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(Mit Zeichnungen auf Bl. I. und II.) Das Martinstahlwerk zu Alexandrowsky bei St. Petersburg. Dank hoher Schutzzölle und Prämien, dank grofsartiger Regierungsbestellungen sind in letzter Zeil mehrere neue Stahlwerke in Rufsland er richtet worden, unter diesen das vorgenannte, das bereits vor seiner Grundsteinlegung 30 000 t Schienen regierungsseitig in Auftrag erhielt. Gegen Ende 1877 unter der Leitung eines finnischen Ingenieurs, A. Lundgren, begonnen, wurde der Betrieb des Werks im März 1879 eröffnet. • Am Werke betheiligt sind ausschliefslich Fran zosen, vorzugsweise Actionäre von Terre-Noire in Frankreich, die der Ansicht waren, dafs Bestel lungen der russischen Regierung auf Geschosse und Geschütze aus blasenfreiem Stahl vortheil- hafter im Lande selbst als in Frankreich auszu führen seien. In natürlicher Folge hiervon diente Terre-Noire hinsichtlich der Ofenconstruction und Betriebsverfahren als Vorbild für das neue Werk. Grundrifs und Durchschnitte des Werks zeigen Blatt I und II. Es sind 6 Schmelzöfen für Chargen von 7 t und einer für solche von 91, sowie 6 Vorwärmer vorhanden. Die Einzelheiten der Constructionen ersterer sind aus Bl. II Fig. 2 bis 4, ersichtlich. Jeder der vier, gerade unter den Oefen liegenden Regeneratoren hat ein Fassungs vermögen von 10,9 cbm und entfällt, da für jeden Schmelzofen während 24 Stunden etwa 9 t Kohlen verbraucht werden, für jede im Tage verbrannte Tonne Kohlen etwa 4,8 cbm Raum. Der Boden der Oefen wird auf einer 65 mm starken Mauer schicht von Dinassteinen aus einer feuchten Masse aufgestampft, die zu 42,5 °/o aus reinem See sand, zu 42,5 °/o calcinirtem Quarz von Bohnen- gröfse und 15 °/o feuerfestem russischen Thon be steht. Die Generatoren sind aus schwedischen Ziegeln gemauert, die sich sehr bewährt haben; Gewölbe, Wände und Feuerbrücke der Oefen sind aus Dinassteinen gemauert, als Mörtel wird eine Mischung von 1 Th. feuerfestem Thon und 2 Th. Seesand genommen. Die Oefen dauern im Mittel 232 Chargen, abgesehen von einer kleineren Reparatur, die nach 150 Schmelzen vorgenommen wird. Der Ofen von 9 t Fassungsvermögen ist gleicher Construction wie der kleinere, aber ist 1 m länger und hat 2 Arbeitsöffnungen in 1 m Abstand. Die Heizungsvorrichtungen sind die gleichen wie die kleineren Oefen. Die Generatoren, vergl. Bl. II Fig. 1, haben nahezu die Siemenssche Construction, sie liegen alle in einer Reihe und gehören zu je einem Schmelzofen vier Stück. Je zwei derselben sind nach oben durch ein verticales Rohr verbunden, deren zwei durch ein horizontales Rohr F ver bunden sind, das abwärts zum Umschaltventil und weiter zum Regenerator und Ofen führt. Jeder Ofen hat seinen eigenen Schornstein, der gleichzeitig auch zur Abführung der Brennpro- ducte des nächsten Vorwärmofens dient. Die Generatoren sind 2 m breit, 2,2 m tief und 2,6 m hoch bis zum Gewölbe. Die vordere Seite bildet einen Treppenrost mit 60° Steigung. Die Lage der Generatoren gleich bei den Oefen und unter demselben Dache mit diesen ist für die Beaufsichtigung der Gaserzeugung bequem und in öconomischer Hinsicht vortheilhaft, weil das Gas wenig Wärme verliert; es fällt jedoch der viele Rauch, der sich beim Auflockern der Kohlen in den Stochlöchern entwickelt, den Ar beitern am Ofen sehr zur Last. Aufserdem hat das Gas bei dem Umsatzventil eine so hohe Temperatur, dafs es sich von selbst entzündet, sobald infolge einer Undichtigkeit Luft ange saugt wird. Die Platte des Drehtisches G (Bl. II Fig. 1), der die Coquillen trägt, ist der Zerstörung sehr ausgesetzt und deshalb aus vier leicht auswechsel baren Theilen zusammengesetzt. Der Drehtisch ist durch zwei Mann an dem seitlich gelegenen Steuerrad leicht zu bewegen. Die Coquillen für Schieneningots sind pyramidal und ungetheilt mit festem Boden; sie erweitern sich nach oben im Verhältnifs 5 : 100; sie halten ungefähr siebenzig- maligen Gebrauch aus. Die Vorwärmöfen empfangen ihr Gas von je zwei Generatoren von gleichen Dimensionen mit den oben beschriebenen ; die inneren Dimensionen sind: 3,1m Länge, 2 m Breite und 0,45 m Höhe; an der Vorderseite befinden sich zwei Arbeits- thüren. Da ein Vorwärmofen für zwei Schmelz öfen genügt, so ist immer nur die Hälfte der selben in Betrieb. Bis zum Jahre 1880 wurden alle Rohmate rialien, ausgeschlossen Schienenenden, importirt und eine geringe Menge von Schrott aus dem Aus land importirt. Um dieses Mifsverhältnifs im allgemeinen zu ändern, hat inzwischen die Re gierung mit Beginn des Jahres 1881 die Prämien, welche der Staat bezahlt, von 35 auf 20 Ko peken pro Pud Schienen herabgesetzt, wenn dazu ausländische Materialien verwandt werden. Derselbe Grund veranlafste die gleichzeitige Erhöhung des Eingangszolls auf Roheisen auf 8 Kopeken Gold pro Pud, während vorher die