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506 Nr. 10. „STAHL UND EISEN.“ October 1882. gegenüber, wobei Raum für 10 oder 12 mehr vorhanden ist. Die Oefen zeigen nichts Besonderes; sie sind ein fache Siemensöfen mit 8 bis 10 t Fassungsvermögen. Die Gewölbe derselben sind wie allgemein in England aus feuerfesten Steinen von Wales gebaut, die in der gebräuchlichen Hitze fast unzerstörbar sind. Vier- oder fünfhundert Hitzen sind gang und gebe für eine Mauerung. Der Procefs wird mit Roheisen, Erz und Schrott geführt, deren Verhältnifs je nach der herzustellenden Stahlqualität oder dem Preis des einen oder andern Materials schwankt. Schwedisches Roheisen wird wegen seines niedrigen P-Gehaltes gewöhnlich für besten Stahl genommen, zum gröfseren Theil wird jedoch an der Westküste oder in Schottland aus spanischen Erzen dargestelltes Roheisen verwandt. An die Verwendung schottischer Roheisen denkt man demgemäfs nicht, wenn nicht basische Futter gebraucht werden. Das Letztere ist versucht worden, hat sich aber nicht bewährt, und zwar aus guten Gründen. Die basische Fütterung ging nämlich nur bis zum Widerlager des Gewölbes, das letztere wurde hin gegen aus sauren Steinen aufgeführt, so dafs die Stofs- kante beider alle die zur Bildung einer sehr dünn flüssigen Schlacke nöthigen chemischen Bedingungen bot — gerade das Gegentheil von dem, was man er zielen mufs. Man sagte mir, dafs man zwischen beide Mauerungen eine neutrale Schicht, aus Graphit be stehend, die unschmelzbar und neutral gegen beide Ziege] ist, gelegt habe, dieselbe sei aber weggebrannt. Das einzige Hülfsmittel würde dann sein, die Mauerung durchweg aus basischen Ziegeln aufzuführen, und soll der Versuch demnächst gemacht werden. Es wird sich voraussichtlich einige Schwierigkeit herausstellen, das Gewölbe fest genug herzustellen, um den Tem peraturveränderungen gegenüber widerstandsfähig zu sein. Die Pfannen werden nicht in Krahnen, wie in den Bessemer und den meisten amerikanischen offenen Herdwerken, sondern in auf Geleisen laufenden Wa gen transportirt. Die Geleise liegen rechtwinkelig zur Vorderseite der Oefen, und befinden sich die Giefsgruben zwischen denselben. Diese Anordnung ist bei Hussey, Howe & Co. in Pittsburgh und einigen wenigen anderen amerikanischen Werken im Gebrauch, wird aber dort allgemein als dem Krahnensystem unterlegen angesehen. Man konnte auch Verschiede nes gegen die Einrichtung in Newton einwerfen. Die Ingots werden in verschiedenen Gröfsen und Formen, je nach der Verwendung derselben, gegossen. Die für Kesselbleche bestimmten werden in grofsen, 12" dicken Platten gegossen, die auf 7 bis 8" herunter gehämmert werden, ehe sie gewalzt werden, statt dafs letzteres Verfahren direct, wie meistens in Amerika, angewandt wird. Es ist aufser Frage, dafs das dort gebräuchliche System dem des Giefsens auf 8" mit direct folgendem Walzen vorzuziehen ist, jedoch halte ich das Verfahren, Platten von 12" zu giefsen und diese direct herunterzuwalzen, für ebenso gut und weit öconomischer. In beiden Fällen hängt die Qua lität von der Gesammtgröfse der Reduction von In- got auf Blech ab, und meine Erfahrungen, die sich auf jüngst gemachte Versuche stützen, gehen dahin, dafs es vorzuziehen ist, wenn die Reduction gänzlich durch die Walzen geschieht, anstatt theilweise durch den Hammer, wie mancher alte Hüttenmann es für besser hält. Das Verfahren des directen Auswalzens ist in den Otis'-Werken in Cleveland Ohio und bei Schön berger & Co. in Pittsburgh eingeführt, und ich hege keinen Zweifel, dafs dort darin ein Vortheil gegen über der Verwendung von Ingots von geringerer Dicke, sowohl was die Qualität als auch die Oeconomie in der Fabrication anbelangt, gefunden worden ist. Auf meine Frage nach der Höhe des P-Gehaltes gab ein