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248 Nr. 6. „STAHL UND EISEN.“ Juni 1882. an Billigkeit aber weit hinter demselben zurück- blieb. EineFirmaX, welche neben anderen Artikeln auch Walzdraht fabrieirt, hatte an eine Firma Y in dem Hafenorte Z eine Partie Walz draht verkauft, sogenannten Einfriedigungs walzdraht, mit Angabe der Aufmachung, je doch ohne sonstige Qualitätsvorschriften. Die Waare wurde zur bestimmten Zeit richtig ab geliefert und richtig bezahlt. Nach mehreren Monaten wurde der Firma X durch dritte Hand im Vertrauen ein Schrift stück vorgezeigt, in welchem eine überseeische Firma Z & Go. den deutschen Gonsul in S ersucht, eine Partie Eisendraht, welche mit dem Dampfer so und so aus dem Hafen Z angebracht sei, besichtigen zu lassen. Der deutsche Gonsul hatte laut Inhalts desselben Schriftstück zwei Sachverständige ernannt, und diese Sachverständigen hatten ihr Urtheil dahin abgegeben, dafs 1. die Qualität weit geringer sei als die der sogenannten zweiten Klasse, dafs 2. Eisendraht guter Qualität viele Um drehungen aushielte, bevor er bricht, während der besichtigte Draht schon bei der ersten Umdrehung bräche, gerade wie wenn er von Glas wäre. 3. Gegen Aufrollung und sonstige Beschaffen heit sei nichts einzuwenden. Der Draht wäre unter allen Umständen so und so viel weniger Werth, als wenn seine Qualität eine zufriedenstellende gewesen wäre. Aus den Nebenumständen glaubte die Firma X sich als die Lieferantin des Drahtes zu erkennen und schrieb an den deutschen Gonsul in S etwa Folgendes: Es sei ihr das erwähnte Schriftstück zur Kenntnifs gekommen. Wenngleich ihr die Firma Z & Go. durch aus unbekannt sei, so habe sie doch Grund anzunehmen, dafs der begutachtete Draht von ihr herrühre. Sie sei sich aber bewufst, keinen solch schlechten Draht fabrieirt zu haben, der wie Glas bräche, und würde jener Ausdruck der Herren Experten wohl nicht wörtlich zu nehmen sein. Zudem habe eine eingehende Untersuchung des auf ihrer Fabrik seit Jahren fabricirten Einfriedigungsdrahtes ergeben, dafs die Qualität desselben beispielsweise der jenigen der englischen und deutschen Zaun drahtsorten gleichkäme, welche gelegentlich der Ausstellung in Melbourne durch officielle Prüfung ermittelt sei. Zudem sei es auffallend, dafs ihr Draht mit Vorliebe in grofsen Quantitäten in an deren benachbarten Handelsplätzen importirt würde, während derselbe in S angeblich keinen Käufer fände. Wenn auch vielleicht die Ansprüche der Käufer in S weitergehend seien als ander wärts, so möchte doch bezweifelt werden, dafs die Qualität des dort stark importirten meist englischen Drahtes um so viel besser sei als der deutsche, um eine so absprechende Bezeichnung, als wie die von den Herren Ex perten beliebte, zu rechtfertigen. Die Firma X glaube es sich und der deut schen Industrie schuldig zu sein, wenn sie den Wunsch äufsere, die Qualität des dort gebräuchlichen gut verkäuflichen englischen Drahtes mit der des deutschen vergleichen zu dürfen, und bäte den Gonsul, durch einen neuen unbeth eiligten Experten Proben so wohl von jenen englischen Sorten wie auch von dem durch die obengenannten Experten begutachteten deutschen Drahte entnehmen zu lassen und ihr übermitteln zu wollen. Mit der liebenswürdigsten Bereitwilligkeit, welche hier öffentlich gerühmt zu werden verdient, bat das deutsche Consulat dieser Bitte willfahrt. Dasselbe sandte aufser der abgeurtheilten deutschen Drahtprobe fünf eng lische Proben, darunter zwei mit voller (und zwar berühmter) Firma, zwei mit Anfangs buchstaben, und eine gar nicht bezeichnet. Leider waren sämmtliche englische Proben zu einem Vergleich mit dem deutschen Walz draht wenig geeignet, denn erstere bestanden in gezogenem geglühten Drahte und waren nur 41/4 bis 41/2 mm dick, während der deut sche Walz draht nicht geglüht und 5,1 mm dick war. Man mufste sich daher darauf beschränken, Festigkeits-, Dehnungs- und Biegungsproben zu machen. Von jedem Drahtstück sind vier Proben, von jedem Ende zwei entnommen. Die Durchschnittsresultate sind die folgenden: Walzdraht unter seinen angeblich erstklassigen Namen. i absol. Fest, i kg p. qmm Dehnung in °/ auf 200 mm Länge Zanl der 0 Biegungen im rechten Winkel. A.C. . . . 44,6 101/, 0/ 6 J-M .... 44,8 151/4 °/° 5 G B & S . . . 40,2 121/2 % 7 TC. HKW. . 41,5 163/4 °/o 9 Sh. Bf. . . . 41,4 10 1/4 °lo 61/2 Namenlos . . 45,6 101/ °o 6 Selbst dem besten Fachmann wird es nicht gelingen, den geschmähten deutschen englischen Concurrenten zu erkennen. Die Schlufsfolgerungen überlassen wir den Lesern.