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Dresdner Journal : 02.05.1884
- Erscheinungsdatum
- 1884-05-02
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188405028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18840502
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18840502
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1884
-
Monat
1884-05
- Tag 1884-05-02
-
Monat
1884-05
-
Jahr
1884
- Titel
- Dresdner Journal : 02.05.1884
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«102. Freitag, dm 2, Mai, 1884. Lkvu uvEQUtprvI» r » ^oe« <wut»«k«L L«iov«: H»rk. ^Mrlicb: 4 Kuck LV kt. Liorotu» Huiuuior».- lO kk. K»»»«r1»»w 仫 ck-utucb«> L»ick«» tritt ko»t- avu 8t«ir»p«lin,ctll^ t»in»u kS, äeu kunm »j»«r ss»»p»Iteuer, ?«tit«sj1e SV PI voter „Lu»b«»»i><it- cli« 2«il« »0 kl. Lei IsdoUeu- uuä 2iü«im»»tr 50 1t ^uk»«lil»g Li-oedelne», mit Xueuubmv äer 8onu- n»d keiertu^o Xbvuck» kiir «len kvltrerxlen l a^r. DreMerÄmmml. Iv8«r»teuuua»du><! «»^«ürtvr l^tputg: F>. Lranckrtettcr, Oowoue»ienLr «le» Drexioer loucuul»; Semdnrx Nerttn-Vi»» l.«ip»iU 8»««l Ir««I«r> Wenlckrrl ». N : //en«e»i»tei« F l^oA/er, 8»rIlr>-V>»r> N»r»dnr^- ?c,U 1-»fv»i8 ^»»llturt ». «.-«vncdou: /k'»««,' Berlin: knen/xienriank, Bremen /. Br»»I«n: L ^anAen » Dureau ^tadrü/i),' Brenlilurr » ».r D ^aeAer'scks kineiitiLnälun^; VVrM»: tt. gennorer: t7. i8c/<ü««1er, Bert« Berlin - Brenliknrt n U »»uttgurt Daude ct Oo., Sewdnr^ : Ack. Lte«»«er Verantwortliche Redaction: Oberredacteur Rudolf Günther in Dresden. N » r a v » x v 1» e r r Türnal. kipeckitian 6e» klre,öoer ^onrnnl», Dresden, 2«>ns?eri>trn»«e lio 20. Ämtlichcr Theil. Dre-dea, 1. Mai. Se. Königliche Hoheit der Prinz Georg, Herzog zu Sachsen, nebst Hoher Fa milie haben heute die Prinzliche Billa in Hosterwitz bezogen. Nichtamtlicher Lheil. Uebersicht: relegraphische Nachrichten. 4eiNlnaescbau. (Epoca. Weser-Zeitung.) ra-eSgeschichte. (Berlin. Karlsruhe. Heidelberg. Darmstadt. Wien. Rom. Christianis.) Ernennungen, Versetzungen ic. im -steutl. DienS». Lretdner Nachrichten. Dir Lereinttagr für innere Mission in Dresden. (III.) Provinzialnachrichtev. (Leipzig. Chemnitz.) UaglückSfLlle in der Provinz. SermischteS. Statistik und BolkSwirtbschaft. Beilage. M. Plenarsitzung deS Reichstags. LermischtrS. Lörsennachrichten. Telegraphische Nachrichten. Brrliu, Donnerstag, 1. Mai, Nachmittags. (Tel. d. DreSdn. Journ.*) Die ReichStagScommis- fion zur Berathung deS Socialistengesetzet bat die Vorlage mit 10 gegen 10 Stimmen abgelehnt. Paris, Mittwoch, SO. April, Abends. (Corr.- Snr.) In Nizza wurden in der letzten Nacht anarchistische Placate angeschlagen. Das Publi cum verhielt sich vollständig gleichgiltig. Paris, Donnerstag, 1. Mai, Morgens (Tel. d. DreSdn. Journ.*) Die „Agencr HavaS" meldet: Der Botschafter Waddington geht heute Bormit- tagt- nach Loudon, um die Antwort Frankreichs auf dir Coufereuzeinladung zu überbringen. Die Antwort erklärt, daß Frankreich die Conferenz im Priucih acceptire, und giebt die Gründe an, welche Frankreich veranlassen, anzunehmeu, daß die Con- serenz sich nicht auf die Kinanzfrage beschränken solle, sondern auch die allgemeine Situation Aegyp- tent berathe. Voraussichtlich führt di« Antwort Frankreichs eine neue Erklärung Englands herbei. London, Mittwoch, 30 April, AbendS. (W. T B.) DaS Unterhaus hat in seiner heutigen Sitzung mit 149 gegen 79 Stimmen die auf 8e- zalifirung der Leichenverbrennung gerichtete Bill abgelehnt. Die Regierung hatte sich gegen die Lill ausgesprochen. Kairo, Mittwoch, 30. April, AbendS. (W. TB.) Von dem Gouverneur von Berber ist heute Vormittags eine Depesche eingelaufen, in »elcher derselbe sein Ansuchen um Verstärkungen »iederholt und die Regierung dringend bittet, ihn uicht im Stiche zu lassen. Seitdem ist keine weitere Depesche auS Berber hierher gelangt, infolge dessen angenommen wird, daß die Telegraphenbeamten die Stadt verlassen haben. New York, Donnerstag, 1. Mai. (Tel. d. DreSdn. Journ.