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Dresdner Journal : 20.03.1884
- Erscheinungsdatum
- 1884-03-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188403202
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18840320
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18840320
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1884
-
Monat
1884-03
- Tag 1884-03-20
-
Monat
1884-03
-
Jahr
1884
- Titel
- Dresdner Journal : 20.03.1884
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W«7 Donnerstag, den A>. MSrz. 1884. 4l»oaii«-meat»pr«t»r lw x»»,»» <l»ut»«I»»» L»iok»: -kdrlioli: .... 18 K»rk. jLkrliol»: 4 K»rk 80 ?k. LioL«Io« Nrunii»«,!'»: lO?L Lai»«rl»»Id cke» 6sot»ok«r ltsicti«« tritt ko»t- uo<i 8tomp«I»u,cl>I»K tlia,u I»8»r»t»nprel«« r für öev k»nw einer ^e^pultvnea petitreile SO Pf Unter „kin^eeLnät" 6>o 2vils KO Pf. Lei UdeUen- nnä 21A«ru»»tr KV >ib Autselil»^ pi^cdelnen r 7^8^'^ mit Au»n»kms äer 8onn- nn6 peierts^s Avsock» kir iten folffs»«len p»^. Dresdner Almriml. Verantwortliche Redaction: Oberredacteur Rudolf Günther in Dresden. ln»»r»t«n»un»kiue au»»»-rt8r : F>. fira,tti»tettrr, Ooinini»jonLr Ns» Oreoänsr -onrv»I»; N»mdurx -L»rN»-Vi«» - I-*tpr>^L»„I-I!r««!»v7r»v klart ». K.: ^faa«enÄe,n F poAier, L»rlm-Vi»v L»n>darU- ?r»^-l.«ip»ix rraLktart ». kl. Hüaedsni Aks««,' Lerlin: /irakeNenliant,' Lrsmsai L Lckkott«,- vr»»I»a: F Lt,ine/e>r« Lnreait rLnii Faba^/t-/ Sraakkart », H - F.( ^«eArr'»eNs öuetid»oNIuv8; vörlit»: t/. AfMer; S»nr>ov»r: 6. LtHüzxier, kart» Lsrli» kr»Lktart ». ».- StvUx»rtt I-a-üe <2 6oLvuadar^t Ack. Ltetner llvrausxeder» Töuiel. LipeNitioo Ne» DreiNver Nourn»!», Drs»<ioo, 2vinjseri>tr»s»s Ho. SV. Abonnements - Gintadung. Auf das mit dem 1. April beginnende neue vierteljährliche Abonnement des „Dresdner Jour nals " werden Bestellungen zum Preise von 4 M. 50 Pf. angenommen für Dresden bei der unter zeichneten Expedition (Zwingerstr. Nr. 20), für auswärts bei den betreffenden Postanstalten. L'.ömgl. (trpkdition des Dresdner Journals. Amtlicher Theil. ZL u t t e t i n. Dresden, 19. März. Se. Königliche Hoheit Prinz Georg sind an einem nervösen Fieber erkrankt. Die einzelnen Krankheitserscheinungen treten aber so mild auf, und das Fieber ist so gering, daß der Zustand des hohen Kranken gegenwärtig zu keiner Besorgniß Anlaß giebt. Or. Fiedler. Dresden, 19. März. Se. Majestät der König haben dem Major und Bataillons-Kommandeur im 2. Grenadier - Regimente Nr. 101 „Kaiser Wilhelm, König von Preußen", Hohlfeld, die Erlaubniß zur Annahme und Anlegung des demselben verliehenen Komthurkreuzes II. Klasse des Großherzoglich Sachsen- Weimarischen Ordens vom weißen Falken Allergnä- digst zu ertheilen geruht. Bekanntmachung. Mit Rücksicht darauf, daß die Schreibweise des Namens der Ortschaft Hart au im Bezirke der Amts- hauptmannschaft Zittau bisher eine nicht allenthalben gleichmäßige gewesen ist, wird von dem Ministerium des Innern hierdurch bestimmt, daß künftig die obige Schreibweise, als die historisch richtigere, allgemein zu gebrauchen ist. Dresden, am 17. März 1884. Ministerium des Innern. v. Nostitz-Wallwitz. Mutze. Nichtamtlicher Theil. Telegraphische Nachrichte». Prag, Mittwoch, IS. März, Vormittags 10 Uhr. (Priv.-Tel. d. Dresdn. Journ.