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Juni 1882. STAHL UND EISEN. Nr. 6. 231 und wir sind deshalb den Engländern gegenüber bezüglich der Massenproduction zurückgeblieben. Was dagegen die Technik des Hochofenbetriebs betrifft, so glaube ich behaupten zu dürfen, dafs dieselbe nirgends besser ausgebildet ist als bei uns. (Lebhafter Beifall.) Vielleicht gestattet mir der Herr Präsident noch einige Bemerkungen. Herr Schlink sagte uns, dafs es auf die Form der Hochöfen weniger anzukommen scheine. Wo wie im Clevelanddistrict oder in Luxemburg nur eine oder zwei Erzsorten von gleich- mäfsiger Zusammensetzung und gleichbleibendem Aggregatzustand verarbeitet werden, überall da haben sich typische Formen der Hochöfen ausgebildet, und es werden im wesentlichen von den einzelnen Hütten nur die Gröfsenverhältnisse überhaupt geändert. Bei uns aber spricht der Aggregatzustand der Erze, die Tragfähigkeit der Koks und die ver langte Eisenqualität bezüglich der den Hochöfen zu gebenden Form und des Fassungsraumes ein gewichtiges Wort mit. Das Verhältnifs zwischen der Weite von Gicht, Kohlensack und Gestell ist ganz anders zu wählen, wenn auf manganhaltiger Puddelroheisen, als wenn auf Giefsereiroheisen oder Bessemerroheisen gearbeitet werden soll. Die Hochofentechniker werden sich daher Rechenschaft geben müssen, welche Form sie ihrem Hochofen geben wollen, wenn sie auf eine bestimmte Qualität Eisen hinzuarbeiten haben. In Bezug auf den Effect der Windheizapparate erlaube ich mir die Bemerkung, dafs auch hierbei die Zusammensetzung der Erze eine nicht zu unterschätzende Rolle spielt, sowohl bezüglich des Quantums als der chemischen Action des Flugstaubes. Wenn man Erze von ziemlich hohem Mangangehalt in mit Whitwellschen oder Gowperschen Apparaten versehenen Hochöfen verarbeitet, so sinkt der Effect dieser im übrigen vorzüglichen Heizapparate sehr rasch, und die theilweise Verschlackung des feuerfesten Materials dieser Apparate macht häufige zeitraubende und kostspielige Reparaturen nothwendig. Herr Thielen: Ich möchte nur ein kleines Mifsverständnifs klarstellen. Ich habe gesagt, dafs die deutsche Giefserei-Eisen-Production auf Nr. 111 nur concurrenzfähig sei, wenn sie einen Zoll- und Frachtschutz von 20 bis 21 e46 hätte, habe also indirect gesagt, dafs sie nicht concurrenzfähig ist, wo dieser Schutz nicht vorhanden ist. In dem Moment, wo wir Eisen nach dem Osten ver kaufen, da fehlt uns ein Theil dieses Schutzes. Der Frachtschutz wird ja unter Umständen voll ständig aufgehoben, und wir sind eben nicht mehr concurrenzfähig. Dafs dieser Zustand nur abge ändert werden kann durch billigere Frachten, ist klar. Wir sind also zur Zeit nur concurrenzfähig, wenn wir das Eisen hier sozusagen auf unserm eigenen Grund und Boden verkaufen können. Herr Schlink: Ich wollte ebenfalls ein Mifsverständnifs aufklären. Ich habe nur gesagt, dafs der Einflufs der inneren Form der Hochöfen auf den Betrieb mir geringfügig erscheint, sofern keine grofsen Abweichungen von der üblichen vorkommen. Herr Massenez: In Bezug auf die Hochöfen mufs ich doch bemerken, dafs ich es für sehr wichtig erachte, gerade die Form zu berücksichtigen, weil die Production von weifsem Roheisen in grofsen Massen heute wieder mehr in den Vordergrund tritt. Wir haben in den letzten Decennien darauf hingearbeitet, möglichst viel graues Roheisen unter möglichst günstigen Bedingungen zu er zielen. Die Zukunft wird uns dahin führen, dafs wir die andere Frage zu lösen suchen: Unter welchen günstigen Bedingungen erzielen wir möglichst viel weifses Roheisen in den Hochöfen? Und da sind schon mit den neueren Hochöfen ungünstige Erfahrungen gemacht worden. Der Herr Präsident hat uns die Frage nach der zweckmäfsigen Maximalhöhe der Hochöfen vorgelegt. Ich glaube, dafs sich diese Frage für unsere Verhältnisse dahin beantworten läfst, dafs wir bei einer Höhe zwischen 65 und 75' stehen bleiben müssen; darüber hinaus werden wir voraussichtlich keinen Vortheil haben. Wenn wir weifses Roheisen machen wollen, so werden wir keine Hochöfen mit weiter Gicht und verhältnifsmäfsig engem Kohlensäck und engem Gestell construiren dürfen, sondern wir werden uns zweckmäfsig der älteren Form anpassen müssen und enge Gicht, weite Kohlen säcke und weites Gestell verwenden. Beim Arbeiten auf graues Roheisen dagegen kann die Gicht erweitert und mufs, wenn wir mit möglichster Oeconomie des Brennstoffverbrauches arbeiten wollen, der Raum zwischen den Formen enger gehalten werden, als wenn wir weifses Eisen produciren wollen. Die neueren in unserm Bezirke gebauten grofsen Hochöfen, welche auf graues Eisen vor trefflich arbeiten, haben beim Erblasen von weifsem Eisen vielfach wenig günslige Resultate geliefert. Herr Fehland: Ich möchte darauf hinweisen, dafs der Ofen in Geisweid gleiche Weite im Kohlensack und an der Gicht, also cylindrischen Schacht, abweichend von allen siegerländschen Oefen, hat. Er liefert oft in demselben Monate Bessemer-, Spiegel- und Puddel-Eisen, welche doch Erze sehr verschiedener Natur erfordern, unter sehr günstigem Koksverbrauche. Ueber die Form dieses Ofens hat man sich allerdings vielfach aufgehalten, doch scheint derselbe jetzt einer der besten des Siegerlandes zu sein.