*) Wie der Telegraph auS der Havana meldet, find bisher 21 Tobte nnd 79 Verwundete al» Opfer der Explosion in San JosS ermittelt worden. (Bgl. die Rubrik „Ver- mischteS".) Toronto (Canada), Donnerstag, 1. Mai. (Tel. d. DreSdn. Journ.*) Unterhalb deS Kron- *) Nachdruck verboten. D. Red. Feuilleton. «rdigirt von Otto Banck. Eine Schauspielerin. Novelle von F. L. Reimar. (Fortsetzung.) IV. Otto hatte geschrieben, daß er seine Braut in kürzester Zeit nach Mellingen zu führen, sie seiner Mutter als Tochter zu bringen gedächte. — Und nun war der Tag da und jeder Augenblick konnte die mit soviel gemischten Empfindungen erwarteten Gäste bringen! Hedwig war fleißig gewesen in der Bereitung des HauseS; ihre Finger hatten sich wund gerieben an den Kränzen für das Portal, die Halle, durch die der Fuß der künftigen Herrin zuerst schreiten mußte. Kaum, daß sie sich in den letzten Nächten den nöthi- gen Schlaf gegönnt hatte vor lauter Sorge um den würdigen Empfang. Es schien, als habe sie die eigene Ehre an diejenige gesetzt, welche der Braut ihres Leiters geboten werden sollte. Endlich rollte der Wagen, welcher dar Paar brachte, durch den Thorweg und das junge Mädchen stand in der offenen HauSthür und sah ihm entgegen, bereit für die erste Begrüßung, da die zarte Gesund heit der Tante dieser das Harren in den geöffneten Räumen verbot. Mit einem Sprunge war Otto au» dem Wagen. Er litt e» nicht, daß sich ein Diener zur Handreichung laudbureauS tm ParlamentSgebäude wurden gestern mehrere größere Dynamitpatronea aafgefnudev. Bei den weiteren Nachsuldungev wnrden andere Patronen unter der zum Zimmer deS Sprechers führenden Treppe entdeckt. Die Patronen find an scheinend gestern dorthin gelegt und mit Zündern versehen worden, die geeignet waren, einen großen Theil deS GrbäudrS in die Luft zn sprengen. Dresden, I. Mai. Einer vom Telegraphen übermittelten amtlichen Nachricht auS Madrid zufolge sind die spanischen Offiziere, welche das Depot von Santa Coloma in Catalonien verlassen hatten, um den Versuch einer republikanischen Erhebung zu machen, gestern Morgens gefangen genommen worden. Ihr Führer Man- gado wurde getödtet und seine Bande dem Kriegsgerichte übergeben. Gleichzeitig hat die Madrider Regierung den spanischen Botschafter bei der fräsizösifchen Republik, welcher sich zur Empfangnahme von Instructionen nach der Hauptstadt Spaniens begeben hatte, beauftragt sofort nach Paris zurückzukehren und wegen der Ent» weichung der in Angouleme internirt gewesenen spa nischen Republikaner welche bei BalcarloS die Grenze überschritten, Beschwerde zu führen. Das Häuflein von Republikanern, welche in Spanien eingebrochen sind und dort „von den Truppen eifrig verfolgt wer den", gehört zu jenen Zorillisten, welche im verflossenen Spätherbste zu Seo d'Urgel ihr Pronunciamiento ge macht, dann zur Flucht nach Frankreich gezwungen und in Angouleme internirt worden waren. Es ge reicht übrigens den französischen Localbehörden zur Entschuldigung, daß sie die spanischen Behörden sofort von dem Vorgänge in Kenntniß setzten, so daß Trup pen von Pampelona und Saragossa die Aufrührer verfolgen konnten. Nach ihrem