*) Einer amt lichen Meldung zufolge wurde in Tetschen gestern mit 11 Fabrikbesitzern und 30 Drputirten der strikenden Arbeiter Verhandlung gepflogen, aber nach 4-stündiger Debatte keine Einigung erzielt. Morgen sollen die Verhandlungen fortgesetzt wer den. Die strikenden Arbeiter vertbeilen sich auf 17 Spinn- und 2 Knopffabriken. In Tetschen ist gestern Militär ringerückt. Die Ruhe ist ge- sichert. Die Zahl der strikenden Arbeiter beläuft sich auf über 5000. (Vgl die „Tagesgeschichte" unter Tetschen.) Buda-Pest, DienStag, 18. März, AbendS. (Tel. d. Boh.) Die Affaire von Czegled, welche heute im Abgeordnetenhaus« abermals zur Sprache gelangte (vgl. die „Tagesgeschichte"), nimmt immer größere Dimensionen an. Morgen soll zwischen den Abgg. Ugrou und Szell rin Duell stattfinden. Paris, Dienstag, 18. März, AbendS. (W. T. B.) Die Drputirtrnkammer nahm in ihrer heutigen Sitzung das Gesetz über den Elementar- *) Nachdruck verboten. D. Red. Feuilleton. Siedigirt von Otto Banck. Balsams. Rach den Mittheilungen eine» österreichischen Bildhauer». Erzählung von Robert Waldmüller. (Ed. Duboc> (Fortsetzung.) Wir waren Alle zugegen, als der Fürst für DaS> was er geschrieben hatte, indem er es der Fürstin vorlaS, ihre Zustimmung erbat; auch die Töchter. „Denn von nun an", sagte der Fürst, „giebt eS zwischen Euch Kindern und uns kein Geheimniß mehr; auch selbst nicht aus Schonung. Wie Krystall so durchsichtig will ich Euch. Dann athme ich erst in Wahrheit leicht und lasse mich von keinem Schicksals schlage zu Boden werfen." Alma, ernst und wortkarg, zog sich bald auf ihr Zimmer zurück. Berenice war wieder Glück und Leben, vor Allem aber überschwängliche Dankbarkeit. Mir versuchte sie noch eine Weile zu grollen; denn sie hatte sich in den Kopf gesetzt, ich sei an ihrem Geheimnisse zum Verräther geworden. Als sie jedoch von ihrem Jrrthum lassen mußte, war ich wieder ihr „viel zu guter Onkel-Professor". Ich hatte mich erboten, den Brief an Balsamo selbst zu überbringen, und der Fürst war nicht da gegen gewesen. Aber die Kunstangelegenheit, um deretwillen ich ihn nach Udine begleitet hatte, ließ sich uicht wohl verschieben und erforderte doch auch einige Muße. unterricht im Ganzen mit 3S6 gegen 109 Stim men an. Pari-, Mittwoch, 19. März. (Tel.d.DreSdn. Journ.*) In den Außenbezirken fanden gestern AbendS einige Banket- Statt, und eS wurden hef tige Reden gehalten; die Ordnung wurde aber nicht gestört. Bei einer gestern Abend stattgefundenen GaS- explofion in der Straße Saint-Deni» wurden 2 Personen grtödtet und 21 verwundet. Eine Depesche deS General- Millot an den Marineminister auS Bac-Nivh vom vor gestrigen Tage sagt, er habe die chinesischen Trup- pen, deren Drroute bei dem Rückzüge immer grö- Her grwordev sei, einerseits bis Thaimguyrn, an dererseits Halbwegs bis Langson zurückgetrieben, halte einen weitern Vormarsch aber für unnütz und behalte daS Fort Phulong alS Vorposten besetzt. Dir Verluste der Franzosen seit» äußerst unbe- deutende. Brüssel, DienStag, 18. März, AbendS. (W. T.B.) Dir Rrpräsrntantrnkammrr berndete brüte die Berathung der Interpellation Houzeau'S über die Fragebogen für dir Wählrrprüfungrn und lrhntr die von Janson beantragte, rin Mißtrauen-- Votum gegen dir Regierung enthaltende Tagesord nung ab; die von Jamme vorgeschlagene, von der Regierung acceptirte Tagesordnung wurde ge nehmigt. Bern, DienStag, 18. März, AbendS. (W. T. B.) Der