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Dresdner Journal : 04.04.1884
- Erscheinungsdatum
- 1884-04-04
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188404048
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18840404
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18840404
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1884
-
Monat
1884-04
- Tag 1884-04-04
-
Monat
1884-04
-
Jahr
1884
- Titel
- Dresdner Journal : 04.04.1884
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^80. Freitag, Oe» L April. 1884. Ldoouvmeutvprvlir l« ä«»t»«k«» L«i«L»: läürlicl»: .... 18 öl»rk ^jLtcrlivk: 1 lck»rlc KO kk. Liu»«!«« HruuwsrM: 10 kt. L«»»«rIuUd ä«i eievt«6i»«i ksicks» tritt kost- uoci 8t«opsi»u,el»I«^ tÜLAii I»»vr»tenprel»v: kür <i«n R»um «ia«r ^e-pLtteoen ?«titrvil« SO ?f Ovtvr „kü»be»iu»ät" äio 2«-ils KO kk. ös» 1'»dsUeo- uuä 2i8srr>s»tr KO H Auk»etü»x Dresdner Murilal. Ias«r»t«o»»o»km» ,«,^Lrt»r I^lpitg: F>. Lran«i«tetter. OommiiriouLr «io« vr««insr ^vnrv»i«; Luodurx I«rU» Vi«» - >«»«1 k>«u»Sckür< «. N : Ä<ia««nAt«n F i^0Ai«r, »«rlw-Vi«» S„«d«rU- ?r»U - I^jprix rr»Llltor1 «. ». UkL^d«»: 2to«e,» L«rUv: /ikatt^tn«ia>»H, Lr«w«»: L. Leklott«, >r«»1»«: F StanA-n'» L«r«ai« Laö«Uä>), kr>u»>ltLrt «. N. r F? FaeAt^scks liueNNLoNIuvz; 8VE«: O. AtMer; Luilorsr: 6. r»rt»-L«rU»-?r»Lktott ».. H.- 8t»N,^: Da«LcF 0o.,- Liodur,: A-i. Steine. LrseLvlnon r 'rLxlicli mit Xusmtdms Nor 8onn- unrt keiortl»^» Abvock« für äsn kolxvnNon 't ats. Verantwortliche Redaction: Oberredacteur Rudolf Günther in Dresden. U«r»u»xvd«rr Lüvisl. krpeNition «io« vro,äo«r ^ourv»!», l>re»«i«o, 2viv8«r,tr«»o l^o SO. Amtlicher Theil. DreSdeu, 2. April. Se. Majestät der König haben dem zeitherigen Bezirks-Kommandeur des 2. Ba taillon-(Frankenberg) 2. Landwehr-Regiment- Nr. 101, charakterisirten Obersten z. D. Puscher, bei dessen Rücktritt von der Stellung als Landwehr-Bezirks- Kommandeur, das Ritterkreuz I. Classe vom Albrechts- Orden Allergnädigst zu verleihen geruht. Dresden, 27. März. Se. Majestät der König haben dem Archidiakonus am Dome zu Freiberg vr. pbil. Carl Ernst Teichgräber das Ritterkreuz I. Classe vom Albrechtsorden Allergnädigst zu verleihen geruht. Nichtamtlicher Theil. Telegraphische Nachrichte». Berlin, Donnerstag, 3. April, Nachmittags. (Tel. d. DreSdn. Journ.*) Der deutsche Handel»- tag nahm heute einstimmig die gestern vorgeschla- gene und inzwischen abgeänderte Resolution au. (Vgl. die Rubrik „Statistik und Volkswirthschaft".) Die Abänderung besteht im Wesentlichen darin, daß der Vorwurf, der Gesetzentwurf sei vom Geiste des Mißtrauens gegen die Organe der Gesellschaften dictirt, gestrichen ist, dagegen ernste Bedenken gegen die den Organen zubewiesene rechtliche Lage geäußert werden, welche dahm führen werde, daß es an der persönlichen und sachlichen Voraussetzung für den guten und stetigen Gang der Verwaltung fehlen werde. Wien, DounerStag, 3. April. (Tel. d. Dresdn. Journ.*) Der in Buda-Pest verhaftete Redacteur deS „Radical", Scheffler, hat eiugestandeu, bei einer in der Nähe WienS abgrhalteaen Sitzung, in welcher die Ermordung Hlubek'S und Blöch'S beschlossen worden ist, zugegen gewesen zu sein. Buda-Pest, Mittwoch, 2. April, AbendS. (Tel. d. Boh.) Die Untersuchung gegen die Avar- chistrn ist um einen wesentlichen Schritt vorwärts gebracht worben. Albin Scheffler hat nämlich eingestavdev, daß er an jener Brrsammlung Theil genommen habe, die im October vor. I. in der Nähe von Wien Statt hatte und in der das Ur- thril über die seither ermordeten Polizeibeamtev Hlubek und Blöch gefällt wurde. Auf alle andere Fragen antwortete Scheffler ausweichend, er könne sich an nicht- mehr erinnern. Paris, Donnerstag, 3. April. (Tel. d.Dresdn. Journ.