Einrücken in Spanien scheint die Bewegung alsdann etwas mehr Bedeutung gewonnen zu haben, als nach der ersten Depesche vermuthet wurde, zumal die Bewegung angeblich von Zorilla geleitet wird, der von Genf seit einiger Zeit verschwunden war, sich in Spanien befinden muß und vorher allen republikanischen Flüchtlingen Befehl zum Einrücken in Spanien ertheilte. Die Meldungen von Verhaftungen in Barcelona — mehr als 40 — in Tadir, Alicante und Cartagena führt die „Epoca" auf folgende Thatsachen zurück: In Barcelona wurden der Bürgermeister unter der Republik, Narciso Buxo, der Commandant eines Jägerbataillons und 9 Land leute verhaftet. Die Verhaftung ging von dem ge wöhnlichen Untersuchungsrichter aus, welcher eine Un tersuchung wegen Verschwörung eröffnet hat. In Cadix wurden 2 Agenten Zorilla'S verhaftet, bei denen Papiere und Geld gefunden wurde; weder in Alicante, noch in Cadix oder einem andern Punkte kam eS zu Verhaftungen. DaS ist der ganze Thatbestand. Die beste Rechtfertigung des Verhaltens der Regierung liegt darin, daß Ueberraschungen, wie die im vorigen August, jetzt ausgeschlossen sind. Zu jener Zeit erfuhr Sagasta durch die fremden Regierungen, was in Spa nien vorgeht; heute läßt sich die Regierung die Auf rechterhaltung der Ruhe angelegen sein, was auch die Motive der Verschwörungen sein mögen: die freiheitsfeind lichen Pläne von Demagogen oder Börsenmanöver. Eine große Tragweite scheinen diese Vorgänge jedoch nicht zu besitzen, um so mehr, da die am vorigen Sonntag stattgefundenen Corteswahlen eine ungeheure Majorität für die Regierung ergaben. Nach einer Madrider Depesche von gestern wurden 329 Anhänger der Regierung und im Ganzen 98 Oppositionelle aller Schattirungen gewählt. Die jüngsten Unruhen in Spanien scheinen durch von der Regierung begangene Fehler eine gewisse Be günstigung erfahren zu haben. 2 Generäle, l Haupt herzudrängte; er selbst half seiner Braut beim Aus steigen. Gespannt hingen Hedwig'S Blicke an der fremden Erscheinung, an jeder Bewegung der hohen, aber doch biegsamen Gestalt; sie veryaß darüber ganz, nach Otto zu schauen. „Wie schön ste ist!" war der einzige Ge danke, der sie in diesem Augenblick erfüllte. — Daß Otto sich ihr inzwischen genähert, ihre Hände ergriffen hatte, war fast unbeachtet von ihr geblieben; nun je doch hörte sie seine Stimme. „Sieh Kind, hier ist meine Braut! Sei ihr eine so gute Schwester, wie Du mir gewesen bist!" Und gleich darauf: „Pauline, das ist Hedwig — Hedwig Warberg, das Schwesterkind meiner Mutter!" ,Lch fürchte, ich that nicht genug, um Sie wür dig zu empfangen, trotz meines Willen«!" stam melte Hedwig, und dann stieg es ihr glühend in- Gesicht. Hatte sie sich nicht mit dem Gedanken wohl- gethan, daß sie ihre schirmende Hand über Otto » Braut ausstrecken, zu einer Gönnerin derselben werden wollte? Nun hatte ein einziger Moment hingereicht, um ihr zu sagen, daß diese Dame ihre» Schuhes nicht bedürfe. Sie war rathloS, wie sie die Scham über ihre Einbildungen besiegen sollte. Ihrer äußern Verlegenheit kam indessen die Ge wandtheit der Dame, vor welcher sie die Augen nieder schlug, rasch zu Hilfe. Wie hätte es der letztern schwer fallen sollen, einem jungen Mädchen irgend ein paar höfliche Worte zu sagen? Sogar freundlich Nangen dieselben, indem Pauline nicht vergaß, dem Dank für die Begrüßung, die Ausschmückung der Halle, in wel cher sie ja eine ihr erwiesene Ehre erkennen mußte, Ausdruck zu geben; nur freilich fehlte diesem Danke mann und 10 Sergeanten waren vor Monatsfrist wegen Theilnahme an einer