BundeSrath hat die Volksabstimmung über die 4 angefochtenen, von derBundrSversamm- lung am 4. December v. I. erlasseuen Bundes gesetze auf den 11. Mai festgesetzt. Diese Gesetze betreffen die Erhöhung des GehalteS deS BundeS- gesandten Krey in Washington, die Anstellung eines BundrSsecretärS, die Abschaffung der Patrnttarev drr schweizerischen Handelsreisenden und endlich die Zuständigkeit deS Bundesgerichts gegenüber den cantonaleu Gerichtshöfen iu politisch erregten Zeiten. Rom, DienStag, 18. März, AbendS. (W.T.B.) In einer heute stattgehabten von 189 Deputirten besuchten Versammlung drr Majorität drr Depu- tirtenkammer zur Vorbrrathuug der Nruwahl de- Kammerpräsidenten thrilte drr Ministerpräsident DrprrtiS mit, er werde die Wahl Coppino'- zum Präsidenten an Stelle Karini'- beantragen und auS der Wahl desselben eine CabiurtSfragr machen. — Die pentarchischen Deputirten haltrn AbendS ebenfalls eine Sitzung behufs Wahl rinrS Präsi- dentschaftScandidaten. (Vgl. die Rubrik „Zeitungs schau".) Nach einer Meldung deS „Moniteur de Rome" steht die Veröffentlichung deS Rundschreibens drr Congregation propussuuckn üü«, betreffend die Verlegung drS Sitzes der Verwaltung drr Pro paganda für Schenkungen und Legate nach dem AuSlande, unmittelbar bevor. Rom, Mittwoch, 19. März. (Tel. d. Dresdn. Journ.*) Die Pentarcbisten proclamirteu die Can- didatur Cairoli'v alS Kammerpräsident. Madrid, Dienstag, 18. März, AbendS. (W. T. B.) Außer dem General Ferrer, ist auch der General Hidalgo, welcher ebenfalls an der In surrektion von Cartagena im Jahre 1873 bethri- ligt war, verhaftet worden. (Vgl. die „Tages geschichte".) Wie eS heißt, soll die Auflösung der CorteS Anfang April erfolgen. London, DienStag, den 18. März, AbendS. (W.T.B.) In der heutigen Sitzung deS Uuter- *) Nachdruck verboten. D. Red. Berenice drang daher auf Abfertigung eines Ex preßboten, und Giacomo, der zuverlässigste und fin digste von den Dienern des Fürsten, mußte noch mit dem Nachtzuge gegen Norden dampfen. Und so bin ich, während Tags darauf auch noch ein Bote zum Herüberholen des Schäfers Paulus auf die Reise geschickt wurde, gleich den Anderen nicht ohne freudige Spannung in dem gastlichen Palaste verblieben und habe in dem mir so werthen Kreise, trotz meiner politischen Gedrücktheit, schöne und an regende Stunden verlebt. Berenice zumal war wohl danach angethan, weder die Aeltern noch den Hausfreund zu grillenhaftem Nach denken kommen zu lassen. Sie hatte ihrem Vater an den Augen abgesehen, daß der Gedanke, sie bald von sich zu lassen, sich zu Zeiten in trüber Weise melde. So fort war sie mit der Bitte bei der Hand, ich solle sie für den Vater modelliren. Nie früher hatte sie dazu Geduld gehabt. Jetzt, von den rosigen Bildern künf tigen Glücks umgaukelt, hielt sie stundenlang mannhaft Stand, und die kaum mit vollem Ernste begonnene Ar beit wuchs mir unter den Händen zu einer der lohnendsten Aufgaben, die mir das Künstlerglück je in den Schooß geworfen hatte. „Man sollte alle Bräute in Marmor aushauen", sagte sie; „wann geht es einem besser? Und von Innen heraus muß der rechte Sonnenschein ja doch kommen". Alma hielt sich abseits. Ich mußte, so oft ich sie sah, Kassandra's gedenken. Alle» ist drr Freude offen, Alle Herzen sind beglückt, Und die alten Eltern hoffen, Und die Schwester steht