*) Die „Agence HavaS" meldet auS Mas- sauah vom 1. d. MtS., da- Gerücht, der Mahdi sei an einer Krankheit gestorben; eine anderwei tige Bestätigung liegt noch nicht vor. London, Donnerstag, 3. April. (Tel. d. Dresdn. Journ.*) Gestern Abend brach auf der Straße Paternosterrow eiu großes Feuer auS, welches 5 Stunden dauerte und mehrere Häuser zerstörte; die dadurch entstandenen Verluste find groß. Athen, Mittwoch, 2. April, Abend». (W. T. B.) Die Kammer nahm heute in »weiter Lesung den Gesetzentwurf, betreffend die Revision de» all gemeinen Tarif», an und begann die Berathuvg de» Budget». New-Dort, Mittwoch, 2. April, Abeud». (W. T B.) Nach Melduugeu au» Ciuciuuati werdeu *) Nachdruck verboten. D. Red. Feuilleton. Redigirt von Otto Banck. K. HoftKrater. — Altstadt. — Am 2. April: „Colberg", historisches Schauspiel in 5 Acten von Paul Heyse. Wir haben es bei dieser Novität, die selbstver ständlich wegen der literarischen Bedeutung ihres Ver fassers von keiner großen Bühne ignorirt werden kann, zunächst mit einer hocherfreulichen, in der Hauptrolle ganz vorzüglichen Darstellung zu thun. Das Stück ist von Hrn. Marcks ohne überflüssigen Aufwand von kostspieligen äußern Mitteln geschickt und lebendig in Scene gesetzt Dies und die Be wirkung des natürlichen Zusammenspiels war um so weniger leicht, da der Charakter des Ganzen vor herrschend der des Episodisch-Epischen ohne geschlossene dramatische Strömung, ohne die Steigerung einer in einandergreifenden Handlung ist. Der vorzüglich ge arbeitete erste Act von bestem, derb realistischem Grund zug läßt eine solche Verwebung von persönlichen Con flicten und Schachzügen der Leidenschaft nur ver- muthen. So tritt denn um diesen Mangel zu ver decken, an da» Theater die schwierige Forderung heran, die nun folgende Schilderung von hin- und hergehen den Vorfällen aus der Vertheidigungsgefchichte Col bergs durch eine recht frische, bewegte Darstellung nicht zur Vereinzelung und zum scheinbaren Stillstand kom men zu lassen, sondern im Gegentheil immer wieder dem Augenblick da» scemsche Interesse zu erobern. die Truppen bi» auf eiuige die Stadt jetzt wieder verlasse«. Hier eiugegavqeneu Nachrichten zufolge ist da» Dorf Oakville (Indiana) durch eiueu Orkan zerstört wordeu. S Personen find hierbei um» Leben ge- kommen, SO verwundet worden. Washington, Mittwoch, 2. April, Abend». (W. T. B.) Da» Repräsentantenhaus erledigte heute die Vorlage, betreffend die Einziehung und Umpräguug der TradedollarS. DreSdru, 3. April. Das neue italienische Ministerium hat sich nunmehr consütuirt und wird sich heute dem Parla ment vorstellen. Die Minister Depretis, Mancini, Magliani, Genala und Ferrero behalten ihre bisher innegehabten Portefeuilles des Innern, des Aeußern, der Finanzen, der öffentlichen Bauten und deS Krie ges. Brin wurde Marineminister, was er schon früher war, Coppino übernahm das Unterrichtsportefeuille, das er ebenfalls schon ein Mal inne hatte, während Grimaldi das Ministerium für Ackerbau und Handel und Ferraccini das Justizministerium übertragen wor den ist. In der Hauptsache bleibt also das Cabinet seinem eigentlichen Charakter nach unverändert. Die sen Charakter geben ihm Depretis und Mancini. Außerdem ist eS von Bedeutung, daß der tüchtige Fi nanzminister Magliani seinen Posten behält. Das neue Cabinet wird von allen Blättern ohne Unter schied der Parteien mit großer Gleichgiltigkeit ausge nommen. Auch die „Opinione" verhält sich über aus kühl. Sie meint, wenn dies Cabinet 2 Monate früher gebildet worden wäre, so hätte man es viel leicht mit Genugthuung begrüßt; jetzt müsse man erst abwarten, in welcher Art es sich bei der Kammer ein führen werde, ehe man ein