Militärverschwörung in Haft genommen worden. Am Vorabende der Wahlen wurden sie wieder in Freiheit gesetzt, ohne daß, wie eS scheint, ihre Schuldlosigkeit nachgewiesen worden wäre; denn sonst hätte man sie nicht zu den ver schiedensten Garnisonen eingetheilt und internirt. Die Militärs, sagt ein Madrider Correspondent der „Weser- Zeitung", haben etwas gegen die Verfassung, gegen den Thron oder gegen die Kriegsartikel geplant; nur konnte man den processualischen Beweis ihrer Straf barkeit nicht führen, da, wie es scheint, alle Papiere verschwanden und alle Mitwisser die strengste Ver schwiegenheit beobachteten. So ließ man sie denn laufen; aber man vertheilte die Verschwörer, statt sie in Madrid im Auge zu behalten, in die verschiedensten Garnisonen, um eS ihnen nun recht leicht zu machen, neuerdings ihr Geschäft aufzunehmen und den Gist samen der JndiSciplin auSzustreuen. DaS Merkwür digste an der Sache ist jedoch, daß man in derselben Stunde, in der die Militärconspiratoren ihrer Haft entlassen wurden, einer Civilverschwörung auf die Spur gekommen sein will, deren Verzweigung allerdings mehr in den Provinzen, als in der Hauptstadt zu suchen ist. Thatsächlich haben am 25. April in Bar celona und Valencia mehrere Verhaftungen stattge funden, deren Gegenstand ziemlich angesehene Bürger von überaus stark republikanischer Gesinnung waren. Es hieß damals, man sei einer neuen Verschwörung auf die Spur gekommen, welche sich vorerst auf die Anzettelung von Unruhen in der Nähe der Wahllocale beschränken sollte. DaS wäre nun ein sehr form- und nutzlose- Beginnen gewesen; denn man darf sich die CorteSwahlen in Spanien nicht etwa im Lichte eines englischen, ungarischen oder auch nur deutschen Wahlganges vorstellen. Der Wahlact selbst vollzieht sich mit aller Ruhe; denn wenn es erst so weit kommt, so ist schon Alles abgemacht, und man kann fast immer mit Bestimmtheit die Zahl der Stim men vorhersagen, die ein Candidat vereinigt. Die Mehrheit des Volkes nimmt an den Wahlen nur in sofern Theil, als sie hierzu verpflichtet oder dafür be zahlt wird. Wer nicht als Colone, als Beamter, als Client für einen Candidaten zu stimmen hat, thut es nur gegen klingende Münze oder gar nicht. Da die Regierung die meisten Stellen und Grade zu verthei len hat, so ist sie der Mehrheit immer gewiß. Wollte man also diese neuerlichen Verhaftungen auf ein Ma növer zurückführen, bestimmt, die Republikaner einzu schüchtern und von dem Erscheinen an der Wahlurne abzuhalten, so wäre dies ein Jrrthum; denn es hieße der Regierung UeberflüssigeS zumuthen. Im Lager der Opposition sah eS nie ärger aus, al» jetzt. Die Republikaner sind gespalten. Während die Einen völlige Wahlenthaltung predigen, wie Zorilla, wollen Andere, wie Salmeron, nur ein Mandat annehmen, das ihnen durch Zuruf wird. Noch schlimmer sieht eS im Lager der sogenannten dynastischen Linken aus. MartoS und Montero RioS, ihre beiden bedeutendsten Talente, haben sich unabhängig erklärt und wollen Jeder einen eignen Weg wandeln, ohne die Führer schaft Serrano's anzuerkennen. Cagestzeschichte. * Berlin, 30. April. Im Reichstage standen in der heutigen Sitzung verschiedene, aus der Initiative deS Hauses hervorgegangene Anträge zur Berathung, in erster Linie der von den Abgg. Phillips und Lenz mann eingebrachte Gesetzentwurf, betreffend die Ent schädigung für unschuldig erlittene Untersuchung«- und Strafhast. In Widerlegung der von dem Antragsteller Abg. Phillips gegen die sächsische Justiz gerichteten Beschuldigungen wreS der königl. sächsische BundeSraths- sowohl