geschmückt. Hause- beantragte der Minister deS Ackerbaues, Dodson, in die zweite Lesung drr Bieheinfuhrbill einzutreten, und erklärte, die Regierung werde bei der Eiuzelberatbung die Verwerfung der vom Ober hause vorgenommenen Abänderungen beantragen — Der Staatssekretär deS Krieges, Marqui- v. Hartington, theitte mit, der Admiral Hewett habe telegraphisch gemeldet, daß OSman Digma 2 Boten Hewett'- getödtet habe und deshalb als Mörder zu betrachten sei. Kerner thrilte Hartington mit, die Regierung habe nunmehr den Wortlaut der Proklamation Hcwett'S, betreffend die Belohnung für die Einbringung OSman Digma's, erhalten; sie könne dieselbe aber nicht billigen und habe deS- halb die Zurücknahme der Proklamation andefohlen, doch sei die Abberufung Hrwett'S deshalb nicht beabsichtigt. — Der UnterstaatSserretär drS Aus wärtigen, Lord Fitzmaurice erwiderte auf eine An frage, die telegraphische Verbindung zwischen Sdendy und Chartum sei noch unterbrochen. Die letzte Depesche Gordon'S sei vom 11. d. datirt. — DaS Unterhaus vertagte nach ästündiger Debatte die zweite Lesung der Viehrinfuhrbill auf morgen. Kairo, Mittwoch, 19. März. (Tel.d.Dresdn. Journ.*) Wie „Reuter'S Office" meldet, find dir Verbindungen über Berber hinaus unterbrochen. Die Beduinen sammeln sich an den Nilufern und halten den Katarakt Saboo, wo der Flnß nur 11 Meter breit ist, besetzt, wodurch der Verkehr auf dem Flusse vollständig unterbrochen ist. Drr Batakstamm bereitet einen Angriff auf Sbaudy vor. *) Nachdruck verboten. D. Red. Dresden, 19. März. In Italien scheint man den Rücktritt des Prä sidenten der Deputirtenkammer, Farini, seiten der Opposition ausnutzen zu wollen, um dem Ministe rium Depretis das Verbleiben im Amte zu ver leiden. Die anhaltende Krankheit des Ministerpräsi denten Depretis erleichtert diese Machinationen. Es sind nicht allein die Radicalen, die sein Ansehen jetzt völlig zu untergraben suchen, sondern auch die Depu tirten der äußersten Rechten; denn Bonghi, Graf Minghetti, Finzi, Mantellini, Visconti u. A. haben dafür votirt, daß der radikale Deputirte von Baronissi trotz des Widerspruchs des Präsidenten das Wort er halte. Der Vorfall selbst war folgender. Der radicale De putirte Cavalotti interpellirte am 10. d. die Regierung wegen einer in Baronissi, Provinz Salerno (Wahlkreis des Pentarchen Nicotera) ersolgten blutigen Mißhand lung eines Verhafteten durch die Carabinieri. Die Antwort des Justizministers Gianuzzi - Savelli war ausweichend und bestritt, daß in Baronissi ein wegen Diebstahlsverdachtes verhafteter Mann durch mehrere Carabinieri gemartert und gemißhandelt worden sei. Der Deputirte Farina, welcher in Baronissi wohnt und bei dem Vorgänge zugegen war, wurde von Cavallotti mehrfach genannt. Nach der Geschäftsordnung aber hatte Farina kein Recht auf das Wort, das der Prä sident der Kammer nur zur persönlichen Bemerkung geben konnte, welcher Fall aber seiner Ansicht nach nicht vorlag. Der radicale Deputirte Farina appellirte nun an die Gefälligkeit der Kammer und bat, von der Geschäftsordnung abzusehen. Da dieser Fall Hunderte von Präcedenzen in der italienischen Kammer hat, so unterbreitete der Präsident den Wunsch der Kammer zur Entscheidung. Eine allen Parteigruppen ange hörige sehr starke Mehrheit ertheilte die Erlaubmß, daß Farina sprechen dürfe, und fitzt