeiten. Es ist doch ein besseres Zeichen für unsere In dustrie, wenn sie das Eisen selbst verarbeiten kann, als wenn sie sich in der Ferne nach Ab satz, namentlich für Rohproducte, umsehen mufs. Ferner ist die durch die Verstaatlichung der Bahnen herbeigeführte Gonjunctur wohl zu be rücksichtigen. Die Verstaatlichungen haben der Eisenindustrie sehr reiche Aufträge gebracht. Die Jahre vor 1880 waren deshalb vielfach so ungünstig, weil sämmtliche Bahnen ihren Bedarf an Material auf ein Minimum beschränkten.