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sein Tod sei ein große« Unglück. — Die „Liberta" sagt, er sei dahingeschieden, während das Land wieder seine Blicke auf ihn gerichtet hatte. — Die „Tri buna" schreibt, die Todesnachricht sei schrecklich; denn Sella hätte durch seine Kraft und sein Talent dem Baterlande noch große Dienste leisten können. Sie preist seine Energie, seine mächtige Liebe für Rom, für welches er mehr gethan habe, als alle seine Col- legen, sein Finanztalent, welches Italien die größte Schmach ersparte. Seit 3 Jahren hielt er sich fern von der Politik; allein das ist sein Ruhmestitel, denn er weigerte sich, einen Weg zu gehen, den ein Anderer sorglos betreten, der damit über das Land die trau rigsten Zustände heraufbeschworen hätte. — In der Depu- tirtenkammer war am l5. d. zur Gedenkfeier Sella's die Präsidententribüne schwarz umflort. Die Tribünen für das Publicum, die Diplomaten- und Senatoren- logen waren vollgepropft. Die Minister waren mit Ausnahme von Depretis vollzählig erschienen. Der Vicepräsident Spantigati begann unter feierlicher Stille: „ES giebt Männer, deren Unsterblichkeit beginnt, wenn sie vom Leben scheiden, das sind solche, denen da- Vaterland ent weder die Freiheit oder dre Errettung von großem Unglück ver dankt. Quintino Sella war einer dieser Männer Kaum aus der Schule getreten, war er ein Meister. Kaum in die Kam mer getreten, war er ein Staatsmann; kaum Minister gewor den, rettete er die StaatSfinanzen und Italiens Ehre. Er ver band mit der Religion der Wissenschaft die Religion deS Vater landes Niemand machte sich verdienter, als er um das Schicksal der arbeitenden Classen, welche er erziehen und zu sich empor heben wollte. Als Staatsmann, als Gelehrter, als Verwalter, wohin immer er seine Hand und seine Gedanken lenkte, ließ er ein Andenken, eine Lehre, ein Gesühl der Liebe zurück. Er war ein glücklicher Mann, denn ihm war es beschieden, Italiens Einheit mit der Rückgabe Roms an uns Alle zu be siegeln. Welches Unglück aber ist sein Tod sür Italien! Alle beweinen ihn, vom Könige bis zum letzten Bürger!' Von allen übrigen rein apologetischen Reden ver dient nur jene Crispi's hervorgehoben zu werden, welcher sagte: Sella's Gedanken waren stets auf die Bekämpfung jenes Feindes gerichtet gewesen, dessen Kraft auch jetzt noch eine offene Wunde in Italiens Herzen ist. EriSpi beantragte, Sella's Reden auf Kammerkosten drucken zu lassen. Das Kammerbureau beantragte die Suspension der Sitzungen bis nach dem Leichenbegängnisse und die Drapirung des Minister tisches mit Trauerflor durch 14 Tage, die Absendung einer Deputation nach Sella's Grabe, um einen ehernen Kranz auf dasselbe zu legen, und die Aufstellung feiner Büste in der Vorhalle des Kämmergebäudes. Die Regierung beantragte, ihm im Hofe der Akademie der Wissenschaften ein Denkmal zu errichten, und be stimmt hierzu 100 000 Lire. Alle Anträge wurden angenommen; doch beschloß die Kammer auf Antrag Baccarini's, daß das Monument auf der Straße er richtet werden soll, durch welche das neue Italien in Rom eingezogen ist, auf der Straße, welche vor der Burg der savoyischen Könige endet und in der auch das neue Finanzministerium steht, welches Sella die Basis der nationalen Einheit genannt hat. Das Denkmal, sagte Baccarini, möge Diejenigen, welche all jährlich zur Porta Pia ziehen, um die dort gefallenen Soldaten zu ehren, an die Größe und die Schwierig keiten vergangener Zeiten erinnern. Crispi fand Baccarini's Antrag gefährlich; man müsse zwischen Sella als Staatsmann und Sella als Feind des Vaticans, den er durch die Wissenschaft besiegen wollte, unterscheiden. Als Staatsmann könne er ihn nicht eines Denkmals würdig halten. Baccarini's