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Auch hierin sind die Engländer weit günstiger gestellt. Während in' England zwischen Nr. III und weifs oder melirt (forge) kaum, ein Preisunterschied besteht, haben wir heute, wie vorhin be merkt, einen solchen von etwa 13/6 pro t. Der Grund hiervon liegt darin, dafs in England das gewöhnliche Puddelroheisen aus denselben Erzen wie das Giefserei-Roheisen erblasen wird und mithin der Hauptsache nach dieselbe Zusammensetzung hat, während unser Ausfallgiefsereieisen im Puddel ofen roher geht, auch wohl im allgemeinen etwas phosphorhaltiger als Qualitäts-Puddeleisen ist. Wenn ich diese commerciell-technischen Verhältnisse etwas zu eingehend für meine Fachgenossen behandelt habe, so bitte ich um ihre Nachsicht und bemerke, dafs ich dadurch besonders bezweckte, die Kenntnifs derselben auch in andere Kreise eindringen zu sehen. M. H.! Zum Schlufs möchte ich mir erlauben, Ihnen meine subjective Ansicht über unsere Hochofenindustrie, vom technischen Standpunkte aus, kurz auszusprechen. Wenn die Fortschritte, welche wir in den letzten 10 bis 12 Jahren durch Verbesserungen in unseren Betriebseinrichtungen, in Bezug auf Quantität und Qualität des Productes, auch als recht er freulich und beachtenswerth bezeichnet werden können, so habe ich doch die Ueberzeugung, dafs wir weit davon entfernt sind, das Mögliche erreicht, die Leistungsfähigkeit unserer Oefen ausgenützt zu haben. Nach meinem Dafürhalten ist in erster Linie die Gebläsekraft, sowohl was Windquantum als was Pressung anbelangt, ungenügend und die Winderhitzung noch zu unvollkommen. Um den Hochofenbetrieb beherrschen zu können oder, wie man sich sonst deutlicher ausdrückt, denselben in der Hand zu haben, müssen unsere Gebläsemaschinen das doppelte Windquantum mit dem doppelten Druck von dem, was sie heute leisten, zu liefern im Stande sein, oder um mich in Zahlen auszudrücken: Zu Hochöfen von 400 cbm gehören Gebläsemaschinen von einer Leistungs fähigkeit von 100 cbm Wind unter einem Druck von 10 Pfund oder 520 mm. Wie ich vorhin andeutete, ist in ähnlicher Weise für bessere Winderhitzung Sorge zu tragen. Ich hege den Wunsch, dafs die deutsche Hochofenindustrie sich durch den erforderlichen Aufwand an Kapitalien nicht abschrecken lassen wird, diese, für. die sichere Führung des Betriebes und vermehrte Productionsfähigkeit der bestehenden Oefen unerläfsliche Verbesserung einzuführen und es ihr dieses Mal gelingen wird, unseren Rivalen in dieser Beziehung den Rang abzulaufen. (Beifall.) Vorsitzender: Herr Director W. Tiemann hat das Wort. Herr W. Tiemann: M. H.! Es liegt nicht in meiner Absicht, Ihnen einen historischen Rückblick auf die Gesammtentwicklung der Roheisenfabrication zum Zwecke der Stabeisenbereitung im Puddel ofen zu geben. Sie finden solche Notizen zur Genüge in den verschiedenen Lehrbüchern der Eisenhüttenkunde. Ich beabsichtige, Ihnen nur eine gedrängte Uebersicht der Fortschritte in der Herstellung des Puddelroheisens zu geben, welche seit der Entstehung der grösseren Hochofenanlagen gemacht sind. Die Entwicklung des Grofshüttenwesens steht im engsten Zusammenhänge mit der Entwick lung des Kohlenbergbaues, der Koksfabrication, der Ausdehnung der Schienenwege und der Dampf- Schiffahrt. Erst als die Massenanfuhr der Rohmaterialien gesichert war, begann die Entwicklung der Hochofenindustrie und folgte dem Bedarfe der Puddelwalzwerke. So erstanden die ersten gröfseren Hochofenwerke Ende der vierziger und Anfang der fünfziger Jahre dieses Jahrhunderts. Man gab den Oefen eine Höhe von 14 bis 17 m bei 120 bis 150 cbm Rauminhalt und erblies darin bei schwacher Windtemperatur und schwacher Windpressung, bei hohem Koksverbrauch und meist saurer Schlacke pro Tag 20 000 bis 25 000 kg Roheisen von oft zweifelhafter Qualität. Diese unsichere Eisenqualität machte dem Puddelbetriebe mancherlei zu schaffen, und man führte auf verschiedenen Hochofen- und Puddelwerken die sogenannten Feinöfen oder Feinfeuer ein, in welchen das Eisen unter stechendem Winde bei ziemlicher Pressung mit Kalkzuschlag umge schmolzen wurde, auch wurden verschiedene Zuschläge in den Puddelöfen verwandt, welche eine Besserung der Eisenqualität erzielen sollten; derlei Manipulationen und Mittel werden heute nicht mehr angewandt. Im Anfänge der sechziger Jahre erschienen sogar einige Hüttenhomöopathen, welche dem Eisen durch Zusatz winziger Mengen von Edelmetallen besonders hervorragende Eigenschaften verleihen wollten. Der sich rapide steigernde Absatz von Schmiedeeisen, vom feinsten Draht bis zu den schwersten Eisenbahnschienen, die Entstehung neuer Puddel- und Walzwerke veranlafste die Ent stehung neuer Hochofenwerke. Diese auf dem Roheisenmarkte entstandene Goncurrenz leitete das Bestreben der Eisenhüttenleute ein, die Production in den Hochöfen durch stärkere Windpressung und höher erwärmten Wind zu vermehren, an Brennmaterial zu sparen und bei besserer Schlacke ein besseres Roheisen zu erzielen, der Betrieb wurde sicherer und ökonomischer geführt. Wie Herr Director Schlink bereits erwähnte, haben wir einen ganz wesentlichen Fort schritt in der Eisenhüttentechnik Herrn Lürmann zu verdanken, indem derselbe im Jahre 1867