Beamter mir die Auskunft, dafs sie zwar nicht immer bis auf 0,03 °/o oder weniger, jedoch fast niemals über 0,05 °/o kämen. Dies ist ein gutes Re sultat; dasselbe ist der Auswahl der Materialien zu verdanken. Mit besten Marken Hämatiteisens der Westküste, schwedischem Eisen und spanischem Erz mag es leicht genug sein, niemals 0,05 °'o P-Gehalt zu überschreiten, eine Grenze, die man als die äufserste für ein gutes Kesselblech ansehen kann; eine Platte für eine Locomotiv-Feuerbüchse sollte noch weniger enthalten. Es sei hier bemerkt, dafs in England wie auf dem Continent die Feuerbüchsen äufserst selten oder niemals aus Stahl hergestellt werden, während in Amerika einige der ersten Eisenbahn gesellschaften nichts Anderes dazu verwenden. Es mag hierdurch ein Fabrications-Geheimnifs verrathen werden, dasselbe ist jedoch derart, dafs es preisge geben werden mufs. Die Hauptursache, weshalb dort die Feuerbüchsen nicht aus Stahl fabricirt werden, bildet der Phosphor. Ist noch eine andere Ursache vorhanden, so ist es der Kohlenstoff. Dafs man den Gehalt des Stahles an diesen zwei Elementen nicht niedrig genug hielt, ist unzweifelhaft der Grund gewesen, der in der alten Welt die Nicht bewährung einer grofsen Zahl stählerner Feuer büchsen und damit deren gänzliche Verdammung her beigeführt hat, während dieselben in Amerika infolge Erkenntnifs dieses Verhaltens in fast allgemeinen Ge brauch gelangt sind. Dafs das schottische Werk grofse Erfolge in der Fabrication von Stahlplatten für Kessel und Schiffe erzielt hat, wird durch die Zeugnisse, die gelegent lich der Verwerfung der Stahlkessel der russischen Yacht Livadia durch zahlreiche Ingenieure beigebracht wurden, am besten bewiesen; kein Blech des schot tischen Werks noch der Landore Siemens Steel Com pany ist je verworfen worden. Die' verworfenen waren in Sheffield gefertigt und durch solche des schottischen Werks ersetzt worden. Wie ich mit eigenen Augen sah, hielt ein Stab Nietenstahl 4260 kg pro qcm bei 32,8 0 o Elongation aus. Dieses gleich zeitige Auftreten von Festigkeit und Dehnung scheint mir unübertroffen dazuslehen. Die schottische Steel Company hat viel zur Fabrication von blasenfreiem Stahlgufs beigetragen. Ich sah verschiedene abgedrehte Proben, die einfach tadellos waren. Sie waren sämmtlich im offenen Herd nach einem geheim gehaltenen Verfahren her gestellt; das Geheimnifs, das jetzt wohl bekannt ist, besteht in dem Zusatz von Kieseleisen, oder von sol chem mit Mangan kurz vor dem Abstich. Eine ein gehende Beschreibung des Verfahrens, wie es in Terre-noire gebräuchlich ist, hat Holley vor einigen Jahren veröffentlicht. Man erzählte mir von voll ständig blasenfreiem Stahlgufs, der dort gefertigt wird; derselbe sei so weich, dafs er beim Erhitzen und Eintauchen in Wasser weder hart noch ange lassen werde. Ich kann noch ein anderes »Geheimnifs« verrathen, nämlich das des Stahlschweifsens, Dies ist nichts Neues, mögen einige Leser sagen. Gewifslich, aber die mir früher gezeigten geschweifsten Proben liefsen sich sämmtlich an der Schweifsstelle wieder mit Leichtigkeit trennen, wenn sie nicht in einem sehr hoch erhitzten (Siemens)-Ofen ohne reducirende Flamme und mit grofser Schnelligkeit geschweifst waren. Jedoch in einem gewöhnlichen Schmiedefeuer durch einen gewöhnlichen Schmied und ohne Flufs- mittel Stahlschrott in einen Stab geschmiedet zu sehen, scheint mir den Meisten unbekannt zu sein. In Schottland geschieht dies indefs; das »Geheimnifs« findet in der chemischen Zusammensetzung seine Lö sung. Der Stahl mufs nämlich sowohl geringen P- wie C-Gehalt, sowie hohen Mn-Gehalt besitzen, etwa 0,05 P, 0,12 G und 0,75 bis 1,00 ’/o Mn. Wie man mir mittheilt, soll auf der Schiffsbauwerft von William Denny & Sons in Dumbarton bei Glasgow Stahlschrott