Antrag rufe einen Zwiespalt hervor; er fei demgemäß weder ehrlich, noch patriotisch. Crispi verließ während der geheimen Abstimmung über den Antrag Baccarini mit der äußersten Linken und seinen Freunden den Saal und machte die Kammer beschlußunfähig. Da Nicotera und Cairoli für Baccarini stimmten, suchen die pentarchistischen Blätter den Zwischenfall zu ver tuschen und auf ein Mißverständniß zurückzuführen mit dem naheliegenden Hintergedanken, dadurch dem Ausscheiden Crispi's ans der Pentarchie vorzubengen. Noch trauriger, als der Umstand, daß die politische Verbitterung selbst die Gedächtnißseier des hervor ragenden Staatsmannes in den Kammern störte, ist allerdings die Thatsache, daß das Parteigezänk sofort verstummt, wenn sich eine Gelegenheit bietet, dem ge meinsamen Hasse gegen den päpstlichen Stuhl und die römisch-katholische Kirche Ausdruck zu verleihen. Der religiöse Standpunkt ter sogenannten Gemäßigten konnte nicht eindringlicher präcisirt werden, als durch die Aeußerung des wüsten Lulturkämpfers Crispi, welcher an Sella, dem Führer der erwähnten Partei, be sonders „die Bekämpfung jenes Feindes, dessen Kraft auch jetzt noch eine offene Wunde im Herzen Italiens" sei, rühmte. Layesgeschichte Dresden, 19. März. Beide Kammern traten heute zu Sitzungen zusammen. Die Erste Kammer er ledigte den größten Theil der Differenzen, welche zwischen den Beschlüssen beider Kammern über den Gesetzentwurf, betreffend die Zwangsversteigerung und die Zwangsvermaltung unbeweglicher Sachen, und den Entwurf eines dazu gehörigen Kostengesetzes sich herausgestellt haben, durch Beitritt zu den jenseitigen Beschlüssen und beschloß auf Antrag ihrer 2. Depu tation, sämmtliche Petitionen um Erbauung von Eisen bahnen rc. der Staatsregierung zur Kenntnißnahme zu überweisen. In ihrer heutigen Sitzung nahm die Zweite Kammer den Bericht über die Resultate des Ver einigungsverfahrens bezüglich mehrerer Differenzpunkte in den Beschlüssen beider Kammern entgegen, wobei hervorzuheben ist, daß sie mit Bezug auf den Anttag des Abg. Starke, das Polytechnikum zu Dresden den Studirenden der Pharmacie zu eröffnen, auf ihrem frühern Beschlusse stehen blieb, den Antrag des Abg. Müller (Freiberg), die Petition der städtischen Collegien in Freiberg, einen erhöhten Zuschuß aus Staatsmitteln für die Realschule 1. Ordnung daselbst zu gewähren, der königl. Staatsregierung zur Er wägung zu überweisen, aber in Uebereinstimmung mit dem Beschlusse der Ersten Kammer gegen 18 Stimmen ablehnte und endlich auch wegen des Neubaues des amtshauptmannschaftlichen Gebäudes in Meißen bei ihrem Beschlusse vom 23. vor. Mts. stehen blieb. So dann nahm sie mit einigen unwesentlichen Aenderungen den Gesetzentwurf, die Befugniß zur Ausschließung säumiger Abgabenpflichtiger von öffentlichen Ver gnügungsorten betreffend (Referent: Abg. l)r. Schill), an, lehnte dagegen zur Zeit die eingestellte Rate von 250 000 M. zum Um- eventuell Neubau der Landes schule in Grimma ab, bewilligte aber ein Berechnungs geld von lOOOO M. zu den erforderlichen Vorarbeiten und beantragte bei der königl. Staatsregierung, der nächsten Ständeversammlung über den in Aussicht ge nommenen Neubau der Landesschule Grimma eine Vorlage zugehen zu lassen «Referent: Abg. Uhlemann sGörlitzj-. Ferner faßte die Kämmer bei den im königl Decrete, den Stand wegen Verunreinigung fließender Oiewässer veranstalteten Erörterungen betreffend (Re ferent: Abg. Ullrich; Correferent: Abg. v. Römer), enthaltenen Mittheilungen Beruhigung und stimmte einstimmig dem Anträge des Abg. Müller «Colditz) bei, welcher im Auftrage des Abtheilungsvorsitzenden Bericht über die bei den Wahlen zum Landtage vor gekommenen Unregelmäßigkeiten erstattete. Der