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128 Nr. 4. STAHL UND EISEN.“ 51 April 1882. Nachrevision an Ort und Stelle von schon abge stempelten Schienen aufrecht, weil diese Forderung an und für sich im Interesse der Eisenbahnen nicht unberechtigt sei und es ihm in der That auch schon vorgekommen sei, dafs eine auf dem Werke unbeanstandet abgenommene Schienenpartie auf dem Transport Kantenrisse erhalten hätte, die Bruch im Gefolge hatten. Dann wandte sich Herr Dircksen noch gegen einige Einzelheiten, welche Herr Wedding als unnütz erachtet. Die specielle Vorschrift der rechtsrheinischen Bahn, welche bedingt, dafs ein Probequantum der zuerst gefertigten Schienen eingesandt werde, habe deshalb ihre gute Seite, weil, in der Praxis trotz aller Vorsicht sich Irr thümer einschlichen und überdies hieraus dem Fabricanten keine Extrakosten erwüchsen, da ihm die Bedingung vorher bekannt sei. Ebenso sei die Entscheidung über die Vor schriften des Transportes der Schienen, welche z. B. die Hessische Ludwigsbahn per Bahn ver langt, wohl nur Sache der betreffenden Eisenbahn verwaltung. Das chemische Laboratorium, welches die linksrheinische Bahn eingeführt hat und welches Herr Wedding als keinen Nutzen gewährend be zeichnet, wünscht Herr Dircksen in gleichem Umfange bei allen Bahnen eingeführt zu sehen. Schliefslich spricht Herr Dircksen gegen den von Herrn Wedding gemachten Vorschlag, alle vorkommenden Zerreifsproben der amtlichen Central-Versuchsanstalt in Berlin zu überweisen, weil ein derartiges Verfahren infolge des Zeit verlustes nicht durchzuführen sei, ferner aber auch sowohl der controlirende Beamte wie der Hüttenmann nicht mehr Gelegenheit habe, das Material zu studiren und kennen zu lernen. Eine zu hohe Anspannung der Forderungen speciell seitens des Controleurs sei durch die Bestimmungen vermieden , welche dem Hüttenmann den Re kurs an die Verwaltung als Schiedsgericht an heimstellen. Herr Haarmann-Osnabrück: Wir deutschen Eisenhüttenleute haben alle Ursache, dem Eisen bahn-Verein und speciell dem Herrn Geheimrath Dr. Wedding dankbar zu sein, dafs eine so wich tige Frage wie die der Lieferungsbedingungen von Eisenbahnmaterial einmal hier zur objectiven Erörterung gebracht wird. Ich habe den Wed- dingschen Vortrag mit grofsem Interesse gelesen, und wenn ich auch mit dem Verfasser nicht in allen Punkten einverstanden bin, so hat mich doch darin der Zug eines gewissen Wohlwollens und Billigkeitsgefühls auch für den Lieferanten angenehm berührt. — Die Anregung, dafs Con- sumenten und Producenten event. mit Unter stützung des Staates gemeinsam darauf Bedacht nehmen, das richtige Mafs und die richtige Form der an das Eisenbahnmaterial zu stellenden An sprüche ausfindig zu machen, ist mir durchaus sympathisch. Ich halte indessen den uns ge machten Vorwurf, dafs wir uns der willigen Mitwirkung zu solchem Zwecke entziehen, nicht für ganz zutreffend. Ich glaube vielmehr ver sichern zu dürfen, dafs wir zu officiellen experi- mentativen Ermittelungen ebenso die Hand bieten würden, wie es derzeit bei den Ermittelungen über-die Qualität des deutschen Giefsereieisens der Fall war. Von der Anordnung periodischer Gon- ferenzen von Sachverständigen behufs Förderung der Thätigkeit der König!. Versuchsanstalten war mir übrigens bisher nichts bekannt. Es ist nicht zu leugnen, dafs die Hütten werke die vielfach rigorose Ausbildung der heute geltenden Lieferungsbedingungen und des Ab nahmeverfahrens grofsentheils selbst verschuldet haben. Es ist das eine Folge des dem Fabri canten naturgemäfs innewohnenden Concurrenz- triebes, da der eine gar zu leicht geneigt ist, den andern in Bezug auf Coulanz gegenüber häufig kaum erfüllbaren Anforderungen zu überbieten. Auf diesem Felde liefsen sich sehr drastische Beispiele heranziehen, und ich nehme keinen An stand zu erklären, dafs ich selbst schon Be dingungen unterschrieben und doch nicht erfüllt habe, weil sie eben überhaupt von Niemandem zu erfüllen waren. Hier möchte ich zunächstzweiPunkte richtig stellen, die nach dem Vortrage des Herrn Ge heimraths Wedding leicht mifsverstanden werden könnten. Gewifs ist es richtig, dafs in gewissen Grenzen das Leistungsvermögen durch verschärfte An sprüche gefördert wird. Wollte man nach diesem Satze aber schliefsen, wie es anscheinend auch von den beiden Herren Vorrednern geschieht, dafs durch die seitens der Eisenbahnen gestellten höheren Qualitätsansprüche die Verbesserungen der Fabrication ursprünglich herbeigeführt seien, so würde man meines Erachtens doch zu sehr verkennen, dafs die im Laufe der letzten 20 Jahre von der Eisenhüttentechnik auf ihrem eigenen Gebiete selbst erzielten Fortschritte, in denen auch heute eine Stagnation keineswegs eingetreten ist, doch erst jene Erhöhung der Qualitätsansprüche überhaupt ermöglicht haben. Sodann möchte ich auch den Satz, dafs eine Staatsregierung nur Interesse daran habe, dafs die Eisenbahnen preiswürdig und sicher her gestellt werden, unbekümmert darum, wie die Eisenhütten es anfangen, das entsprechende, — also das verlangte — Material zu liefern, in seinem nackten Wortlaute nicht unterschreiben. Gewifs wird der Staat in erster Linie darauf sehen müssen, dafs seine Bahnen betriebssicher und preiswürdig sind. Dabei bleibt aber doch auch aus volkswirthschaftlichen Gründen in Er wägung zu ziehen, ob die heimische Eisenindustrie in der Lage ist, ein Material zu liefern, welches die Sicherheit des Eisenbahnbetriebes au srei c h e n d