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April 1882. STAHL UND EISEN.“ Nr. 4. 127 sich ergebenden Mittelwerthe aus den Quersummen der Beimischungen einerseits bei den guten und andererseits bei den schlechten Schienen als mafsgebend auf. Er ging jedoch noch weiter und’ suchte die Einflüsse von Kohle, Silicium und Mangan im Verhältnifs zu dem des Phosphors auf die Qualität des Eisens festzustellen. Wenn jedoch schon die erst bezeichneten Mittelwerthe sehr willkürlich gegriffen sind und schon mit einzelnen Betriebsresultaten der von Dudley selbst untersuchten Schienen nicht über einstimmen, so ist dies noch mehr der Fall bei der Aufstellung der Verhältnifswerthe des Einflusses von Kohle, Mangan und Silicium zu Phosphor und zeigen in der That auch die in München an gestellten Zerreifsversuche und die bezw. Analysen nicht den Zusammenhang, den Dudley als mafs gebend aufstellt. Die Aufnahme der chemischen Probe in die Vorschriftsbedingungen würde aufserdem noch eine neue, der von Herrn Wedding so verur- theilten Fabricationsvorschriften bedeuten. Zum Schlufs seiner Rede wendet Herr W. sich gegen den von den Hüttcnleuten erhobenen Vorwurf, dafs die Vorschriften nur höhere Pro- ductionskosten, ohne von entsprechendem Nutzen begleitet zu sein, hervorriefen und dafs hieraus Schwierigkeiten und in weiterer Folge Schäden der Eisenindustrie erwüchsen. Diesem Einwand begegnet Herr W. durch Anführung der nachstehenden Thatsache, welche aus an die Reichseisenbahnen in Elsafs-Lothringen gemachten Lieferungen geschöpft sind. Im Jahre 1880 wurden dort 4763 Stück Flufsstahl-Radreifen abgenommen, zurückgewiesen wegen mangelnder, durch Zerreifsversuche consta- tirter Qualität 196, also ca. 41/7 °/o, ferner 2089 Stück Achswellen aus gleichem Material abge nommen und 99 Stück, also ca. 4.8 °/o, zurückge wiesen. Im Jahre 1881 wurden 4461 Radreifen und 3259 Achsen abgenommen und von den ersteren 30 Stück, also ca. 2/3 °/o, und von den letzteren 11 Stück, also ca. 1/3/o, zurückgewiesen, und betrafen die Zurückweisungen nur je ein Werk, während die Lieferungen der anderen betheiligten Werke unbeanstandet vor sich gingen. Es dürfte dies ein Beweis sein, dafs die Schwierigkeiten, welche vielleicht früher vorhan den waren, jetzt überwunden sind. Aehnlich ist auch die Sachlage bei den Schienen. Die Reichsbahnen bedurften 1879 ca. 157 000 Ifd. m Schienen, es wurde bei der Verdingung, welche an zwei Werke geschah, die Bedingung zugefügt, dafs, wenn 3/4 der Lieferung in besserer Qualität mit der Qualitätszahl 90 (statt der zur Abnahme ausreichenden von 85) unter Einhaltung der Festigkeitszahl 60 erfolgte, der Preis der besseren Schienen um 3 % erhöht werden solle. Das Resultat der Lieferungen war, dafs die eine Hütte 61 800 m, die andere 60 000 m Schienen höherer Qualität lieferten, während bei dem Rest die eine Hütte immer noch 91, die andere 100 als niedrigste Qualitätszahl aufwies, wobei nur die Festigkeitszahl nicht mehr 60 betrug, sondern bis auf 57 min. herunterging. Die Erhöhung des Preises um 3 % hat also die Werke freiwillig veranlafst, die Qualitätszahl von 85 auf 91 resp. 100 zu steigern. Aus Grund der angeführten Thatsachen schliefst Herr Wöhler, dafs der gewonnene Fortschritt nicht durch Nachlassung in den Qualitäts-An forderungen preisgegeben werden dürfte, es müfste denn in völlig zweifelloser Weise festgestellt werden, dafs dieselben zu hoch gespannt seien. Die grofsen Aufgaben, welche die Eisenbahn-Technik zulösen hat, beruhen zunächst darauf, dafs das verwandte Material zuverlässig und tadellos sei und liege keine Berechtigung der Hüttenleute vor, sich dem zu widersetzen, wenn die Bezahlung eine entsprechende sei. Hierauf erhält der Herr Geh. Regierungsrath Dircksen das Wort. Er versteht nicht, aus wel chem Grunde die Hüttenleute sich gegen eine Stei gerung der Lieferungsvorschriften erhoben haben, weil gerade durch die schärferen Bedingungen das deutsche Material sich in der Qualität so wesentlich verbessert und die Güte derselben in weiten Kreisen bekannt geworden sei, während die zur Steigerung dieses Ansehens entstandenen Kosten von den Consumenten getragen worden seien, eben da die Aufstellung der Vorschriften ohne Rücksicht auf eine Erhöhung der Preise, lediglich in Bedacht auf Erhaltung eines möglichst guten Materials geschehen sei. Die Vorschriften seien nur für diejenigen Werke zu hart, welche die Fabrication nicht beherrschen, und wenn eine Opposition stattfinden soll, so habe sie nur bei Eingang des Vertrags, nicht aber bei der Ab nahme oder hinterher Anspruch auf Berechtigung. Wenn ferner Herr Wedding sagt,, dafs zu hohe Anforderungen, welche die Fabrication unnütz erschweren, an die Hütten gestellt werden, so sind nach Herrn D’s eigener Erfahrung die Klagen der selben noch die gleichen wie vor ca. 30 Jahren, wo die Vorschriften noch bedeutend weniger verlangten. Weiter könne die Vornahme einiger Zerreifs- proben, wie dies Herr Wedding meint, allein nicht genügend sein, da das Material in den verschiedenen Theilen des Profils nicht homogen ist, so dafs neben den Zerreifsproben die Schlag- und Biegproben nicht in Wegfall kommen dürfen, und dürften dieselben gerade als ein besonderes Hülfsmittel der Hütten anzusehen sein. Da ferner die Proben von den Beamten der Consumenten ausgeführt und die letzteren die Kosten der Fa brication einschliefslich der Proben tragen, so würden die Hüttenleute hierbei für die zu den Proben nöthigen Stücke entschädigt. Sodann hält Herr D. die Berechtigung der