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zu nehmen war, der Anreiz also fehlte, eine einmal ausgesprochene Meinung auch bis zum Aeufsersten aufrecht zu halten und zu vertheidigen, so war die Geneigtheit nicht zu verkennen, auch die Gründe des Gegners voll zu würdigen und gegebenen Falls auch als richtig anzuerkennen. Ganz besonders schien es mir, als wenn die Vertreter der Wissenschaft, welche das Haupt- contingent der Mitglieder bildeten, die vom Stand punkte der Praxis gemachten Ausführungen mit Interesse verfolgten und geneigt waren, den sich derart eröffnenden neuen Gesichtspunkten volle Gerechtigkeit angedeiben zu lassen. Auch wurde anerkannt, dafs die so werthvollen Forschungen unserer Gelehrten unter der Mitwirkung ein sichtiger Praktiker leichter für die Gestaltung unserer socialen und wirthschaftlichen Verhält nisse verwertliet werden können. Für die Zwecke des Vereins erweist es sich als vollkommen genügend, wenn der Vorsitzende, nach Schlufs der Debatte, in einem Resume diejenigen Ansichten zusammenfafst, über welche in der Versammlung Einstimmigkeit zu herrschen schien, und diejenigen abweichenden Ansichten recapitulirt, welche in den Referaten, respective in den Debatten, hervorgetreten waren. Der Herr Vorsitzende entledigte sich dieser Aufgabe mit solchem Geschick und solch vollkommener Ob- jcctivität, dafs keine seiner Bemerkungen zu irgend welchen Einwendungen Veranlassung gab. Ich habe es lebhaft bedauert, dafs sich, bis auf sehr wenige Ausnahmen, die Industriellen von der Versammlung fern gehalten haben; ich habe die Ueberzeugung, sie würden mit dem selben wohlthuenden Gefühle, wie ich, eine Ver sammlung verlassen haben, deren sachliche, ob- jective, stets auf der Höhe vollkommensten An standes gehaltene Verhandlungen jeder in dieser Weise vorgebrachten Ansicht dieselbe achtungs volle Aufnahme bereiteten. Ich würde mich freuen, wenn es mir gelingen sollte, das Inter esse für den Verein für Socialpolitik auch in industriellen Kreisen wach zu rufen und dieselben zu bewegen, bei den Arbeiten des Vereins mit zuwirken. Es wurde über die folgenden Fragen ver handelt. l.Die Vertheilung des Grundeigenthums und die Form des Erbrechts im Deutschen Reiche; im Anschlufs hieran über die Bildung und Erhaltung von Mittelbesitz. 2. Die internationale Fabrikgesetzgebung. 3. Die Frage der grofsen und kleinen Armen verbände und ihres Verhältnisses zu einander, sowie die Frage des Versicherungszwanges. Zu dem dritten Punkte bemerke ich, dafs derselbe nur theilweise und namentlich in bezug auf die Frage zur Erörterung gelangte, inwie weit die öffentliche obligatorische Armenpflege eine Entlastung durch die in Aussicht stehenden Versicherungsgesetze zu gewärtigen habe. Die Ansicht der Versammlung ging dahin, dafs diese Entlastung eine durchaus unwesentliche sein würde ; im übrigen gelangten bei dieser Gelegen heit die hauptsächlichsten Bestimmungen der Gesetzentwürfe für die Kranken- und Unfall versicherung der Arbeiter, sowie die Alters- und Invalidenversorgung, zu einer recht eingehenden Discussion. Auf die Verhandlungen will ich jedoch für heute nicht näher eingehen ; das zu thun behalte ich mir bis zum Eingang der stenographischen Berichte vor, da nur diese die Resumes des Präsidenten, auf welche bei einer Berichterstattung das Hauptgewicht gelegt werden mufs, getreu wiederzugeben gestatten. Einen Punkt möchte ich jedoch noch besonders hervorheben. Man ist in weiten Kreisen geneigt, den Männern der Wissenschaft starren Doctrina- rismus zum Vorwurf zu machen. Die Professoren und Gelehrten, welche den Verein für Socialpolitik in der Hauptsache bilden, haben bewiesen, dafs solcher Vorwurf nur mit Unrecht gegen sie er hoben werden könnte. Denn während der Verein in den ersten Jahren seines Be stehens den Versicherungszwang ent schieden verwarf, erhob sich in der 1 e t z t e n G e n c r a 1 v e r s a m in 1 u n g k e i n e S t i m m c gegen denselben, was von dem Vor sitzenden ausdrücklich constatirt wurde. 11. A. Bueck. Neuanlagen von Eisen- und Stahlwerken in den Minette- Districten. (Mit Zeichnung auf Bl. I.) Die ausgedehnten Eisenerzablagerungen in Lothringen, Luxemburg und im Nordosten Frank reichs haben in den letzten Jahrzenten, seitdem ihre Ausbeulung in rapider Entwicklung begriffen ist, vielfach die Aufmerksamkeit der Eisenin dustriellen erregt, weil das, für den Abbau so aufsergewöhnlich günstige Vorkommen und der geringe Bedarf an fremden Zuschlägen für die Roheisenerzeugung in ökonomischer Beziehung sehr vortheilhafte Bedingungen bieten. Durch die