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sich von derselben nicht ganz loszureifsen ver mögen.“ Der Verfasser führt die Identification der so cialen Frage mit der Frage der Organisation des Eigenthums auf den Umstand zurück, dafs man früher den Begriff des Einkommens von dem des Vermögens nicht zu trennen vermochte, da früher, im Mittelalter, die Quelle des Einkommens jedes selbständigen Mannes ein gröfseres oder kleineres Vermögen war. Es wurde daher nicht die Ar beit , sondern das Vermögen als die Quelle des Einkommens des Einzelnen betrachtet, und dem- gemäfs wurde die Ursache der Noth nicht in dem zu geringen Einkommen, sondern in dem zu geringen Vermögen erblickt. Der Verfasser hält es für möglich, dafs, wenn die socialen o Ideen erst in unseren Tagen aufgetaucht wären, wo so viele Personen nur von dem Ertrage ihrer Arbeit leben und selbst grofse Einkommen, ohne jedes werbende Vermögen, keine Seltenheit sind, die socialen Bestrebungen sich nicht gegen die In stitution des Privateigenthums gekehrt, sondern auf die Hebung des Einkommens der Unbemittelten gerichtet haben würden. Diese Anschauungen hält der Verfasser aber wesentlich für den Ausflufs der uns allen im Blute steckenden Vorliebe für das »Princip«, welche auf dem Gebiete des praktischen, staatlichen Lebens zu einem weiteren Irrthum, zur Vorliebe für das Gesetz führt, das ist »die Vorstellung, als brauche man lediglich das vermeintliche, oder wirkliche Princip in ein Gesetz zu kleiden, um sofort die betreffenden Uebelstände verschwinden zu lassen, oder die gewünschten Zustände herbeizuführen.« Für die Verschiedenheit der Ansichten über das beste Gesetz — ein Streit, der jetzt in unseren Parlamenten gekämpft wird — führt der Ver fasser mehrere Beispiele an, namentlich den so lange mit »principiellen« Argumenten geführten Streit über die Frage, ob Staats- oder Privatbahnen vorzuziehen seien. Dieser Streit sei, nach seiner Meinung, von Sax in seinem 1878/79 erschienenen Werke in einer Weise entschieden, die zeigt, dafs beide Theile gleichzeitig Recht und Unrecht hatten. Sax weist namentlich, wie der Verfasser glaubt, mit Recht darauf hin, dafs sowohl Staats- wie Privatbahnen gut wie schlecht sein können, weil es nicht so sehr auf das »Princip« und auf die ge schriebene Eisenbahnverfassung, als vielmehr auf die Handhabung der Eisenbahnen ankomme, und dafs der Staat Mittel genug in Händen habe, um auch die Privatbahnen zu einer wahrhaft volks- wirthschaftlichen, oder gemeinnützigen Ausübung des ihnen verliehenen Privilegs zu zwingen. Mit anderen Worten, dafs die Privatbahnen keine reinen Privatgeschäfte, sondern staatlich regu- lirte Unternehmungen oder »delcgirte Ver waltungen« seien, und dafs der Staat auf dem Wege der Regulirung privater Unter nehmungen dieselben Vortheile erreichen könne, die den staatlichen, oder sonstigen öffentlichen Unternehmungen zugeschrieben werden. Dieser Gedanke scheint für den Verfasser mafs- gebend gewesen zu sein und daher haben wir diesen die Einleitung bildenden Theil des Buches etwas ausführlich behandelt. Er fragt, ob, wenn der Gedanke überhaupt richtig ist, dafs der Staat durch Regulirung der privaten Unternehmungen, also durch Regulirung der individualistisch organisirten Volkswirthschaft die derselben an klebenden Mängel beseitigen, oder doch wesent lich mildern kann, nicht durch einen regu- lirenden Eingriff der Staatsgewalt das nämliche, oder doch ein ähnliches Re sultat erzielt werden könnte, wie solches der Socialismus durch die Einführung des collectiven Eigentums schlechthin, oder wenigstens des collectiven Grund- und Capital - Eigenthums zu erreichen hofft. Der zweite Abschnitt des Buches behandelt die Frage: „Ist die Aufhebung des Privat eigenthums durchführbar?“ Dieselbe wird von dem Verfasser verneint und er gelangt dann zu der Frage: „Ist die Abschaffung des Eigenthums nothwendig?“ Dieser Abschnitt giebt dem Verfasser Veran lassung, die Lage der Arbeiter eingehend an der Hand der gewöhnlich von den Socialisten er hobenen Klagen zu behandeln. Er erkennt die selben im allgemeinen als berechtigt an und er blickt den Grund hauptsächlich in der mangeln den Organisation der Volkswirthschaft. Der Ver fasser weifs sich aber in mancher Beziehung von rein theoretischer Auffassung des Verhältnisses' zwischen Unternehmer und Arbeiter nicht frei zu halten. Er verlangt, um die Unsicherheit aus der Existenz des Arbeiters zu bannen, dafs die selben, wie die Staatsbeamten, fest, also unkünd bar, mit steigendem Einkommen und mit voller Pensionsberechtigung angestellt werden sollen. Der Verfasser giebt freilich zu, dafs unter den jetzigen Verhältnissen die Unternehmer durch die Unsicherheit der eigenen Lage verhindert sind, die Arbeiter derart zu stellen; er kommt jedoch am Schlufs seines Werkes nochmals auf diesen Punkt zurück und glaubt, dafs, wenn die Volks wirthschaft, vor allem die Production im Staate organisirt sein würde, die Unternehmer wohl in der Lage sein würden, ihre Arbeiter fest, wie Beamte anzustellen. Für unsern Leserkreis dürfte es kaum nothwendig sein, die Unhaltbarkeit der artiger Theorieen darzulegen. Ein Fabrikbetrieb mit fest, unkündbar angestellten Arbeitern ist undenkbar, ist ein Ideal, an dessen Verwirklichung vielleicht gegangen werden könnte, wenn die denkbar höchste Vollkommenheit in jeder Be ziehung Gemeingut aller Menschen geworden wäre; aber auch dieser ideale Zustand dürfte den irdischen Verhältnissen niemals beschieden sein.