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106 Nr. 2. currenz der Engländer in die Hände arbeite. Ob gleich diese Behauptung unmittelbar der ein leitenden Darstellung folgt, welche nachzuweisen sucht, dafs das Kohlengeschäft sich noch nicht gebessert habe, dafs also der Absatz unbefrie digend sei und die Preise sich nicht heben wollen, obgleich es daher sehr leicht war, den in der vorbemerkten Behauptung liegenden Widerspruch, wie an den dann folgenden Aus lassungen die ganze Tendenz des Artikels zu er kennen, so giebt derselbe dem Verfasser doch Veranlassung, unter den Vorwürfen, welche den Cartellen gemacht werden, hervorzuheben, » dafs sie durch die Beschränkung der Production dem Auslande in die Hände arbeiten, weil sie dadurch mittelbar die Ausdehnung seines Exports begünstigen“. Es scheint in der That eine gewisse Naivetät der Anschauung erforderlich zu sein, um zu der Annahme zu gelangen, dafs die Unternehmer ihre Production einschränken werden, um Raum für die Production des Auslandes zu schaffen. Was nun den billigeren Verkauf nach dem Auslande seitens der cartellirten Werke betrifft, der besonders den Schienenwerken so hart zum Vorwurf gemacht wird, so hätte dem Verfasser nicht entgehen sollen, dafs dieses Verfahren sich auch noch von anderen Gesichtspunkten aus rechtfertigt. Die Werke wurden durch die Con- currenz gezwungen den Bessemerprocefs einzu führen, der möglichst gröfste Massenproduction involvirt und nur bei einer solchen die Möglich keit eines Verdienstes bietet. Bei einer Be schränkung der Production auf das im Inlande gebrauchte Quantum wäre das Product so theuer geworden, dafs entweder die deutschen Consu- menten noch höhere Preise hätten anlegen, oder die inländischen Werke, ohne Absatz, hätten zu Grunde gehen müssen. Ob dann die Consumenten, ohne Concurrenz im Inlande, von den auslän dischen Producenten billiger bedient worden wären, erscheint uns sehr fraglich. Demgemäfs handelten die Werke nach unserm Erachten vollkommen correct, wenn sie, um auf das rationelle Pro- ductionsquantum zu kommen, auch für das Aus land arbeiteten, wenngleich sie sich dort mit niedrigeren Preisen begnügen mufsten. Die deutschen Eisenbahnen aber haben sicherlich Zeugnifs von tieferer wirthschaftlicher Erkenntnifs abgelegt, wenn sie, um die Production im Inlande zu erhalten und nicht lediglich auf das Ausland angewiesen zu sein, den inländischen Werken höhere Preise bewilligten. In der weiteren Besprechung der Cartelle verweist der Verfasser auf die ihm von Freunden wie Gegnern derselben gleichlautend zugegangene Mittheilung, dafs alle diese Vereinigungen »sehr kurzlebiger Natur sind«, dafs sie, aus der Noth entstanden, nur so lange dauern, als es dem einzelnen Gontrahenten convenire, und dafs diese Februar 1883. die Vereinigung gewöhnlich im Stiche lassen, wenn sich ihnen die Gelegenheit bietet, ein gutes Geschäft, auch gegen die Bestimmungen der Con vention, abzuschliefsen. Der Verfasser stützt sich zum Beweise auf die Nr. 408 vom 19. Mai 1881 des in Wien und Berlin erscheinenden »Berg- und Hültenmann«, welcher, ein warmer Freund der Cartelle, die Auflösung des rheinisch - west fälischen Schienencartells, der Convention der deutschen Röhrenwalzwerke, wie die vergeblichen Bemühungen, eine Convention der Stabeisenwalz werke herbeizuführen, beklagt. Die Folgen einer, durch das unloyale Ver fahren einzelner herbeigeführten Auflösung des Cartells schildert der Verfasser wie folgt: „Nun mehr unterbietet Einer den Andern, da ja die Fessel gefallen, die Alle im gleichen Niveau hielt, und ein Schleuderwesen, durch welches die Werke sich gegenseitig aufreiben, ist gewöhnlich die nächste Folge. Fragen wir nun, wer den Vortheil von der Auflösung hat, so werden- wir bald einsehen, dafs der Vortheil dem Nachtheil gegenüber verschwindend klein, ja fast gleich Null ist. Die Werke haben zunächst den gröfsten Schaden durch den nunmehr niedrigen schranken losen Preis, die Händler (deren Lager entwerthet werden) müssen, dem billigeren Einkäufe ent sprechend, billiger verkaufen, und die kleinen Consumenten spüren die für sie unbe deutende Preisdifferenz nicht, die bei den fabricirenden Werken, welche nur im grofsen Umschläge ihr Verdienst suchen müssen, dagegen sehr in die Wagschale fällt. Und selbst von den grofsen Consumenten, wie die Eisenbahnen, werden einige Mark oder Gulden mehr gezahlt werden können, ohne dafs die Rentabilität und das Betriebsergebnifs dadurch in fühlbarer Weise beein- flufst werden dürfte. Einige Mark oder Gulden mehr fällt bei den Eisen- und Schienenwerken sehr ins Gewicht, bildet vielleicht deren einzigen Verdienst, bedingen möglicherweise ihre Lebensfähigkeit und die Unterhaltung vieler Arbeiter.“ Der Verfasser resümirt seine Ansicht über die Cartelle mit folgenden Worten: „Die Con ventionen sind für Artikel, in denen sich eine übermäfsige Concurrenz breit macht, nur anzuempfehlen und zu schützen. Sie schaden, beinträchtigen nicht, bezwecken nur ein reelles und rationelles Gleichgewicht zwischen Pro duction und Gonsum, bringen aus diesem Grunde nur Vortheil und Nutzen. Sie sind deshalb zu erhalten .und zu schützen und ihre Auflösung ist nur zu beklagen.“ Andererseits hat der Verfasser die Befürch tung gehegt, dafs die Cartelle in guten Zeiten die Vereinigung mifsbrauchen, um die Production über Gebühr einzuschränken und Monopolpreise zu erzielen. Seine diesbezügliche Frage ist jedoch STAHL UND EISEN.“