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Ein weiterer Beweis für diesen Vorgang liegt auch im Bessemerprocefs selbst, weil das nach der Verschlackung des Siliciums ■ reichlich vor handene Kohlenoxyd das Silicat nicht wieder reducirt*. Dafs bei sehr hoch gesteigerter Temperatur die umgekehrte Reaction eintrete, ist nicht unwahrscheinlich, bei der Erstarrungs temperatur des Flufseisens findet sie gewifs nicht statt. Dafs im Hochofen das Silicat reducirt wird, liegt an der Gegenwart freien Kohlenstoffs, welcher in überwiegender Menge neben Kohlen oxyd vorhanden ist und das Eisen stets auf dem Sättigungspunkte an Kohlenstoff hält. Der erfahrungsmäfsige Mehraufwand von Wärme bei Siliciumreduction im Hochofen findet ja seine Erklärung in der directen Reduction. Dafs also Silicium, falls Kohlenoxyd die Blasen bildet, jenes zersetzen und diese dadurch zerstören kann, ist nicht fraglich. Jetzt zeigen Dr. Müllers und Anderer analy tische Versuche kein (bezw. sehr geringe Mengen) Kohlenoxyd, dagegen reichlich Wasserstoff. Da liegt es gewifs nahe, letzterem die Blasenbildung im wesentlichen zuzuschreiben. Aber wieder entstehen erhebliche Zweifel bei einem Vergleich der verschiedenen Eisenarten, aus welchen sich grofse Mengen Wasserstoff erhalten lassen. Meine eigenen Untersuchungen könnten die Musterkarte noch erheblich vergröfsern. Wasserstoff ist im compacten wie im blasigen Eisen, im Roh eisen, im Schweifseisen, im Flufseisen, im mangan haltigen, im manganfreien, im siliciumhaltigen, im siliciumfreien durch Müllers Methode nach zuweisen. Mir ist es nicht möglich gewesen, bisher eine irgendwie zutreffende Flegel der Ver- theilung festzustellen. Ist es da nicht gerecht fertigt zu vermuthen, dafs der Wasserstoff eine ebenso untergeordnete Rolle, wie der Stickstoff spiele, für welchen seiner Zeit Fremy ** mit gleicher Lebhaftigkeit eintrat, wie heuer Dr. Müller für den Wasserstoff? Dafs Wasserstoff im dichten kalten Eisen vorhanden sein könne, war längst bekannt. Die gröfsten Mengen erhält man, wie es scheint, im galvanisch gefällten Eisen, bei dem übrigens un zweifelhaft Wasserstoff auch Blasen bilden kann. Müllers Verdienst ist, die Gegenwart von Wasser stoff auch in den Blasenräumen porösen kalten Eisens nachgewiesen zu haben. Aber die Frage ist nicht gelöst, ob etwa dieser Wasserstoff nur Räume anfüllt, welche Kohlenoxyd gebildet hatte. Auch wenn nicht Silicium das vorhandene Kohlenoxyd zerstört hat, kann letzteres doch, und be * Vergl. auch meine Eisenhüttenkunde, Abth. III S. 450 (Versuche von Troost und Hautefeuille). ** Vergl. op. cit. Abth. I, S. 64 u. f. sonders nach dem Erstarren und vor dem Er kalten, durch Zersetzung in Kohlensäure und Kohlenstoff verschwinden. — Abgesehen davon, dafs die Mehrzahl der Versuche, bei denen übrigens unter allen Umständen in Zukunft ein wasser stoffhaltiger Körper, wie Wasser, auszuschliefsen sein wird, nicht wohl geeignet waren, etwa vor handene geringe Mengen Kohlensäure nachzu weisen, ist es auch wahrscheinlich, dafs Kohlen säure sowohl als Kohlenoxyd nicht, wie Wasser stoff, zwischen den Molekülen oder in Legirung festgehalten werden, daher im kalten Eisen nicht mehr zu finden sind. Auch in dem blasigen Puddeleisen aus der Kochperiode ist nach dem Erstarren, wenigstens nach längerem Liegen an der Luft, Kohlenoxyd nicht mehr nachzuweisen, obwohl die Blasenräume sicherlich dadurch gebildet waren. Nach allen diesen Thatsachen ist es ebenso möglich, dafs Kohlenoxyd wie Wasserstoff die Blasenräume gebildet habe, wenn auch letzterer allein sie nach dem Erstarren anfüllt. Zur sicheren Entscheidung wird der synthetische Versuch führen, ob mit Kohlenoxyd imprägnirtes flüssiges Eisen nach seinem Erkalten davon noch erhebliche Mengen zeigt. Nach meinen bisherigen Erfah rungen scheint es mir, dafs Wasserstoff so leicht verdichtbar ist, dafs er als Blasenbilder nicht oft auftreten wird; dies bestärkt mich darin, mich vorläufig auf Pourcels Seite zu stellen. Indessen werden gegenwärtig in der Königl. Bergakademie möglichst vollkommene Apparate zu eingehenden Versuchen hergerichtet, nach deren Vollendung die Frage sich hoffentlich lösen lassen wird. Bis dahin bitte ich mir meine endgültige Stellungnahme Vorbehalten zu dürfen. Für die Praxis ist die Entscheidung natürlich von höchster Bedeutung. Ist Wasserstoff der Blasenbilder, so mufs man ihn, wenigstens am Ende des Processes, fern halten, also mit trockener Luft arbeiten; ist Kohlenoxyd der Blasenbilder, so ist am Procefs selbst nichts zu ändern; man mufs die Zersetzung durch Silicium herbei führen , um so die Blasen zu zerstören, oder, man mufs sich die letzteren gefallen lassen und sie zweckmäfsig vertheilen. Dafs ich das letzte für die meisten praktischen Fälle für das beste halte, habe ich schon in Wien ausgesprochen. Ein Flufseisen mit gleichmäfsig vertheilten Blasen walzt sich viel besser als ein dichtes und giebt mit viel gröfserer Sicherheit die gegenwärtig von den Eisenbahnen vorgeschriebenen Qualitätsziffern, als dies bei einem ungewissen Ueberschufs von Silicium der Fall ist. Um mit Silicium ohne jede Gefahr arbeiten zu können, dazu gehört eben ein Pourcel.