An trag lautete: Die Kämmer wolle zu Protokoll den Wunsch aussprechen: daß die königl. StaalSregierung die Wahlcommissare anweise, nach Schluß der Wahlen zum Landtage die Wahlacten nach der Richtung hin einer Prüfung zu unterziehen, ob den ge setzlichen Vorschriften allenthalben genau nachgcgangen wor den sei, und die etwa wahrgenommenen Unregelmäßigkeiten zu den Acten zu bemerken. Schließlich ließ die Kammer nach kurzer Debatte die Petition der sächsischen Markscheider um Zulassung zu den Staatspensionscassen auf sich beruhen. (Refe rent: Abg. Georgi.) * Berlin, 18. März. Die vereinigten Ausschüsse des Bundesrat Hs für Handel und Verkehr und für Justizwcsen traten heute zu einer Sitzung zusammen. — Im Reichstage wurde heute die Mehr- resp. Nachtragsforderung für Zwecke der deutschen Flotte berathen, und erfreulich war es, nach den bisweilen recht heißen parlamentarischen Kämpfen der letzten Zeit wahrzunehmen, wie dem Lieblingskinde der neu ge einigten deutschen Nation, der deutschen Flotte, gegen über alle principiellen Gegensätze schwiegen: der ge forderte 19-Mlllionencredit wurde an sich nicht be stritten, die Vorlage in die Budgetcommission verwiesen. An der kurzen Debatte betheiligten sich vom Buudes- rathstische der Chef der kaiserl. Admiralität General lieutenant v. Caprivi und Staatssekretär im Reichs schatzamte v. Burchard, aus dem Hause die Abgg. Rickert, v. Benda, Graf v. Holstein u. A. Die da rauf folgende erste Berathung eines Gesetzes, betreffend die Anfertigung und Verzollung von Zündhölzern, wurde noch zu Ende geführt, die zweite dagegen, welche auch im Plenum erfolgen wird, bis zu einer spätem Sitzung ausgesetzt. (Vgl. den Sitzungsbericht in der erste Beilage). Im Hinblick auf die speciellen Angaben einzelner Blätter über die Stellung des Centrums zum Anträge auf Verlängerung des Socialistengesetzes kann versichert werden, daß der Verlängerungsantrag m der Centrums fraction noch gar nicht zur Berathung gelangt ist. — Die Sleuercommission des Abgeordnetenhauses nahm bezüglich der Steuerscala den Antrag Rauch haupt und Hänel an, demzufolge nur Einkommen unter 900M. steuerfrei sind; bei Einkommen von 900 bis 100k) M. beträgt der Steuersatz 4 M., bei 1000 bis 1100 6 M. u. s. w. — Wie die „Nat.-Ztg." vernimmt, hat die Einschätzung zur classificirten Einkommensteuer für das nächste Jahr in Berlin ein sehr günstiges Resultat ergeben. Während in den drei letzten Jahren die Zahl der Steuerpflichtigen nur um 603,1002 und 715 gegen das Vorjahr gestiegen ist, ist sie diesmal um nicht weniger als 25 l 9 gestiegen, was jedenfalls größten- theils auf Rechnung der Besserung der Lage der Ge werbtreibenden kommt. Im ähnlichen Verhältnisse hat auch das Steuersoll zugenommen, es ist in den drei letzten Jahren um 254000, 274000 und 356000 M. gewachsen, jetzt aber um mehr als das Doppelte, näm lich um 745000 M. Die Gesammteinschätzung betrug pro 1884/85 bei 30 039 Steuerpflichtigen nicht weni ger als 8194374 M. — Der Berliner Verein für Feuerbestattung hatte unterm 31. October vor. Js. eine Eingabe an das preußische Staatsministerium ge richtet, m welcher nach einer Schilderung der Aus breitung der Feuerbestattung in anderen Staaten, be- sönders in Italien, die Anfrage gestellt wurde, ob die Bestrebungen für die Einführung der fakultativen Feuerbestattung in Preußen auf Berücksichtigung seilen des preußischen Staatsministeriums rechnen dürfen, oder ob der praktischen Durchführung dieser Idee principielle Bedenken entgegenstehen Die unterm 8. Februar erfolgte Antwort des preußischen Staats ministeriums lautet (nach der „Flamme"), wie folgt: Dem Vorstande erwidern wir aus die Vorstellung vom 31. October vor. I. bei Wiederanschluß