Volltext Seite (XML)
October 1882. Nr. 10. 475 „STAHL UND EISEN.“ des Apparats durchaus gleichgültig. Gewöhnlich benutzt man die Abhitze des Ofens, speciell bei den Regenerativfeuerungen. Ebenso gut kann aber auch die Wärme durch eine selbständige Feuerung beschall! werden, bei einräumigen Apparaten so gut,’ wie bei zweiräumigen. So geschieht es ja in der That beim Siemens- Cowper und Whitwell-Lufterhitzer. Beide Metho den, die Verwendung der Abhitze oder einer besonderen Feuerung, bedingen durchaus keinen Unterschied in bezug auf Temperatur und Wär- meökonomie und lassen vor allem den Charakter des Lufterhitzers selbst unberührt. Dies mufs ausdrücklich betont werden, da die gegentheilige Ansicht nicht vereinzelt aufgetreten ist. Folgende Ueberlegung wird die Richtigkeit unseres Satzes darthun. Jede Intensitätsfeuerung, z. B. ein Schweifsofen, entläfst mit den glühenden Ver- brennungsproducten ein grofses Quantum Wärme. Diese sogenannte Abhitze steht genau so zu un serer Verwendung, wie die Wärme eines dirccten Feuers. Wir führen sie einmal unter einen Dampfkessel und machen sie bis auf den in § 1 bezeichneten unvermeidlichen Verlust nutzbar. In einem andern Falle leiten wir sie in den Lufterhitzer, welcher, wie der Dampfkessel, die Temperatur bis auf 200 0 berabbringen mufs, so dafs derselbe Bruchtheil unbenutzt in den Schorn stein geht. Heize ich den Lufterhitzer mit der Abhitze, so gebrauche ich unter dein Kessel die entsprechende Menge Brennmaterial in directer Feuerung, umgekehrt mufs der Lufterhitzer dieses Brennmaterial haben, wenn ich die Abhitze im Kessel verwende. Mit anderen Worten reprä- sentirt ein bestimmtes Quantum disponibler Wärme immer denselben Werth, mag es in der Abhitze oder in der Flamme des directen Feuers stecken. Nur auf jener Stufe der Pyrotechnik, wo man die Abhitze verloren gab, erschien es als ein grofser Gewinn, sie in Regeneratoren nutz bar zu machen. Heute erwarten wir von jeder rationellen Heizanlage, dafs alle Feuergase aus Haupt- und Nebenfeuerungen ihre Wärme nutz bringend bis zur Temperatur von 200 0 herge ben , sei es zur Wasserverdampfung, sei es zur Lufterhitzung, sei es zu irgend einem andern Zweck, der ohne die Abhitze ein gleichwerthiges directes Feuer beanspruchen würde. Diese Erörterungen geben uns eine passende Gelegenheit, auf einige unzutreffende Benennungen einzelner Lufterhitzer aufmerksam zu machen. Zuvorderst präsentirt sich das ebenso volltönende, wie gern gebrauchte Wort Regenerator. Dieses Wort heifst nichts anderes als Wiedererzeuger. Dafs nun weder der Siemenssche Lufterhitzer, noch irgend ein anderer imstande ist, aus den Feuergasen, welche ein Ofen entläfst, auch nur eine Calorie von neuem zu erzeugen und also gestattete, aus einem Kilo Brennstoff mehr Wärme disponibel zu machen, als ein für allemal darin stecken, bedarf wohl keiner ernstlichen Erwägung. Gewifs hat auch das Wort nur sagen sollen, dafs der betr. Apparat geeignet sei, einen Theil der Abhitze, welche man früher einfach in die Luft entliefs, nutzbringend zu verwerthen. Er ist ein Wiedergewinner dieser seither verlorenge gebenen Wärme, also ein Recuperator, welches Fremdwort Ponsard für seinen Lufterhitzer wählte. Nach dem Obigen sind nun aber nicht blofs alle Lufterhitzer, sondern auch hinter die Oefen gelegte Dampfkessel oder Abdampfpfannen Wärmerecu- peratoren, weshalb es unpassend ist, diese Be zeichnung einem ganz bestimmten Apparat bei zulegen. Die Bezeichnung Wärmespeicher für den Siemensschen Apparat ist ebenfalls nicht gut. Ein Speicher ist ein Raum, worin man Vorräthe aufhäuft, um dieselben beliebig später zu verwenden. Die Steine des Siemens-Apparats nehmen aber weder mehr Wärme auf, als gleich artige Steine im zweiräumigen Apparat, noch halten sie dieselben fest bis zu einem beliebigen späteren Zeitpunkt. Die Steine sind in beiden Ordnungen der Lufterhitzer lediglich Wärme übertrager. Wir geben gern zu, dafs es schwer, ja un möglich ist, einen guten Namen zu finden, welcher das Wesen eines Dinges genau bezeichnet, halten dies aber für kein Unglück. In den meisten Fällen ist das Wort nur ein rein äufserlicher Titel; wer erfährt z. B. aus dem Worte Haus den ganzen Be griff des Hauses? In unserm Falle ist übrigens auch ohne Latein oder Griechisch eine einfache und zweckmäfsige Benennung wohl zu finden. Vor allem sind die fraglichen Apparate in ihrer Gesammtheit doch wohl am besten mit dem Prä dicate zu belegen, welches ihre Function wirklich angiebt. Dies ist das Wort Lufterhitzer. Soll noch die Ordnung mitbezeichnet werden, so thut dies das Attribut einräumig oder zwei räumig. Die Gattungen und Individuen benennen wir schliefslich nach den Erfindern. Demgemäfs wollen wir fortan an Stelle des Worts Regene rator setzen »Siemenscher Lufterhitzer« und nicht mehr von einer regenerativen Feuerung sprechen, sondern von iner Feuerung mit Siemenschem Lufterhitzer. Wenngleich viele neuere Erfindungen bei Annahme dieser Bezeichnungsweise des schönen Schmucks eines volltönenden Titels verlustig gehen, so wird dafür aber vielen Mifsverständ- nissen , Irrthümern und Streitigkeiten, die das Wort Regenerator gebracht hat, die Quelle ver stopft. Die berührten Fehlgriffe in der Nomenclatur schreiben sich daher, dafs man einen principiellen Unterschied zwischen den beiden Methoden, den Lufterhitzern die Wärme zuzuführen, erblickte, während, wie vorhin gezeigt, es in betreff der Ofen temperatur, wie der Wärmeöconomie gleichwerthig ist,ob jene Wärme durch die Abhitze oder ein be sonderes Feuer geliefert wird.