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Schienenkopfe parallele Kraft wirkt nur, wenn der Zug in Bewegung ist. Abnutzung durch rollende Reibung findet natürlich nur statt, wenn diese beiden Kräfte gleichzeitig wirken. Wenn aber zwei Kräfte gleichzeitig auftreten, so mufs die Richtung ihrer Wirkung die der Resultirenden der beiden Kräfte sein. In dem Falle, welchen wir hier betrachten, haben wir es mit einer verticalen und einer horizontalen Kraft zu thun, die Resultirende wird daher eine diagonale Richtung haben. In anderen Worten, bei der rollenden Reibung, falls die oben angeführte Anschauungsweise richtig ist, mufs die Richtung derjenigen Kraft, welche Abnutzung zur Folge hat, als diagonal zur Richtung des Schienenkopfes angesehen werden. Bei den Trieb rädern ist diese Diagonale gegen die Richtung des Zuges, und bei den übrigen Rädern in der Richtung des Zuges geneigt. Indem wir noch für einen Augenblick auf die oben erwähnte Auffassung zurückkommen, dafs die Oberflächen des Schienenkopfes und des Rad kranzes sich wie Zahnstange und Getriebe ver halten, mit unendlich kleinen, aber unregelmäfsigen Zähnen, wollen wir nun sehen, was für einer Beanspruchung durch diese diagonal gegen den Schienenkopf wirkende Kraft die Zähnchen aus gesetzt sind. Ich kann nicht umhin, zu dem Schlüsse zu gelangen, dafs dieselbe auf Biegung hinwirken mufs. Falls die unendlich kleinen Zähne des Radkranzes und der Schiene nicht in Zwischenräume einpassen, sondern gegeneinander | stofsen, wenn also nur die Zahnköpfe beansprucht sind, dann ist die Beanspruchung gewifs eine biegende; und falls die Zähnchen richtig inein ander greifen wie das Getriebe in die Zahnstange, dann mufs ebenfalls, so lange wenigstens, als die zur rollenden Reibung erforderliche Bedingung der Bewegung des Zuges stattfindet, die Bean spruchung auf Biegung in Kraft bleiben. Wenn unsere Idee von der Beschaffenheit der bei der Abnutzung betheiligten Oberflächen, und der Art ihrer Beanspruchung, richtig ist, dann ist Abnutzung nichts anderes als ein Ab brechen und Abreifsen der unendlich kleinen Zähnchen, infolge der auf sie einwirkenden Kräfte. Und nun ist es ganz klar, warum weiche Schienen am dauerhaftesten sind, denn je härter ein Stahl ist, desto spröder ist er; und je spröder das Material, desto leichter werden diese unendlich kleinen Zähnchen durch die auf sie einwirkenden Kräfte abgebrochen werden. Andererseits, je weicher der Stahl, desto mehr werden die Zähnchen sich bei ihrer Beanspruchung biegen und aus platten , ohne zu brechen. Oder, allgemein sprechend, wenn die Natur des Stahles eine solche ist, dafs bei der Beanspruchung desselben, welcher Art sie auch sein möge, die Zähnchen leicht abbrechen, eine Eigenschaft, welche charakte ristisch für ' harten Stahl ist, dann wird eine j II.3 rapide Abnutzung stattfinden. Wenn, anderer seits, die Natur des Stahles eine derartige ist, dafs die Zähnchen leicht ihre Form verändern, ohne zu zerreifsen, leicht sich biegen und aus platten, ohne abzubrechen, eine Eigenschaft, die dem weichen Stahle eigenthümlich ist, dann wird der Stahl sich langsam abnutzen.“ Aus Herrn Chanutes Experimenten geht klar hervor, dafs mit einer Last von 6500 kg und mehr auf einem Locomotivtriebrade, der Druck die Elasticitätsgrenze des Stahles am Berührungs punkte überschreitet, und dafs daher diese kleinen Erhebungen, die, wie wir zugestehen müssen, auf jeder Schiene vorhanden sind, bei jeder Um drehung des Rades eine permanente Formänderung erleiden und schliefslich abbrechen müssen. An dererseits zeigen manche der von Dr. Dudley mitgetheilten Diagramme abgenutzter Schienen, dafs ein erhebliches Geben des Materiales von einer Stelle zur andern stattgefunden hat. Nr. 2 von Dudleys Illustrationen mag als Beispiel dienen. Ob nun mehr Metall durch das Nachgeben eines weichen Materials, wie oben dargelegt, oder durch das Abbrechen kleiner Theilchen der Ober fläche durch eine schleifende Wirkung, entfernt wird, das hängt von vielen Umständen ab und kann nur durch wirkliche Versuche für jeden einzelnen Fall bestimmt werden. Es ist eine ganz gewöhnliche Erscheinung an Eisenbahnstationen, wo Bremsen häufig in Anwendung kommen, dafs flache Stahlmassen von den Schienenköpfen förmlich nach der Aufsen- seite hin gequetscht und allmählich abgebrochen werden. Dieselbe Art der Abnutzung mufs in geringem Grade an allen Stellen der Linie statt finden. Während es indessen eine keinesweges ent schiedene Frage ist, ob harte oder weiche Schienen am dauerhaftesten sind, so kann es nicht be zweifelt werden, dafs harte Schienen mehr zum Brechen geneigt sind, und es ist daher im ganzen wohl besser für den Fabricanten, nach der Seite der Weichheit hin zu fehlen. Aber Dr. Dudleys ideale Zusammensetzung für Schienen ist eine 3