der Anlagen, daß wir die von unseren Herren Amtsvorgängern in dem Erlaße an den damaligen Bereinsvorsitzenden vom 15. März 1875 gegen die Feuerbestattung hervorgchobenen Momente auch jetzt noch sür zutreffend und durchgreifend erachten und uns demgemäß nicht veranlaßt fühlen können, Ihrem Gesuche weitere Folge zu geben Der Minister de» Innern v Putt kam er. Der Minister der geistlichen, Unterrichts- und Medicinalangelegen heiten. v. Goßler. Das „Organ zur Förderung der Feuerbestattung im In- und Auslande", die „Flamme", verkündet die Absicht, „zur Klärung der gesetzlichen Lage des Be stattungswesens in Preußen" die Frage der Feuer bestattung nunmehr vor das Abgeordnetenhaus zu bringen. — Der in Posen erscheinende „Kuryer Poz- nanski" bringt ganz bestimmt die Nachricht aus dem Vatikan, daß der Cardinal Ledochowski am 1 April den Vatikan verläßt und in das Palais Antici Mattei übersiedelt. Das Ledochowski'sche Organ behauptet, daß wohl die preußische Regierung dem päpstlichen Stuhle vorher die Zusicherung gegeben haben muß, den Cardinal wegen der in Preußen über ihn ver hängten Strafen unbehelligt zu lassen. — Das „Po sener Tageblatt" meldet, daß man in Posener ein geweihten Kreisen den als Coadjutor seit Wochen für die Erzdiöcefe Posen-Gnefen in Aussicht genom menen Prälaten Likowski, Regens des hiesigen Priesterseminars, jetzt als den neuen Erzbischof be zeichnet. * Müncben, 18. März. Von der Kammer der Reichsräthe wurde heute der von der Abgeordneten kammer gefaßte Beschluß, betreffend die Aushebung des Notariats, abgelehnt. Mehrere kleinere Etats wurden erledigt. Die Vorlage über die Forterhebung des Malzaufschlags wurde nach dem von der Abgeord netenkammer gefaßten Beschluß genehmigt. — In der heutigen Sitzung der Kammer der Abgeordneten wurde vom Abg. Or Frankenburger über den Etat der Militärverwaltung Bayerns für das Etats jahr 1884/85 referirt. Zum Postulat der Natural verpflegung bringt Abg Baron Soden in Anregung daß die Militärver waltung den Versuch machen solle, von jeder Submission bei landwirrhschaftlichcn Productcn abzusehen und zum sreien An kauf zurückzukehren, damit die ausländische Production fern gehalten und der kleine Landmann bei der Deckung der Be- dürsnisse der Armee berücksichtigt werden könne. Zugleich an erkannte aber Redner, daß der Kriegsminister bereits das Bestreben der Berücksichtigung der inländischen Production ge zeigt habe. Der Kriegsminister General v. Maillinger erklärte, den Wünschen des Vorredners soweit als möglich entgegenzu kommen, und nahm übrigens aus die gegenwärtig im General- comitö des landwirthschastlichen Vereins hinsichtlich des Sub- missionswesens stattfindenden Berathungen Bezug Das Postulat wird sodann genehmigt. Längere Discussion veranlaßten bei dem Postulat „Militär- erziehungs- und Bildungswesen", die in einem Theile der Presse hinsichtlich des Lehrerpersonals und des Unterrichts am Cadettencorps erhobenen Angriffe. Krieasminister General v. Maillinger: Im Lehrcr- rathe deS Cadettencorps sind unter 17 Lehrern 8 Katholiken, von 1» Offizieren, den Erziehern, 10 katholisch, desgleichen der Lommandeur de» Cadettencorps und der Inspektor der Mui- tärdildungSanstalten Katholiken. Dasselbe zählt unter l8« Zöglingen «2 Protestanten. Der Geschichtsunterricht wird au« den Werken zweier katholischen Geschichtsschreiber vorgetragen und dayerscher Geschichtsunterricht nicht nur in den untern, sondern auch in den oberen Classen. Redner legt des Weitern die Grundlosigkeit der Verdächtigungen gegen die 2 Gejchlchl«- lehrer und beziehentlich die 3 der Verbindung „Bubenruthia' angehörigen Lehrer dar. ES seien lediglich Verdächtigungen von unverkennbarer Tendenz erhoben worden. Die „Vubcn- ruthia" aber sei nach Mittheilung von hochachtbarer Seite schon längst leine politische Partei mehr, und Redner selbst kenne hochachtbare Männer in Bayern, die jener Verbindung nicht angehören würden und nicht angehören dürsten, wenn dort eine Tendenz herrschte, die sich sür einen Bayern nicht ziemt. Die Persönlichkeiten der Lommandeure des Cadelten- corpS und ihrer Vorgesetzten allein seien schon Bürgschaft ge nug dasür, daß di» Zöglinge deS Cadettencorps in keinem an dern Geiste erzogen werden, als in dem, in welchem sie in Bayern erzogen werden sollen. Abg. 1)r. Marquards»n verwies zur Kennzeichnung der Behauptungen bezüglich dec „ Bubenruthia" unter Heiterkeu des HauseS darauf, daß auch der frühere Präsident des Ober- consistoriumS, v. Harleh, Bubenreuther war. Der Referent Or. Frankenburger bemerkte, alle An griffe gegen das Cadettencorps würden einfach illusorisch durch den Blick aus unsere Offiziere, die an Loyalität wahrlich nicht» zu wünschen übrig ließen. Das Haus ertheilt dann den sämmtlichen Positionen des Etats nach Ausfchußantrag Zustimmung. Zu Cap. 31 „Milttärinvalidenpension" stellten die Abgg. Or. Groß und Hahn folgenden Antrag: „Die Kammer wolle beschließen Es sei an Se. Majestät den König die allerehrsurchlSvollste Bitte zu stellen, Aller Höchstdielelben wollen Ihren Bevollmächtigten im BundeS- rathe beauftragen (aus Veranlassung der zahlreichen Petitionen ehemaliger bayerjcher Miliiärpersonen welche im Kriege eine eist nach dem Präclusivtermine hervorgetretene Dienstbeschä digung erlitten haben), dahin zu wirken, d ß s lchen Per sonen, welche den Termm zur Anmeldung ihrer Pension»- ansprüche versäumt, oder bei welchen die Wirkungen einer im Kriege erlittenen äußern oder innern Dienstbeschädigung erst später hervorgetreten sind und Erwerbsunfähigkeit oder Erwerbsdeschränltheit erzeugt Halen, ebenfalls Pensions ansprüche gewährt werden.' Nach der Motivirung durch den Abg. Groß er klärte der Kriegsminister v. Maillinger: Der Gegenstand fei bereit» von Seiten der bayerschen Ministerien in Würdigung gezogen, entspreche der Absicht Sr. Majestät des Königs, und es könne kein Zweifel sein, welche Stellung Bayern im Bun- desrathe bei der demnächst sich bietenden Gelegenheit in dieser Sache einnehmen wird. Nachdem noch die Abgg. Kahn und vi Frank den Antrag befürwortet hatten, wurde derselbe in der auf Wunsch des Kriegsministers modificirten Fassung, daß die Motivirung des Antrags himvegblieb, einstimmig zum Beschlusse erhoben und der zum Etat gehörige Gesetzentwurf einstimmig angenommen. Karlsruhe, 18. März. (Frkf. Ztg.) Die Erste Kammer lehnte heute einstimmig die strafgerichtliche Verfolgung des „Badischen Landesboten", der einen „närrischen" Kammerbericht gebracht hatte, ab. — Lie Zweite Kammer bewilligte 160000 M. als erste Rate für die 18 ><6 statlfindende Jubiläumsfeier des 500jährigen Bestehens der Heidelberger Universität. Bei der Berathung des Budgets der Steuerverwaltung wünscht Abg. Schneider (Karlsruhe) die Besteuerung der Consumvereine. Der Finanzminister Ellstätter weist auf die dermalige Lage der Gesetzgebung hin, welche die Besteuerung ausschließe. Schneider (Mann heim) ist für die Besteuerung und bekämpft die Mili- tärconsumvereine. Nach einer Erklärung des Mini sterialdirektors Eisenlohr ist die Sachverständigencom mission wegen der Maßregeln gegen die Weiufabrika- tion für Mitte April nach Berlin einberufen. * Wien, 18. März. Zu Beginn der heutigen Sitzung des Abgeordnetenhauses theilte der Prä sident mit, daß der Abg. Dr. Schaup sein Abgeord netenmandat niedergelegt hat. Or. Schaup, welcher die Linzer Handelskammer im Reichsräthe vertrat, wurde bei der gestrigen Wahl für die Linzer Handels kammer