der Ton einer süßen Ueberraschung wie der einer überquellenden Freude, und wenn Hedwig zuvor etwa bei irgend einem Auftreten Paulinen'S im Theater anwesend gewesen wäre, würde sie höchstens etwas von der Miene der Künstlerin im Moment ihres Triumphs wiedergefunden haben. Immerhin aber versagte der Zauber, welchen sie an jener Stätte übte, auch hier nicht ganz seine Wirkung: Hed wig vergaß, sich die Frage vorzulegen, ob sie eine größere Herzlichkeit, ein wärmeres Entgegenkommen von Ottos Braut erwartet habe; sie behielt nur das Gefühl, daß sie selbst ein unbedeutendes, geringes Geschöpf sei gegenüber einer ausgezeichneten, zu den höchsten Anforderungen berechtigten Persönlichkeit. Eine Minute daraus hatte sie das Paar in da« Zimmer geleitet, wo Frau v. Mellingen die Ver lobte ihres Sohnes empfangen wollte. — Mit raschen Schritten trat Otto zur Umarmung an seine Mutter heran; und dann folgte die Vorstellung seiner Braut, der er, wie vor Hedwig, nur noch bewegter und inniger, die Bitte hinzufügte, dieselbe gleich ihm lieben zu wollen. „Seien Sie mir willkommen, mein Kind," sagte Frau v. Mellingen mit etwa« schwankender Stimme zwar, aber doch gütig. „ES soll Alles sein, wie Otto es wünscht; sehen Ste Ihre Mutter in mir!" „Meine Mutter!" sagte Pauline weich, und wer sie in diesem Augenblicke ansah, konnte glauben, daß etwas Kalte- plötzlich aus ihren Zügen hinweggethaut sei. „Es ist ein großes Glück, eine Mutter zu haben!" Frau v. Mellingen legte in unwillkürlicher Be wegung ihre Arme um den Nacken der neuen Tochter. „Sie verloren Ihre erste Mutter früh?" fragte sie. bevollmächtigte Geh. Rath Held nach, daß in einem der angeführten Fälle die sächsische Regierung keine rechtliche oder moralische Pflicht der Entschädigung gehabt habe, während der Abg. 0r. Hartmann den namentlich von dem Abg. Kayser frivol angegriffenen Richterstand in Schutz nahm. Der Entwurf wurde an eine Commission verwiesen. Nach der Zurückziehung deS Antrags Barth über Einführung der Aussuhr- vergütungSsätze bei Tabak, wurde zu dem letzten Ge genstände der Tagesordnung übergegangen, welcher den vom Abg. Reichensperger-Olpe eingebrachten Gesetz entwurf wegen Einführung der Berufung gegen die Strafkammerurtheile betrifft. In eingehender Weise be gründete der Antragsteller den Gesetzentwurf aus der Geschichte der bezüglichen Bestimmungen der Straf- proceßordnung und aus dem innern Wesen der Sache selbst, und wurde darin nachdrücklich von dem Abg. Munckel unterstützt, welcher zur Erreichung des näm lichen Zweckes, welchen der Reichensperger'sche Antrag verfolgt, emen Gesetzentwurf eingebracht hat. Beide Entwürfe wurden der oben erwähnten Commission für Justizangelegenheiten überwiesen. (Vergl. den Sitzungs bericht in der Beilage.! Wie aus eurer Aeußerung deS Staatsministers v. Bötticher in der heutigen Sitzung der Unfallcommission hervorgeht, rechnet man in Re- gierungskreisen darauf, daß die zweite Berathung des Socialtstengesetze« im Plenum in den ersten Tagen der nächsten Woche stattfinden werde. — Es ist, wie man der/ „Schles. Ztg." meldet, wieder unwahrscheinlich gewor den, daß die Grundsteinlegung zum Reichstags gebäude, über deren Termin der Kaiser zu entschei den hat, am 10. Mai stattfinden wird, obwohl dazu ' alle Vorbereitungen getroffen sind. Angesicht« der kritischen Situation, in welcher sich gerade in jenen Tagen da« Socialistengesetz und damit die Existenz des dermaligen Reichstages selbst befinden dürste, ist es wohl anzunehmen, daß die Grundsteinlegung weiter hinausgeschoben wird, andernfalls könnte