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October 1882. „STAHL UND EISEN.“ Nr. 10. 457 5. Durch eine procentuale Vertheilung des Rein gewinnes, die unter voller Berücksichtigung der Betriebskraft jedes einzelnen Unterneh mers und aller sonstigen in Rechnung kom menden Conjuncturen zu erstellen ist, würde der Arbeitgeber die bisher nicht entlohnte Arbeit seinen Arbeitern vergüten. 6. Der bisherige Nettogewinn des Fabrikanten oder I internehmers besteht, wenn man die Eventualitäten günstiger Geschäfts- und Zeit- umstände in Abrechnung bringt, zum guten Theil durch die Verwerthung, d. h. Moneti- sirung aufgespeicherter, aber nicht entlohnter Arbeit. 7. Wenn ich daher den Antrag stelle, dahin zu wirken, dafs diese nicht entlohnte Arbeit durch eine gesetzlich geregelte procentuale Vertheilung des Nettogewinnes dem Arbeiter rückvergütet wird, so glaube ich, um mich der Worte des Fürsten Bismarck zu bedienen, Ihnen auch nur ein Postulat des »praktischen Christenthums« zu empfehlen. Freiherr von Fechenbach-Laudenbach." Diesen Ausführungen entspricht der Inhalt der erwähnten Broschüre. Die Expropriation der Armen durch die Reichen ist das Grund thema. „Ist es endlich dem freien Spiel der Kräfte (der Manchesterschule) gelungen, nach dem Gesetz der Schwere die bereits angesam- melten Kapitalmassen in den Händen noch Weni gerer zum Nachtheil der Gesammtheit in einer Weise zu vermehren, dafs einige Tausend Ueber- reiche über die gesammten Productionsmittel ge bieten, so hat, wie Karl Marx schreibt, die Stunde des kapitalistischen Privateigenthums geschlagen, und die Expropriateurs werden von den expro- priirten Massen expropriirt." Die Integrität der Gesellschaft ist durch die furchtbaren Besitzverschiebungen verletzt, deren Consequenz die sociale Frage ist; zur Beseiti gung müssen „Verhältnisse selbst mit Gewalt durchgeführt werden“ , um den Einzelnen vor den Besitzverschiebungen zu schützen. „Dem wuchernden Grofskapitale müssen die Gelegen heiten entzogen werden , über alle anderen In teressen hinweg nur sich zu dienen, und es mufs, wenn die heutigen Staaten nicht infolge der unnatürlichen Kapital-Concentration zu Grunde geben sollen, ein anderer Gang bei den Vermö gensbildungen erzwungen werden.“ Indem der Verfasser den Gedanken ausfülirt, dafs Staaten, in denen die Geldverhältnisse den Ausschlag geben, sich immer in einer revolutio nären Gährung befinden, gelangt er zu der Be hauptung, dafs die Praktiken, durch welche das Grofskapital in continuirlicher Weise vergröfsert wird, über den heutigen Gesetzen stehen. Die »freien Künste« der Kapitalisten sind aber auch für diese selbst gefährlich, da „die Resultate dieser Kunstleistungen keine gesetzliche Berufung besitzen.“ Der Verfasser versteht unter den »freien Künsten« des Grofskapitals, über welche bereits längst der Stab gebrochen ist, Betrug, Bestechung und verbrecherische Manipulationen, denn aus diesen sind die angehäuften Kapital massen direct entstanden. Das ganze öffentliche Leben ist dur h das Treiben der Kapitalgewal- fixen vmi Grund aus vergiftet. - Die Vorzüge des modernen Kaufmanns beruhen nicht gerade selten in der Praxis des Betrugs. Die moderne Entwicklung unserer Institutionen betrachtet Herr von Fechenbach als die Gelegen heit für einen äufserst kleinen Bruchtheil der Gesellschaft, auf Kosten der grofsen Mehrzahl immer noch reicher und mächtiger zu werden. Er will für das Volk wieder die Freiheit gewin nen, sich ein Eigenthum verschaffen zu können. Als Mittel hierzu betrachtet er eine gesetzliche Regelung der Lohnfrage; welcher Art diese sein soll, geht bereits aus den Motiven zu seinem vor erwähnten Antrag hervor. Zu Vorschlägen bezüglich der Ausführung kommt Herr von Fechenbach in dem zweiten Abschnitte seiner Schrift. „Also nicht durch die Altersversorgung der Arbeiter läfst sich die Ar beiterfrage lösen, sondern nur durch die Rege lung der Lohnfrage;“ so lautet der erste Satz dieses zweiten Abschnitts. Herr von Fechenbach hat eine Ahnung, dafs diese Frage doch auch den Arbeitgeber berührt, er sagt daher weiter in bezug auf diesen: „Hier kann von vornherein von keiner Beschränkung die Rede sein, sondern es handelt sich nur um die gröfsere oder kleinere Summe, welche der Fabrikant oder Unternehmer aus dem »Zusammenwirken« von Kapital und Arbeit bisher für sich allein erübrigte.“ „Nur dieses »Mehr« , an dem die Arbeit so gut wie das Kapital betheiligt ist, soll zur An bahnung der Lösung der Lohnfrage beigezogen werden, in welcher die Arbeiterfrage culminirt. In welchen Procentsätzen dieses »Mehr«, oder der Nettogewinn, zur Vertheilung zwischen den Unternehmern und den Arbeitern kommen soll und kommen kann, das unterliegt sehr mannig fachen Vorarbeiten und Erhebungen, und kann es sich hier selbstverständlich nur um Aufstellung von ganz allgemeinen Normen handeln.“ Also der Unternehmer soll mit dem Arbeiter theilen, wobei freilich die Frage dem Herrn von Fechenbach noch Schwierigkeilen bereitet, „nach welchen Normen die Arbeiter unter sich den sie treffenden Theil des Nettogewinnes zu theilen haben“. Auch glaubt er, dafs die Höhe.des Pro centsatzes, welcher vom Nettogewinn abzugeben ist, nach der Art des Unternehmens verschieden sein müssen, und er gesteht zu, dafs hierüber noch detaillirte Ausarbeitungen erforderlich sein werden. Mit dem Hauptplan ist Herr v. Fechenbach aber bereits fertig, er sagt: Nur uni ein ganz allgemeines