nicht wieder gewählt. Sodann wurde die Debatte über das Unterrichtsbudget fortgesetzt. Generalredner Abg vr. Weit los beschäftigt sich mit den Universitäten und mahnt, man möge sich die Thatsache vor Augen halten, daß in kurzen Zeiträumen nach einander an 2 der hervorragendsten Universitäten 2 bedeutende Gelehrte sich veranlaßt sahen, das Ehrenamt eines RectorS niederzulegen. Im Zusammenhänge damit stehe auch, daß hervorragende, aus dem Auslande nach Oesterreich gekommene Persönlichkeiten die Hochschulen in Oesterreich verlassen hätten. Er erwähnt das dem Cardinal Fürsten Schwarzenberg wegen des Mangels an einer genügenden Anzahl deutscher Priester in Böhmen über reichte Memorandum und würde eS für das Richtigste halten, die heutige theologische Facultät mit der tschechlschen zu ver binden und an der deutschen Hochschule eine neue theologische Facultät zu errichten, während er die Errichtung utraquistischer HeranbildungSanstallen sür Theologen als durchaus nicht zweck- endlich auf den folgenden Tag wiederbestellt. Auch am folgenden Tag war er jedoch mit sich selbst offen bar noch uneins gewesen; denn ein Antwortschreiben, das Giacomo eben von ihm einaehändigt erhalten sollte hatte der junge Offizier im selben Augenblick in tausend Fetzen zerrissen, „daß es wie Schnee umher gestoben war." Am selben Abend war Giacomo in seinem Quartier benachrichtigt worden, er solle auf der Kanzlei des Lazareths einen für den Fürsten C. bestimmten Brief in Empfang nehmen und darüber quittiren. Der Offizier Michele habe sich in der sechsten Nachmittagsstunde durch einen Pistolenschuß das Leben genommen. — So der Bericht des Unheils boten Giacomo. (Fortfttzung solgt.) Die neuesten Forschungen über die Sabara. Das Rondaire - Lessep sche Project, so sagt W. Kobelt in der Kiepert'schen „Jllustt. Zeitschr f. Länder und Völkerkunde", hat die allgemeine Aufmerksamkeil wieder mehr auf die große Wüste gelenkt. Trotz Allem, was darüber geschrieben worden, erhält sich in der populären Tagesliteratur die Furcht vor einer Verwandlung der Sahara in Meer und dadurch be wirkter Wiederkehr der Eiszeit oder doch einer wesent lichen Verschlechterung unsers Klimas, und namentlich die Ansicht, daß die Wüste, wenigstens zum größern Theile, relativ frisch gehobener Meeresgrund sei. Sehr zur rechten Zeit kommt darum eine Schrift von Zittel*), die eigentlich die Einleitung zu dem großen Werke *) Di» Sahar« Ihr» Physische und geologische Beschaffen- heü Kassel, Fischer I88S. <2 Seiten über die Geologie und Paläontologie der libyschen Wüste bildet, aber auch separat erschienen ist und so mit auch Denen zugänglich wird, für welche das Haupt werk zu theuer — und zu streng wissenschaftlich ist. Zittel beschäftigt sich zunächst mit der Feststellung der Mittlern Höhe der Sahara. Seine Resultate weichen erheblich von denen anderer Forscher ab, welche, durch einzelne starke Erhebungen verführt, ge neigt waren, der Wüste eine mittlere Erhebung von 3000 Fuß und darüber zuzuschreiben. Dieselbe er scheint vielmehr, trotz einzelner Gebirgsmassen, als ein Flachland, ja sogar als ein Tiefland, dessen mittlere Erhebung nur 300 bis 400 m beträgt; sie ist in der Mitte angeschwollen und flacht sich nach den Rändern zu ab; nur kleine Randgebiete liegen in eigentlichen Depressionen. Das 1500 bis 2000 m aussteigende Bergland der Ahaggar mit dem sich südlich daran schließenden Air oder Asben scheidet die Sahara in zwei Hauptabtheilungen, die westliche, im Norden vom Atlas begrenzte und theilweise durch ihn gehobene, und die östliche mehr eigentlich wüstenartige, welche durch eine theilweise unter den Meeresspiegel hinab sinkende Depression vom Plateau von Barka geschieden wird; in ihr liegt das