es geschehen, daß der feierliche Act mit dem Auflösungsacte zu sammenfiele. — Die Reichstagscommission zur Vor- berathung de« Actiengesetzentwurfes beschloß für den ersten Absatz des tz 209, nach einem Amendement des Abg. Beisert, folgende Fassung: .Der Inhalt eines Gefellfchaftsvertrag» (Statuts) muß durch mindestens 5 Personen, welche die Actien übernehmen, in gerichtlicher oder notarieller Verhandlung sestgcstellt wer den. Als Uebernehmer von Actien ist auch anzusehcn, wer sich zu nicht in baarem Gelbe bestehenden Einlagen aus das Grunocapital gegen Gewährung von Actien verpflichtet Der selbe muß an der Feststellung de» Inhaltes des GesellschastS- vertragS in der bezeichneten Verhandlung theilnehmen. Alle an dieser Feststellung sich betheiligenden Uebernehmer von Actien gelten als Gründer der Gesellschaft. In der Verhand lung ist zugleich der Betrag der von jedem Gründer über nommenen Actien anzugeben.' Für Art. 209 b wurde auf Antrag des Abg. Beisert folgende Fassung beschlossen: .Werden auf das Grundcapital Einlage», welche nicht in baarem Gelbe bestehen, gemacht, oder werden seiten der zu errichtenden Gesellschaft vorhanvene oder herzustellende Anlagen oder sonstige Vermögensstücke übernomnien, so müssen die Person des Aktionärs und des Contrahrnten und der Gegenstand der Einlage ... im GesellschastSvertrage fest gesetzt werden.' — In der heutigen Sitzung des Abgeordneten hauses kam zunächst der Antrag Straßmann-Zelle wegen Aenderung der Städteordnung für die östlichen Provinzen zur Verhandlung. Die Commission hat den Antrag im Wesentlichen acceptirt, will den selben aber nicht in den 8 2 l der Städteordnung selbst aufnehmen, sondern als besondern 8 2l» formuliren. ES soll also bei großer Ungleichheit der Wählerzahl in den Wahlbezirken die neue Eintheilung bei den Er- gänzungs- und Ersatzwahlen nach und nach vorgenom men werden. Der RegierungScommcssar Oberpräsidialrath Halbey erklärte, dast der Minister deS Innern dem Anträge gegenüber „Ich war noch ein Kind, als ihr Auge nicht mehr über mir war," sagte Pauline; und leise preßten sich als sie gesprochen hatte, ihre Lippen zusammen. „Armes Herz!" rief Frau v. Mellingen, gerührt von diesem Zeichen des Gemüths, der Trauer der Tochter. „Aber vielleicht kann ich Alles gut machen!" Ein leichtes Zucken, das beinahe ein Lächeln, wenn auch eben kein freudiges, bedeuten konnte, glitt über die Züge der Schauspielerin. Dann richtete sie sich aus der etwa« gebeugten Haltung, die sie vor einigen Augenblicken angenommen hatte, auf. Ihr Gesicht trug nun wieder den Ausdruck, den es zuvor gezeigt halte, und gerade wie er ward auch aufs Neue ihr Benehmen: artig, höflich, von einer Form, die in ihrer Tadellosigkeit bestricken konnte, nur daß Frau v. Mellingen sich schon in diesem Augenblicke heimlich ffragen mußte, ob es ihr nicht zu schwer fallen, ja, ob Pauline selbst es auch verlangen würde, daß sie ganz und gar an die Stelle der Verstor benen träte. Ob Hedwig irgend welchen Betrachtungen nach ging, verrieth sich nicht. Sie war eifrig, fast zu eifrig bemüht, für die Bedürfnisse der Gäste zg sorgen, und behielt darüber auch nicht Zeit, sich lauge bei Otto, der sie gern in eine vertrauliche Unterhaltung gezogen hätte, auszuhalten. „Aber ich schwöre Dir, Hedwig," rief er halb un geduldig und halb scherzend au«, „daß ich keinen Bissen und kemen Trunk anrühren werde, bi« Du eine Aeußerung über Pauline gethan und mir versprochen hast, daß sie Dir lieb sein soll!" (Fortsetzung folgt.)
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