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Januar 1883. „STAHL UND EISEN.“ Nr. 1. 33 nicht zu lange zu verharren, denn es soll nichts schädlicher sein, als wenn man andere Leute für dümmer hält, als man selbst ist. (Grofse Heiterkeit und Beifall.) Vorsitzender Herr Lueg: Bevor wir in die Discussion eintreten, habe ich einige geschäftliche Mittheilungen zu machen. Die Herren Mitglieder, welche sich noch nicht mit Wahlzetteln versehen haben, bitte ich solches zu thun, da die Einsammlung derselben gleich stattfinden wird. Ich eröffne nunmehr die Discussion und bitte die Herren, sich zum Worte zu melden. Herr Bergrath und Hüttendirector Jüngst aus Gleiwitz hat das Wort. Herr Bergrath Jüngst: M. H. 1 Zu denjenigen gehöre ich, die etwas von hier nach Hause zu tragen hoffen, aber nicht zu denjenigen, welche etwas besonders bringen wollen. Das was mich veranlafst hat, um das Wort zu bitten, sind die Verhandlungen, die hier am 21. Mai d. J. gepflogen worden sind. Es wurden uns die aufserordentlichen Fortschritte in chemischer und technischer Beziehung mitgetheilt, welche in Deutschland, speciell in Rheinland und Westfalen, in der Roheisengewinnung ge macht worden sind, ferner die Anforderungen fixirt, welche gegenwärtig an die Hochöfen gestellt werden, und endlich die Gesichtspunkte vorgeführt, nach denen in Zukunft die Roheisenproducenten sich zu richten haben. In Schlesien haben wir diese Verhandlungen mit grofsem Interesse verfolgt und haben wir uns gefragt: „Wie stehen wir denn in unserm, für Handelsverhältnisse so ungünstig belegenen Winkel an der Ostgrenze Deutschlands diesen aufserordentlichen Leistungen unserer westdeutschen Kameraden gegenüber?“ Um nun diesen Vergleich aufstellen zu können, habe ich die Hochofenweike Oberschlesiens um Beantwortung folgender Fragen gebeten: Dimensionen der Hochofen; Anzahl und Weite der Düsen; Pressung und Temperatur des Windes; System, Form, äufsere Heizfläche und Inhalt der Winderhitzungsapparate, sowie Zeit des Windlaufes durch die Röhren; Eisengehalt des Möllers; Gewicht der Erz- und Brennmaterialgicht; Production an Roheisen in 24 Stunden; Brennmaterialverbrauch pro 1000 kg Roheisen; Zusammensetzung der Schlacken; Qualität und Quantität des Gichtstaubes in den Winderhitzungsapparaten ; Production an Zinkschwamm, Zinkstaub und silberhaltigem Blei; Beobachtete Vortheile bei Erhöhung der Windtemperatur; Quantität der Gichtgase; ob gegenwärtig zum Heizen der Winderhitzungsapparate und der Dampfkessel ausreichend, und endlich welche Gründe gegen die Anwendung steinerner Winderhitzungsapparate sprechen, und sind mir die betreffenden Angaben in dankens werther Weise zutheil geworden. Die Wiedergabe derselben hier würde zu weit führen, doch steht die Tabelle jedem, welcher sich dafür interessirt, gern zur Einsicht offen. M. H.! Der Vergleich dieser Angaben mit den oben erwähnten Forderungen und Grund sätzen giebl ein überraschendes Resultat; es scheint auf den ersten Blick, als ob Schlesiens Hoch öfen weit hinter denen der übrigen Werke Deutschlands zurückgeblieben seien. Hier soll der Normalhochofen bei 400 cbm Inhalt 20 m hoch sein, die tägliche Production an Puddlingsroheisen 80 bis 100 000 kg bei einem Brennmaterialverbrauche von 1000 bis 1100 kg pro 1000 kg Roheisen betragen, ferner ist der Grundsatz aufgestellt, dafs die Gebläsemaschinen zur Leistung des doppelten Quantums Wind bei doppeltem Drucke wie gegenwärtig zu erbauen sind, etwa mit einer Leistung von 100 cbm bei 520 mm Pressung, und endlich sei durch Anwendung steinerner Winderhitzungsapparate eine höhere Temperatur wie bisher zu erzielen. In Oberschlesien finden wir nur Hochöfen von 150 bis 223 cbm Inhalt und einer Höhe von 14 bis 16 m; die Tagesproduction beträgt 30 000 bis 40 000 kg Roheisen, bei einem Brennmaterialverbrauche von 1700 bis 2000 kg pro 1000 kg Roheisen. (Sen sation.) Mittelst 6 bis 8 Düsen von 80 bis 130 mm Weite wird der Wind mit einer Pressung von nur 140 bis 240 mm dem Ofen zugeführt; dabei ist die Neigung bemerkbar, diese Pressung eher zu ermäfsigen als zu erhöhen. Die Temperatur des Windes schwankt zwischen 250 bis 450° C. und stehen lediglich eiserne Winderhitzungsapparate in Anwendung. 1.3 5