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STAHL UND EISEN.“ 139 März 1883. der Bi- Ausfuhr: Tonnen 227415 15941« Ausfuhr: Tonnen 23 877 1882 1881 Nach diesen Zahlen erscheint das Bild, welches die Weifsblechfabrication bietet, als ein in hohem Mafse trauriges, sie scheint von der englischen Eisendraht. Einfuhr: Tonnen 3480 3276 Drahtstifte. Einfuhr: Tonnen 23 mehr 204 mehr 67 999 Concurrenz erdrückt zu werden; denn nach vorliegenden Statistik sind eingeführt: aus Grofsbritannien . 1129 Tonnen aus Hamburg-Altona 1102 » aus den Niederlanden 163 » in Summa 2394 Tonnen Zeichnung „Eisendiaht“ in der Statistik des Reiches nicht zutreffend ist, dafs es vielmehr „Eisen- und Stahldraht“ heifsen müfste; denn aus dem 1882 1881 1882 Umstande, dafs auch die sehr bedeutende Draht ausfuhr nach den Vereinigten Staaten unter dieser Rubrik aufgeführt ist. geht hervor, dafs dieselbe auch Stahldraht umfafst, da wegen der eigen- thümlichen Zollverhältnisse in Nordamerika nur Stahldraht, kein Eisendraht, von Deutschland nach dort exportirt wird. Dafs die deutsche Drahtindustrie den Weltmarkt, namentlich in besseren Qualitäten, beherrscht, ist eine bekannte Thatsache, ebenso bekannt ist aber auch, dafs die Industrie der Eisen producirenden Länder bedeutende und erfolgreiche Anstrengungen macht, um besonders in den geringeren Sorten mit dem deutschen Draht die Concurrenz aufzunehmen. Für deutschen Eisendraht gestaltete sich die Lage bis in den Herbst des vergangenen Jahres aufserordentlich günstig. Die Russische Regierung halte für den 1. Juli russischen Stils eine Erhöhung des Zolls für Walz draht von 35 Kop. auf 1 Rubel 1 0 Kop., also eine Erhöhung von 185,77 °/o per Pud (61 Pud = 1000 kg) in Aussicht genommen. Da Rufsland nur einen sehr geringen Theil der erforderlichen Menge Walzdraht im eigenen Lande erzeugt, die fehlenden Quantitäten aus Deutschland eingeführt werden, (nach der Reichsstatistik von 1882 — 23 576 t) so waren die russischen Ziehereien und Stiftenfabriken lebhaft interessirt, so grofse Quanti- täten als thunlich vor der sehr plötzlich ange ordneten Zollerhöhung einzuführen. Die Leistungs fähigkeit der Werke wurde daher aufs äufserste in Anspruch genommen, namentlich da die Inter essenten für den Import gewisser Quantitäten, die für jedes verarbeitende russische Werk besonders bemessen wurden, die Hinausschiebung der Zoll erhöhung durchzusetzen wufsten. Für Stahldraht zeigte sich im dritten Quartal des Jahres 1882 so aufserordentliche Kauflust seitens des Auslandes, dafs die Werke in der Lage waren, ihre Production bis zum Frühjahr zu lohnenden Preisen abzuschliefsen. Infolge des verhältnifsmäfsig guten Ganges der Drahtindustrie zu einer Zeit, als auf d.en übrigen Gebieten der Eisen- und Stahl industrie fast ausschliefslich mit Verlust, min destens ohne Gewinn, gearbeitet wurde, haben sich in den letzten Jahren die Drahtwalzenstrafsen in unserm Vereinsbezirke aufserordentlich ver mehrt. Die Anzahl derselben beträgt nun mehr 51. Angesichts der grofsen Neuanlagen, welche auch in England in neuerer Zeit ent standen und in der Ausführung begriffen sind, erscheint es nicht unmöglich, dafs bei schwächerer Nachfrage leicht Ueberproduction auf dem Welt märkte eintreten könnte. Sollten hieraus Calami- täten für das eine oder das andere Werk resultiren, sö wird es in diesen Fällen darauf ankommen, die eventuellen Verlegenheiten auf die richtigen Ur sachen zurückzuführen. welche sämmtlich wohl als aus England eingeführt betrachtet werden können. Hierbei müssen wir jedoch hervorheben, dafs in der englischen Weifs- blech-Industrie eigenthümliche Verhältnisse obge- waltet haben. Im Herbste des abgelaufenen Jahres vollzog sich in dieser Industrie ein sogenannter Krach, welcher zur Folge hatte, dafs 28 Weifs- blechwerke ihren Betrieb einstellen mufsten, so dafs die Minderproduction pro Woche auf 130 000 Kisten geschätzt wurde. Die Gesammtverbind- lichkeiten dieser Werke wurden auf 20 000 000 •6 angegeben und bedeutende Firmen bis hoch in den Norden Englands wurden von diesen Stockun gen in Mitleidenschaft gezogen. Der nächstliegende aus dieser Katasrophe zu ziehende Schliffs kann kein anderer sein, als dafs diese Werke seit längerer Zeit, vielleicht seit Jahren -— denn solche Dinge vollziehen sich nicht kurzer Hand — infolge der grofsen Ueberproduction mit Verlust gearbeitet, das heifst ihre Waare auf anderer Leute Unkosten unter den Selbstkosten verkauft und dadurch die reelle Concurrenz, wie diejenige Deutschlands, geschädigt haben. Aus diesem Vorgänge ist ferner aber zu ersehen, wie erfolgreich sich die Ueberproduction eines Landes zunächst auf diejenigen fremden Gebiete wirft, deren Artikel einen ausreichenden Schutz, wie Weifsbleche in Deutschland, nicht haben. Es ist zu hoffen, dafs sich nach diesem Reinigungsprocesse in der betreffenden englischen Industrie auch die Läge der deutschen Weifsblech- Walzwerke wieder besser gestalten wird. 1882 weniger 9 mehr 2 167 Zunächst müssen wir bemerken, dafs die