Urtheil fällen könne. Die „Opinione" betont des Weitern die Nothwendigkeit einer kräftigen Partei. Auf den ersten mißlungenen Ver such hinweisend, sagt sie, Depretis werde nicht- erreichen, wenn er nicht alle Elemente, die ihn gestützt haben, zusammenfasse. Seine Freunde müßten alle gleich berechtigt sein. Nachdem der zur Rechten gehörende General Bartols Viale bis unmittelbar vor der Con- stituirung des neuen Cabinets als Kriegsminister in demselben bezeichnet worden war, ist diese Bemerkung verständlich genug. Da Coppino, der, ein entschiedener Gegner des Baccelli'schen Universitätsgesetzes, das Unterrichtsministerium übernommen hat und dessen Befähigung zum Kammerpräsidenten von vornherein stark bezweifelt wurde, nicht mehr in letzter Beziehung in Frage kommt, so wird es noch eine wichtige Auf gabe für Depretis sein, dazu den rechten Mann zu finden und sich über ihn mit der Mehrheit zu ver ständigen. Für den Vorsitz der Kammer sind die Namen von drei Candidaten im Umlauf, nämlich jene von Biancheri, Mordini und La Porta. Das Cabi net neigt am Meisten zu Mordini, welcher im Cen trum sitzt und dessen Wahl gewissermaßen ein Zuge- ständniß an letzteres ist, weil dem Centrum kein Mi nisterportefeuille zufiel. Die Frage ist übrigens nicht ohne Schwierigkeit, weil die südlichen Elemente in der Majorität eine starke Propaganda für den Sicilianer La Porta machen, welcher seit längerer Zeit schon Vorsitzender deS permanenten Finanzausschusses ist. Diese Eifersucht ist allerdings kein gutes Zeichen für das Zusammenhalten der Mehrheit. Gleich nachdem das neue Cabinet sich der Kammer vorgestellt hat, wird dasselbe, wie verlautet, die Schöpfung von zwei neuen Ministerien beantragen, nämlich diejenige eines Ministeriums des Staats schatzes, welches dem Namen nach schon besteht, aber bisher immer gleichzeitig von dem Finanzminister ver- Zu dieser Thätigkeit vereinigte man sich mit sicherer Fühlung und gutem Gesammtgeist: Hr. v. d. Osten als Gneisenau, Hr. Jaffe als Rector Zipfel, Hr. Dettmer als Schill'scher Offizier, Hr. MatkowSky als Repräsentant der damals so zahlreichen unpatrio tischen Napoleonsanbeter, Hr. Swoboda in der Partie eines alten Invaliden aus Friedrich s des Großen Zeit trugen zu jener Lebendigkeit nach Kräften bei, während Frl. Berg in der alten Wittwe Blank die Gemüthsseite der Frauennatur in den verzweiflungs vollen Schreckenstagen des belagerten Colberg warm zum Ausdruck brachte. Auch die Partie ihrer Tochter Rosa, auf welche die Dichtersreiheit zum Theil die diplomatischen Thaten Schill's übertragen hat, wurde von Frl. Breier innerhalb der etwas schweren und schleppenden Art ihrer melancholischen Rede mit er sichtlichem Streben vorgeführt. Von ganz vorzüglichem Werth war aber die Aus führung der einzigen vollkommen dankbaren Partie des Schauspiels, die deS Joachim Nettelbeck durch Hrn. Porth. Sie könnte ebenso berechtigt die Titelrolle sein und da» Stück „Nettelbeck in Colberg" heißen. Man fühlte dieser fesselnden Leistung ein gründliches Studium an. Der fleißige Künstler hatte darin all' seine gesunde Kraft und derbe Gradheit für die Cha rakteristik des tüchtigen, vaterlandstreuen Bürgerthums zur Entwickelung gebracht. Die äußere Haltung, die einfache, markige Rede, die unermüdliche Jugendfrische in der täuschenden Maske des Alters schlossen diese Darstellung den besten Gestalten deS Hrn. Porth in diesem Genre an. Sie erhielt das mittelpunktliche Interesse des Stückes lebendig und rief wiederholt den Beifall de- Publicum- hervor. waltet wurde, und diejenige eines Ministeriums für Post und Telegraphen, welche jetzt dem Minister der öffentlichen Arbeiten unterstellt sind, aber bei der großen Ausdehnung, welche das