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44 Nr. 1. „STAHL UND EISEN.“ Januar 1882. Der Geschäftsführer berichtete nunmehr auf Aufforderung des Herrn Vorsitzenden, mit Rück sicht auf den Punkt IV der Tagesordnung, in ausführlicher Weise über die Beschlüsse der Commission und über die von derselben in Aussicht genommene andere Organisation der Unfallversicherung. Wir verweisen bezüglich dessen, was hier zu sagen war, auf den »Zur Unfallversicherung der Arbeiter« betitelten Aufsatz im letzten Heft von »Stahl und Eisen«. Von einigen westfälischen Werken war dem Geschäftsführer Mittheilung gemacht worden, dafs durch Polizeivorschriften die Regierung zu Arnsberg eine Beschränkung der Sonntagsarbeiten in den Walzwerken in Aussicht genommen habe, dafs an Sonn- und Festtagen vor 12 Uhr Nachts die Arbeit nicht aufgenommen werden dürfe, während es Brauch ist, die Schicht Abends 6 Uhr wieder zu beginnen. Eine solche Beschränkung würde selbstverständlich die ganze Nachtschicht von Sonntag bis Montag früh unmöglich gemacht haben, woraus den Werken grofse Nachtheile er wachsen wären. Die Befürchtung der Werke ist bisher nicht eingetroffen, es wurde dagegen die Intervention der Gruppe in einer andern ähnlichen Angelegenheit beansprucht. Es ist nämlich im Regierungsbezirk Arnsberg den Werken aufgegeben worden, bezüglich derjenigen Sonntagsarbeiten, welche sich auf Reparaturen und Instandsetzungen beziehen, die Erlaubnifs für jeden bestimmter! Fall von der Ortspolizeibehörde einzuholen, ,während bisher eine generelle Genehmigung ertheilt worden war. Seitens der betroffenen Werke ging man von der Ansicht aus, dafs diese Mafsregel eine ganz neue, nicht auf einer gesetzlichen Grundlage beruhende sei. Bei näheren Nach forschungen, die seitens des Geschäftsführers unternommen wurden, stellte sich jedoch heraus, dafs eine Verfügung, ganz ähnlich derjenigen, welche die Königliche Regierung zu Arnsberg unter dem 14. September erlassen hat, im Regierungsbezirk Düsseldorf seit December 1853 besteht und von der Regierung zu Düsseldorf im Jahr 1876 durch das Amtsblatt in Erinnerung gebracht worden ist. Die Handhabung dieser Verfügung bereitet den Industriellen keine besonderen Schwierigkeiten, da diese sich von der Ortspolizeibehörde die Erlaubnifs zur Vornahme der erforderlichen Reparaturen geben lassen können. Wo eine generelle Erlaubnifs nicht zu erlangen ist, wird dieselbe durch Formular wöchentlich bei der Ortspolizeibehörde eingeholt. Die inneren Angelegenheiten der Gruppe anbelangend, habe ich zunächst mitz utheilen, dafs sich eine neue südwestdeutsche Gruppe an der Saar gebildet hat, durch welche der hiesigen Gruppe 4211/2 Einheiten verloren gegangen sind. Die Neigung, die gröfseren Vereine, die sich in ihrer Thätigkeit doch bewährt haben, durch die Bildung kleinerer Vereine zu schwächen und zu zerstückeln, um Sondeiinteressen besser zur Geltung zu bringen, scheint immer mehr zuzunehmen. Der Haupt grund mag ja in der alten Gewohnheit der Deutschen, sich zu zersplittern, liegen, eine Charaktereigen schaft, unter der unsere Nation wie bekannt bereits mehrfach gelitten hat. Hier ist man der An sicht gewesen, dafs grofse Vereine mehr leisten können; von Seiten des Vorstandes hat inan sich daher Mühe gegeben, die Herren an der Saar zu veranlassen, von der Bildung einer speciellen Gruppe abzusehen; es ist ja stets ein Vertreter der Industrie an der Saar Mitglied des Vorstandes ge wesen, und niemals ist von demselben Klage erhoben worden, dafs den Interessen der dortigen In dustrie nicht die genügende Berücksichtigung zutheil geworden sei; der Vorstand war auch bereit, den Wünschen der Herren an der Saar, so weit als irgend thunlich, entgegenzukommen. Alle diese Bemühungen sind jedoch vergeblich gewesen. Dagegen haben sich die im hiesigen Bezirk befind lichen Drahtwalzwerke der Gruppe näher angeschlossen; es sind derselben dadurch 8 Werke mit 144 1/4 Einheiten beigetreten, und wurden infolgedessen die Herren Dircctor Berckemeier und Director Becker in den Vorstand cooptirt. Bereits in meinem vorjährigen Bericht hatte ich mir erlaubt Sie darauf aufmerksam zu machen, dafs zwischen der Gruppe und dem Verein deutscher Eisenhüttenleute Verhandlungen bezüglich gemeinschaftlicher Herausgabe der Zeitschrift »Stahl und Eisen« geführt werden. Diese Verhand lungen sind im Laufe des Winters weiter geführt und beendigt worden. Infolge der getroffenen Vereinbarung hat sich die Gruppe verpflichtet, für die nächsten 5 Jahre dem Verein Deutscher Eisenhüttenleute einen weiteren Zuschufs von jährlich 5000 e6 zu gewähren und für ein eventuell aus der Herausgabe der Zeitschrift hervorgebendes Deficit bis' zur Höhe von 2500 •46 einzutreten. Für die Zeitschrift ist ein gemeinschaftlicher literarischer Ausschufs gewählt worden, welchem seitens der Gruppe die Herren Ottermann, Massenez und Goose zugehören, und ein Redactionscomite, in welches Herr Ottermann delegirt ist. Die Zeitschrift wird seit 1. Juli d. J. gemeinschaftlich von den beiden Vereinen herausgegeben, und es ist mir die Ehre zutheil geworden, mit dem wirthschaftlichen Theil der Redaction betraut zu werden. Zu meinem Bedauern habe ich in diesem ersten Halbjahr nur verhältnifsmäfsig wenig leisten können, da die intensive Beschäftigung mit dem Unfallversicherungs gesetz und viele infolgedessen nothwendige Reisen meine Zeit aufserordentlich in Anspruch ge nommen haben. Trotzdem haben die wichtigsten wirthschaftlichen Ereignisse doch in der Zeit schrift besprochen werden können; ich hoffe aber in Zukunft für die Redaction mehr thun zu können.