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äufserst heifs, und so ist Silicium aus der Schlacke oder den Steinen durch den zu gesetzten Kohlen stoff reducirt worden. Dieses indifferente Verhalten des Siliciums bei der Spiegelreaction steht in Einklang mit dem Verlaufe der Siliciumverbrennung beim deut schen Bessemerprocefs, wie er durch meine Ar beiten * zuerst bekannt geworden. Das Silicium verhält sich von der Mitte des Processes ab ähnlich, wie der Phosphor beim Thomasprocefs. Es brennt nicht, so lange der Kohlenstoff brennt, und verschwindet erst am Schlufs, nachdem der Kohlenstoff entfernt. Nach einer mir von Herrn Ingenieur Wasum, dem Leiter der Bessemerhütte in Bochum, gemachten Mittheilung kann in der Milte des Bessemerprocesses sogar eine Zunahme des Si eintreten, sobald die Charge sehr heifs eingeschmolzen. Es ergab sich aus überein stimmenden Doppelanalysen nach 51/2 Minuten 0,735 Si, nach 11 Min. 0,872 °/o , nach 141/2 Minuten 0,807 °/o, nach 161/2 Min. am Ende 0,605 °/o- Nach alledem reagirt das Si nicht auf das gelöste Eisenoxyd, verhindert nicht die Spiegel reaction, verhindert vor allem durch seine blofse Anwesenheit nicht das Entstehen undichter Güsse. Aber wie kommt es denn, wird man entgegnen, dafs ein Silicitzusatz am Ende des Martinprocesses unbedingt der Bildung von Gasporen in den Güssen entgegenwirkt? Diese Thatsache steht fest und wir leugnen sie gewifs nicht. Im Gegentheil, sie ist ein neuer Beweis, dafs die Reactionstheorie unhaltbar, ist. Wenn Anwesenheit von Silicium die Gassecretion nicht verhindert, dagegen Zusatz von Sicilium zum fertigen Stahlbade dieselbe unterdrückt, so folgt daraus, dafs hier keine chemische, sondern eine physikalische Wirkung vorliegt, im Sinne der Absorptionstheorie. Die Sache liegt doch so einfach. Das Silicium ver mehrt die Löslichkeit der Gase im Stahl, das vorher gesättigte Bad wird ungesättigt und des halb unterbleibt die Ausscheidung. Selbstredend kann dieses ungesättigte Bad sich trotz seines Siliciumgehaltes von neuem sättigen, falls es Gelegenheit hat, weiter Gase aufzunehmen. Ein zweiter Zusatz würde es dann möglicherweise wieder ungesättigt machen. Wir sagen »möglicher weise«, weil uns keine dahin zielende thatsäch- liehen Beweise vorliegen. A priori aber ist es nicht sicher, ob die Löslichkeit dem Silicium gehalt proportional wächst, vielmehr ist es wahr scheinlich, dafs ein Zusatz von 0,1 % Si zu einem Bade von 0,0 % Si energischer wirkt, als eine Vermehrung von 0,5 °/ 0 zu 0,6 °/ 0 . Beim Martinpro- cefs, wo gerade das SilicitVerWendung findet, handelt es sich um den ersteren Fall. Diese einfache Erklärung ist nicht allein von mir in meinen letzten Schriften, sondern vor einem Jahre auch * S. die nämliche Abhandlung. von Gautier von dem Iron and Steel Institute ge geben worden. Wem es nicht in den Sinn will, einer so kleinen Menge solchen Einflufs auf die Löslichkeit zuzuschreiben, möchte ich auf die Analogie des Kupfers und Nickels hinweisen. Bei diesen Metallen, welche im chemisch reinen Zustande spratzen und porös erstarren, kann doch wohl kein Mensch an etwas anderes, als an eine Absorption und nachherige Ausscheidung von Gasen denken. Diese Gase sind bekanntlich Kohlenoxyd und Wasserstoff; an Sauerstoff, welcher das Silber spratzend macht, ist natürlich bei den gedachten unedlen Metallen nicht zu denken. Es ist nun aber Thatsache, dafs schon 0,1°/ Blei schmel zendem Gu hinzugefügt, und 0,12 Magnesium zum Nickel, die Ausscheidung der Gase unterdrückt. Jedermann nimmt hier eine Vermehrung der Löslichkeit an. Es liegt also kein Grund vor, weshalb nicht auch beim Eisen ein geringer Zusatz von gewissen Stoffen ähnlich wirken soll. Die Erfahrung, und nur diese, hat darüber zu entscheiden. Thatsächlich ist in dem Silicium ein solcher dichtender Zusatzstoff aufgefunden worden. — Bis hierher sind alle unsere Betrachtungen unabhängig gewesen von irgend welchen ex perimentellen Feststellungen über die Natur der im Stahl eingeschlossenen Gase. Die Reactions theorie hat sich ohne Hülfe der Gasanalyse als haltlos gezeigt, und die Absorptionstheorie ist physikalischer Natur und pafst auf Gase irgend welcher Zusammensetzung. Demnach wird an unserer Auffassung des Secretions- phänomens auch durch den Ausfall der Gas analyse nichts geändert. Wenn es sich aber herausstellt, dafs die Gase nicht aus reinem Kohlenoxyd bestehen, so ist der Reactionstheorie auch der letzte Lebensfunken ausgeblasen. Früher galt unter Hüttenleuten und Natur forschern ganz allgemein, dafs das vom ge schmolzenen Eisen aufgelöste und nachher wieder ausgeschiedene Gas Kohlenoxyd sei, vielleicht vermischt mit etwas Stickgas. Diese Ansicht hat sich nicht auf den Ausspruch irgend einer Autorität hin befestigt, sondern weil sie die naheliegendste ist. Während der Umwandlung des Roheisens in schmiedbares Eisen im Puddel ofen, im Converter, auf dem'Siemensherd wird ja aller Kohlenstoff zu Kohlenoxyd verbrannt und dieses kommt mit dem Metall in die innigste Berührung. Aufser diesem .Gase konnte nur noch der atmosphärische Stickstoff, welcher über all, namentlich beim Bessemerprocefs, leicht auf genommen werden kann, in Betracht kommen. Da aber der directe Augenschein lehrte, dafs das während des Giefsens entbundene Gas mit nicht leuchtender, farbloser Flamme brennbar ist und es aufserdem auf den Hütten eine bekannte Er. fahrung ist, dafs nach dem Durchbrechen eine