italienische Eisenbahnwesen gewonnen hat, eine besondere Verwaltung erfordern. Eine weitere bedeutsame Neuerung bezweckt Depretis durch die Erhebung der bisherigen Generalsekretäre zu wirklichen Unterstaatssecretären nach englischem Muster. Dieser Gedanke wurde von der Presse aller Parteien sehr günstig ausgenommen. Bis jetzt waren die Generalsecretäre nicht viel mehr, als Figuranten. Sie machten bisher nominell einen integrirenden Theil des Ministeriums aus, fielen mit demselben und mußten bei jedem Cabinetswechsel vom Ministerrathe aus den Deputirten neu ernannt werden. Dieselben sind keine Beamten im eigentlichen Sinne des Wortes, sondern eine Art von Viceminister, welche aus dem Parlament und nicht aus der Beamtenwelt hervorgehen. Diese Institution der Generalsecretäre hat sich aber in dem Laufe deS italienischen Parlamentslebens als unzu reichend und unpraktisch erwiesen. Dieselben erschienen in der Kammer nie am Ministertische und konnten ministerielle Vorlagen nur ausnahmsweise in der Ab wesenheit des Ressortministers auf besonder« Beschluß deS Ministerrathes vertheidigen. Andererseits war ihre parlamentarische Thätigkeit als Deputirte durch ihre officielle Stellung zum Ministerium vollständig gelähmt. In den Ministerien selbst waren sie eigent lich das fünfte Rad am Wagen, weil sie als nicht ge schulte Beamte häufig den Divisionschess alle Arbeit und Verantwortlichkeit überlassen mußten, so daß sich ihre eigentliche Attribution auf ihre vertretende Unter schrift deS Ministers beschränkte. So wurde denn das Amt des Generalsecretärs schließlich zu einer Sinecure für Parteifreunde, welche dem Cabinet nützlich gewesen waren, als es sich darum handelte, dasselbe an das Ruder zu bringen. Diesem Zustande will Depretis mit Recht ein Ende machen. Er beabsichtigt, die nichts sagende Stellung der Generalsecretäre in jene wirk licher Unterstaatssecretäre nach englischem Muster um zuwandeln. Ob dieselben stimmberechtigt sein sollen im Ministerrathe, darüber verlautet noch nichts. Da gegen sollen sie künftig die Minister in allen Fragen von untergeordneter Bedeutung im Parlament vom Ministertische aus vertreten können und in der Ver waltung der einzelnen Ministerien selbst die Functionen wirklicher Viceminister ausüben. Dieser Umstand zwingt natürlich jedes Cabinet in Zukunft, nicht nur Partei männer, sondern auch geschickte und bewährte Männer statt der bisherigen Figuranten mit der Würde und dem Amte eines wirklichen Unterstaatssecretärs zu betrauen. Es liegt deshalb auch in der Absicht von Depretis, sofort, ehe er noch vor die Kammer tritt, mit seinen neuen College« die Ernennungen der Unter staatssecretäre vorzunehmen. Ob ihm das jedoch bei der Kürze der Zeit möglich sein wird, erscheint zweifel haft, so wünschenswerth diese Neuerung ist, weil sie namentlich die Minister von der täglich 5 stündigen Anwesenheit im Parlament frei macht, so daß sie sich der Verwaltung selbst mehr widmen können. Lagesgeschichte. Dresden, 3. April. Se. Majestät der König hat heute Mittag die Ausstellung deS Kunstvereins auf der Brühl'schen Terrasse besucht und sodann die ebendaselbst ausgestellten Arbeiten der Schüler der Kunstakademie in Augenschein genommen. * Berlin, 2. März. Se. Majestät der Kaiser hat, wie die „Nat.