erzählte derselbe, die Carabinieri hätten die Klammern der Ketten an den Füßen des Gefangenen so stark zusammengezogen, Ich allein muh einsam trauern, Denn mich flieht der süße Wahn, Und geflügelt diesen Mauern Seh ich da» Verderben nah'n Und es nahte in der That. Eines Tages verfiel sie in Krämpse und hatte nur noch die Fähigkeit, mit der Hand in die Ferne zu deuten und mit stammelnden Worten zu rufen: „er... ist . . . todt — todt — todt!" Dann vergingen ihr die Sinne und es trat ein Zustand vollständiger Er starrung ein. Sechzehntes Capitel. Die Ursulinerin. Wir waren förmlich entsetzt und vor Allem rath- los; denn wie sehr auch die Erfahrungen der letzten Zeit uns nahe gelegt hatten, mit Alma auf unserer Hut zu sein und uns auf alle Fälle vorzusehen, so mochte der Fürst doch weder Ur. Hüttl, noch den omi nösen Conte die Vallambrosa, der sich ganz unverfroren wieder im Schlosse vorstellte, die Kranke behandeln lassen. Glücklicher Weise erlangte die Erstarrte bald ohne fremdes Zuthun wieder Bewegungssähigkeit und Bewußtsein. Zwei weitere Tage vergingen, ohne daß für jenen beängstigenden Ausruf sich eine Erklärung fand. Am Abende des zweiten Tages traf Giacomo wieder ein, fragte mit trauriger Miene nach dem Fürsten und verschwand darauf mit diesem in dem Geheinicabinet desselben. Als auch ich dahin beschieden wurde, war der Fürst allein. Mit verschränkten Armen starrte er aus ein Blatt Papier, das auf dem Tische lag. daß dieselben angeschwollen gewesen seien; sie hätten ihn auch zur Erde geworfen und geschlossen mehrere Minuten lang auf dem Fußboden hin- und hergezo gen. Die Sache sei nur zu wahr, und der Siegel bewahrer habe eine unrichtige Antwort ertheilt. Die Kammer zeigte große Erregung. Es ist klar, schreibt der römische Correspondent der ,Hamb. Nachr.", daß nicht der erwähnte Vorfall, son dern die rathloje Zerfahrenheit der Kammer, das fort währende Laviren der Regierung, welcher durch die Abwesenheit des Ministerpräsidenten Depretts das Steuer verloren ging, und die jüngste, ungelöst ge bliebene Cabinetskrisis den Entschluß Farini's hervor gerufen hat. In einem andern Augenblicke würde der Rücktritt Farini's ziemlich gleichgiltig gewesen sein. Er ist weder ein Mann von hervorragender Bedeu tung, noch ein Politiker, welcher entscheidenden Einfluß in der Kammer oder in einem Cabinet haben kann. Aber er war als Präsident der Kammer erfahren und energisch m der Handhabung der Geschäftsordnung. Jetzt jedoch gerade ist sein Rücktritt eine unsägliche Verlegenheit für die Kammer sowohl, als auch für die Regierung. Die Erledigung des Präsidentenstuhles macht die Verwirrung in der Kammer noch schlimmer. Die Regierung wird ihren Candidaten aufstellen müssen, die Pentarchen und übrigen Oppositionsgruppen eben falls. Was heute (Mittwoch- dabei herauskommen wird, ist noch nicht abzusehen. Etwas Ancüoges mit dieser Lage findet man nur in der Krisis von 1878, welche Cairoli an das Ruder brachte. Cairoli wurde gegen den Willen des Cabinets zum Kammerpräsiden ten gewählt. Das Cabinet dankte infolge dessen ab, und der König beauftragte noch an demselben Tage Cairoli als den siegreichen Führer der Opposition bei der Präsidentenwahl mit der Bildung des neuen Labi- nets, so daß er nicht ein einziges Mal den Verhand lungen in der Kammer präsidirte. Ihm folgte als