GebirgSland von Tibesti, an scheinend auch nur aus zerrissenen Terrassen bestehend, um welche sich aber erloschene Vulcane bis zu 2500 m Höhe gruppiren. Die landschaftliche Erscheinung der Sahara classi- ficirt Zittel ebenso wie Desor in die drei Hauptformen der Plateauwüste, der Erosionswüste und der eigent lichen Sandwüste, des Erdj oder Aredj; er fügt ihnen al- vierte Form die Gebirgswüste hinzu. Der geo- ogische Bau ist ungemein einfach; die meisten schich ten liegen horizontal, völlig ungestört. Jura, Trias und Dyas fehlen ganz. Tertiär ist nur in den Schotts und am Nordostrande in der libyschen Wüste und in Aegypten vertreten. Die Theorie einer Meeresbedeckung der ganzen Sahara in tertiärer und späterer Zeit ist somit ein für alle Mal zur Rube verwiesen; weitaus der grö ßere Theil der Sahara ist Festland seit der Grau wackenzeit, der größere Rest seit der Kreidezeit. Zwei felhaft bleibt die Angelegenheit für die Region der Schotts. Die Existenz des 6ai6ium — dessen Identi tät mit eäuls 1^. übrigens noch nicht außer allem Zweifel steht — allein erweist noch keinen Zusammen hang mit dem Mittelmeere. Das Vorkommen von ^888» gibbosula, die freilich im vorder» Mittelmeere, auch noch an der Ostküste Siciliens zu den größten Seltenheiten gehört und nur in ganz wenigen Exem plaren in den Sammlungen vorhanden ist, während sie an der syrischen Küste häufiger zu sein scheint, und von Lalanus unser bei Buchana im Suf sind aller dings beweisender. Zu lösen wäre die Frage definitiv durch Beobachtung der Landschnecken. Finden sich um Biskra und am Südabhange des Aures die charak teristischen Schnecken, welche das Mittelmeer in seinem ganzen Umfange begleiten und sich nirgends weit von der Küste entfernen, so muß noch in der recenten Epoche das Mittelmeer sich bis hierher erstreckt haben, im andern Falle war es nur eine Lagune, in welcher sich zufällig eine paar marine Formen erhielten. Letz teres ist allerdings wahrscheinlicher; denn eS läßt sich nicht begreifen, warum in einem mit dem Mittelmeere zusammenhängenden Golf sich nicht ein viel reicheres Molluskenleben entwickelt haben sollte. Ist aber die Hypothese einer frühern Meeres bedeckung der Sahara ein für alle Mal widerlegt, so häufen sich in neuerer Zeit um so mehr die Beobach tungen, welche beweisen, daß sie in noch relativ neuer Zeit ein ganz anderes Aussehen dargeboten haben muß. Ueberall finden wir da Erscheinungen nicht nur der Verwitterung, sondern auch der Erosion durch flie ßendes Wasser und zwar durch gewaltige Ströme. Auch unzählige Blitzröhren deuten auf ehemals ganz abweichende atmosphärische Verhältnisse. Höhlen mit reichen Tropfsteinbildungen, Tufflager mit Pflanzen resten in heute ganz vegetationsleeren Gebieten, das Vorkommen von Krokodilen im Ahaggargebirge, Bilder von Buckelochsen, Rindern und Elephanten an den Felswänden des Tuareglandes beweisen, daß die Sa hara ihre heutige unwirthbare Beschaffenheit erst in der zweiten Hälfte der Diluvialperiode erlangt hat, und zwar nicht nur durch locale geologische Ereignisse, sondern durch meteorologische Veränderungen allgemei ner Natur. Zittel faßt schließlich die allgemeinen Ergebnisse seiner Forschungen in 17 Sätze zusammen, von welchen wir außer den auf die geologische Formation bezüg lichen, welche in dem Vorstehenden schon enthalten sind, noch folgende anführen: Während der Diluvialzeit war die Sahara, sowie ein Theil des südlichen und östlichen MittelmeereS Festland. Die Hypothese eines diluvialen Saharameeres wird weder durch den geologischen Bau, noch durch die Oberstächenbeschaffenheit der Wüste bestätigt. Im günstigsten Falle stand die Region der tunesischcn Schotts mit dem Mittelmeere, und vielleicht auch di«