-Ztg." erfährt, auch den heutigen Tag zu seiner größern Schonung im Bette verbracht. Sein Zustand ist jedoch derart günstig, daß es ihm Nettelbeck, der 1738 in Colberg als Sohn eines Brauers geboren war und in seinen Mannesjahren als verwegener Schiffscapitän alle Meere befahren hatte, gelangte in seinem 69. Jahre bei der Belage rung seiner Vaterstadt durch die Franzosen (1807) zu besonderm Ruhm. Geachtet bei allen Bürgern wirkte er als Freund Schill's bei der Vertheidigung mit, in einer Zeit der tiefsten Erniedrigung Deutschlands, in welcher es den einzelnen patriotischen Heldennaturen darauf ankam, durch Großthaten den Muth der Massen wieder zu beleben. Er hat sich bei den einfachen Verhält nissen jener Vertheidigung, die sich bis zu dem traurigen Tilsiter Frieden unter Gneisenau fortsetzte, in der Um gebung Nettelbeck's kein romantischer oder dramatischer Knoten geschürzt. Auch Heyse versuchte es nicht, einen solchen zu schaffen; er begnügte sich gleichsam mit einer Dramatisirung der Tagesgeschichte. In dieser Be ziehung hat das Stück wie die alte schlecht gehaltene Festung Colberg solche Schwächen und Blößen, daß in ihnen eine agressive Kritik eine zu bequeme Bresche finden würde. Statt dessen möchte ich lieber den Blick der Leser auf die nachfolgende Darstellung lenken. Der wackere Nettelbeck hat diesen Zeitspiegel gleichsam eigenhändig geschrieben und man wird selbst ganz zwangSlos be- urtheilen können, ob und wie ihn Heyse mit Gluck auszunützen verstand. Otto Banck. Joachim Nettelbeck und Gneisenau in Colberg. Um im Interesse unser- Theater- und seines neuesten sorgsam erworbenen Gewinnes, des Schau ermöglicht war, sich eingehend mit der Durchsicht von Aktenstücken und Depeschen zu beschäftigen. — Zu den Vorlagen, welche dem Bundesrath zugegangen sind, gehört der Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Verpflichtung der Privateisenbahnen zur Her stellung von Anlagen im Interesse der Landesverf- theidigung. Der Entwurf, welcher 14 Paragraphen umfaßt, lautet in dem ersten grundlegenden Para graphen: 8 1. Jede Privateisenbahn ist verpflichtet, diejenigen Aenderungen und Erweiterungen ihrer für den öffentlichen Berkehr bestimmten Anlagen vorzunehmen, welche im Interesse der LandeSvertheidigung rrsordert werden. Die» gilt insbeson dere für die Vermehrung der Gleise aus Bahnhöfen und aus der sreien Strecke, sür die Anlage von Rampen, Wasserstationen und BerbindungSgleilen zwischen verschiedenen Bahnstrecken. Die Umwandlung einer schmalspurigen Eisenbahn in eine nor malspurige kann aus Grund diese« Gesetze« nicht gefordert werden. In der Begründung heißt es: Der Entwurf bezweckt, dem Reiche die.Mittel zu gewähren, um auch gegen den Willen des Verfügungsberechtigten den im Interesse der LandeSvertheidigung etwa nolhwendigen Ausbau von Privateisenbahnen unverweilt zu bewirken. Line Herstel lung der Anlagen durch Organe des Reiches wird schon wegen der damit unvermeidlich verknüpften störenden Eingriffe in den Betrieb der Bahn und wegen der Schwierigkeit einer ange messenen Regelung der Eigenthumsverhältnisse als ausgeschlossen zu betrachten sein. Demgemäß legt der Entwurf d^i Privat- eiscnbahnen die Beipflichtung auf, die erforderlichen Aende rungen und Erweiterungen ihrer Anlagen selbst vorzunehmen Ferner unterliegen nach der Absicht deS Gesetzentwurf« den Bor schristen desselben solche Neuanlagen nicht, welche sich ihrem Wesen nach als neue oder besondere Eisenbahnunternehmungen darstellen, wie beispielsweise der vollständige Ausbau einer Stich bahn bis zum Anschluß an andere bestehende Eisenbahnlinien. Um etwaigen Zweiseln vorzubeugen, ist eS zweckmäßig erschienen, einige Fälle, auf welche das Gesetz Anwendund finden soll, be sonder- zu erwähnen, und andererseits ausdrücklich auszusprechen, daß die Umwandlung einer schmalspurigen Eisenbahn in eine normalspurige auf Grund deS 8 l nicht gefordert werden kann. Denn eine Neugestaltung letztgedachtcr Art verändert den Cha rakter des bisherigen Unternehmens so vollständig, daß erfor derlichen Falls die Bahn von dem Reiche auf Grund der Be stimmung im Art. 41 der ReichSversassung zu