Kammerpräsident Farini, welcher mit Ausnahme einer kurzen Periode vor einem Sessionsschlusse, während welcher der frühere Minister Coppino das Präsidium führte, seitdem stets als Präsident wicdergewählt wurde. Damals standen sich aber die Parteien anders gegen über. Heute hat sich Depretts die eigene Majorität durch sein Auftreten in der Universitätsreformfrage verdorben; überdies ist er krank und kann nicht den nothwendigen Einfluß ausüben, um seinen Willen durchzusetzen. Infolge dessen hat ihn die unerwartete Demission Farini's vor das Dilemma gestellt, entweder dem Könige zu erklären, daß er mit der jetzigen Kam mer nicht regieren könne, oder die Gesammtentlassung des Cabinets anzubieten. Die Verwirrung wird noch vermehrt durch das in der Nacht von Donnerstag auf Freitag voriger Woche in voller Manneskraft ganz unerwartet erfolgte Hinscheiden des früher» Ministers Quintino Sella, welcher der einzige Mann gewesen wäre, welcher viel leicht die Kraft besessen hätte, die zerfallende Mehrheit neu zu organisiren. Seine Verdienste um die Hebung der italienischen Finanzwirthschaft werden bei dem italienischen Volke unvergessen bleiben. Er war ein ehrlicher Patriot und ein bedeutender Staatsmann. Der greise Ministerpräsident Depretis soll zu dem ihm die Todesnachricht überbringenden Deputirten gesagt haben: „Bereitet euch vor, bald gehe auch ich von dannen!" Der „Fanfulla" ruft, Sella's Tod lasse Bestürzung hinter sich; denn das Vaterland, welches Unfähigen und Verwegenen ausgeliefert sei, baute ver trauensvoll auf ihn. — Die „Ras feg na" schreibt: Sella's Name ist unvergänglich an die Einnahme Roms und den Sturz der weltlichen Herrschaft des Papstthums gekettet. So lange diese Ereignisse in Erinnerung bleiben, wird auch sein Name nicht ver gessen werden. — Die „Riforma" spricht ebenfalls von der Wirksamkeit, die Sella noch Vorbehalten war; „Lesen Sie," sagte er tonlos, „es sind seine letzten Worte." Ich trat mit unheimlicher Ahnung an den Tisch. Die Buchstaben waren mit fester Hand geschrieben. Aber vor meinen Augen zitterten sie und ich konnte sie nur mühsam zusammen buchstabiren. „8ono UN impostore" . . . lautete der Abschieds- arutz Balsam o's an den Fürsten; — „ich bin ein — Betrüger. . . ." Der Fürst legte seine Hand auf meine Schulter. Er war unfähig zu sprechen. Seine Thränen flossen. „Warum mußte ich nochmals in ihn dringen!" bebte eS endlich über seine Lippen. Die Fürstin kam, las und sank halb ohnmächtig in einen Sessel. Berenice erschien auf der Schwelle, gewahrte ein beschriebenes Blatt, stürzte sich darauf, las es, riß die Augen weit auf, blickte zornig umher, zerknitterte eS, lachte, brach in Schluchzen aus; wankte auf ihre Mutter zu, sank neben ihr auf die Knie und begrub ihr thränenüberfluthetes Gesicht in dem Schooß der Mutter. So hat sich dieser erschütternde Auftritt mir ein geprägt. Was Giacomo dem Fürsten mündlich berichtet hatte, erfuhr ich von diesem noch am nämlichen Abend. Es war Folgendes. Der Diener hatte den jungen Offizier in dem Augenblick getrosten, als derselbe im Begriff gewesen war, das Lazareth genesen zu verlassen. Beim Lesen deS sofort von ihm geöffneten Briefs war er zunächst freudig erregt gewesen, hatte aber, je länger er las, je mehr seine Farbe verändert und hatte Giacomo
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