Vorsitzender: Ich ertheile Herrn Director Limbor das Wort. Herr Limbor: M. II.! Gestatten Sie mir die Besprechung der gegenwärtigen Lage und der neueren Fortschritte der deutschen Giefserei-Roheisenerzeugung mit einem kurzen historisch-statistischen Nachweis über die Wichtigkeit, die diese Fabrication von jeher in Deutschland gehabt hat, ein zuleiten. Ich werde mich in meinem Vortrage darauf beschränken, nur einzelne Hauptzahlen vor zuführen, und die statistischen Tabellen durch unsere Vereinszeitschrift reproduciren lassen. Das Giefserei-Roheisen ist unstreitig das älteste Hochofenproduct. In Deutschland und speciell am Rhein wurde dasselbe schon gegen Ende des 16. Jahrhunderts in sogenannten Blauöfen (kleine Oefen mit geschlossener Brust) dargestellt und unmittelbar zu Gufswaaren vergossen. Ein Jahr hundert später sehen wir, wie zuerst in Sachsen und am Harz Holzkohlenhochöfen zur Production von Gufswaaren errichtet werden und bald darauf ähnliche Anlagen in ganz Deutschland entstehen, dessen ausgedehnte und ergiebige Wälder und weit verbreitete Rasenerzfelder in den meisten Fällen die natürliche Grundlage für die Erzeugung von Giefsereieisen bildeten. Im Laufe der Zeit entwickelte sich der directe Hochofengufs stärker als in irgend einem an dern Lande, und Deutschlands Gufswaaren erfreuten sich auf dem Weltmarkt des besten Rufes. (Ich erinnere in dieser Beziehung an den unter anderm berühmten Kunstgufs der seit Jahrhun derten bestehenden Stolberg-Wernigerodeschen Factorei.) Die damalige Zeit hat uns nun leider keine Zahlen über die Gröfse und Bedeutung der Gufswaaren- production überliefert, wir wissen nur aus Tradition, dafs darin der Haupttheil des erzeugten Roh eisens seine Verwendung fand. Officielle Angaben über die Eisenproduction überhaupt erhalten wir erst vom Jahre 1823 ab durch die preufsische Berg- und Hüttenverwaltung, und zwar speciell über Preufsen, dessen Pro duction damals schon die bedeutendste im Zollverein war, nämlich 75°/0 vom Ganzen betrug. Die Zuverlässigkeit der Zahlen bis 1833 läfst zwar zu wünschen übrig, immerhin ge währen sie uns aber einen Anhalt zur Beurtheilung der Wichtigkeit, welche die Giefserei-Roheisen erzeugung im inländischen Hochofenbetrieb hatte. Der Eisenconsum in Preufsen wurde in der, Periode vom Jahre 1823 bis 1833 durch die Hochöfen des Landes mit 83 % gedeckt, und hier von nahm die Gufswaarenproduction allein aus Erzen 20 °/o ein. In Zahlen ausgedrückt belief sich diese Gufswaarenproduction: im Jahre 1823 auf 5 080 Tonnen » » 1833 » 13 550 » Mit der Gründung des Zollvereins und dem bald darauf folgenden Beginn des Eisenbahnbaues steigerte sich der inländische Eisenconsum und damit auch die Production in rapider und regel- mäfsiger Weise. Die Gufswaarenproduction nimmt an diesem Aufschwung einen sehr erheblichen Antheil; sie betrug vom Jahre 1834 bis 1864 durchschnittlich 28°/ 0 der gesammten inländischen Roheisenproduction. Nachstehende Tabelle giebt hierüber detaillirten Aufschlufs: Production des Zollvereins. 1834 Tonnen 1850 Tonnen 1853 Tonnen 1857 Tonnen 1860 Tonnen 1864 Tonnen Gufswaaren aus Erzen 30 000 33178 42 020 50 531 50 404 57.008 Gufswaaren aus Roheisen 7 500 35 829 62 284 112 654 98 985 190 737 ' Gesammt - Roheisen- producte 134 538 211639 419 650 536 068 545 298 904 658 Es geht aus diesen Zahlen hervor, dafs die Gufswaarenproduction in dieser Zeit sich um das 61/2fache vermehrte. Der im Anfänge der vierziger Jahre an Umfang immer mehr gewinnende Eisenbahnbau steigerte den Eisenconsum so sehr, dafs der Zollverein im Jahre 1843 zur Deckung des Bedarfs 212 483 Tonnen Roheisen und Eisenfabricate vom Auslande einführen mufste. Diese Quantität entsprach 122 °/o seiner eigenen Roheisenproduction. Den hervorragendsten Antheil an dieser bedeutenden Einfuhr hatte Grofsbritannien, dessen Industrie von der Natur besonders begünstigt, mit Hülfe grofser Kapitalien die Verbesserung ihrer technischen Einrichtungen seit vielen Jahren vorgenommen hatte und nunmehr in der Lage war, das Roheisen mit Koks und Rohkohle zu verhältnifsmäfsig viel niedrigerem Preise als Deutschland zu erblasen, welches sein Roheisen gröfstentheils mit Holzkohle unter ungünstigen Communications- Verhältnissen herstellte.