übernehmen sein wird Die Entscheidung darüber, ob und in wie weit im ein zelnen Falle das Interesse der LandeSvertheidigung die Aende» rung oder Erweiterung der Anlagen einer Privateisenbahn er fordert, kann, da eS sich einerseits um rein militärische Fragen, andererseits aber um einen durch da« öffentliche Interesse ge botenen, unter Umständen erheblichen Eingriff in Privatrechte handelt, allein dem Kaiser zustehen — In der Unfallverficherungscommission des Reichstags kam gestern zunächst ein Antrag auf facultative Versicherung der land- und forstwirthschaft- lichen Arbeiter zur Sprache. Derselbe wurde mit Stimmengleichheit abgelehnt. Die 88 2 und 3 des Gesetzes wurden mit unwesentlichen Abänderungen im Sinne der Regierungsvorlage genehmigt. Der 8 4, welcher die Reichs-, Staats und Communalbeamten, sofern sie Pensionsberechtigung haben, von der Ver sicherungspflicht befreit, wurde abgelehnt und ein An trag des Frhrn. v. Hammerstein angenommen, welcher lautet: .Die auS Reichs- und Laude-gesetzen oder Anstellungs- Verträgen sich ergebenden Pensionsansprüche der Beamten, welche in Betriebsverwaltungen deS Reiche-, eines Bundes staates oder eines Communalverbandes mit festem Gehalte und Pensionsberechtigung angestellt sind, werden durch diese- Gesetz nicht berührt Soweit auf Grund solcher Gesetze oder Verträge den bezeichneten Beamten Pensionen in Fällen gewährt sind, in denen den Beamten nach Maßgabe diese- Gesetzes ein Ent schädigungsanspruch zusieht, geht der letztere bis zum Betrage der gezahlten Pension aus das Reich, den Staat, den Cow- munalverband über ' Der Vertreter der verbündeten Regierungen er klärte sich im Princip hiermit einverstanden. In der heutigen Sitzung war der Beschluß zu 8 5 von Be deutung, daß die Krankencassen nicht l3 Wochen, son dern nur 4 Wochen von Eintritt des Unfalls an den Verletzten sollen zu unterstützen haben. Vom Beginne der 5. Woche ab hat die Unfallcasse sowohl die Kosten für das Heilverfahren, wie die Rente zu tragen. Fer- spiels „Colberg", auf die historischen Vorgänge einer denkwürdigen Zeit zurückzugreifen, sei hier einiges aus der Selbstbiographie des tapfern Patrioten Nettelbeck wieder flüssig gemacht. Ich wähle drei Scenenfchil- derungen aus, welche den alten Commandanten, den Rathhausbrand und das Ende der Belagerung charak- terisiren. Am 5 April, sagt Nettelbeck, machten uns die französischen Granaten von Zeit zu Zeit unangenehme Besuche, als ich mich mit 100 und mehr Menschen auf dem Markte befand, wo der Commandant, der Oberst Loucadou, den Bürgern seine Befehle austheilte, die mir als der Sache sehr wenig angemessen erschie nen. So hatte er geboten, daß alle Hausdächer hoch mit Dünger belegt werden sollten, um das Durch schlagen der Bomben zu verhüten; ebenso, daß über all das Straßenpflaster aufgerissen werden sollte, um gleichfalls jene Art des Geschosses unschädlicher zu machen. Nun habe ich zum Unglück eine Gattung von schlichtem Menschenverstand, die zu keiner Absurdität, in welcherlei Munde sie sich auch mag hören lassen, gutwillig schweigen kann. Ich war auch hier so vor witzig- gegen ihn meinen doppelten Zweifel zu äußern; — einmal, ob der anbefohlene Dünger auf unseren Dächern, die durchgängig eine Neigung von mehr als 45 Grad hätten, wohl lange haften dürfte; und dann, ob die Granaten auch wohl vor solcherlei bedeckten Dächern nach deren bekannter leichter Construction sonderlichen Respect beweisen möchten. Auf gleiche Weise brachte ich ihm in Erinnerung, daß die Stadt ehedem zu dreien Malen und zwar heftig genug mit Bomben geängstigt worden, ohne daß man gleichwohl für nöthig befunden hätte, das Pflaster zu rühren
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