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28 Nr. 1. „STAHL UND EISEN.“ Januar 1882. düng als Venlo - Hamburger Balm bezeichnete Strecke die verkehrreichsten Gebiete des alten i Köln-Mindener Unternehmens, da durch sie die ; täglich wachsenden Transporte zwischen dem j Rhein und dem westfälischen Kohlenrevier einer- I seits und den beiden gröfsten Nordseehäfen an dererseits vermittelt werden. Die Rheinische Eisenbahngesellschaft hat zu nächst aus ihrem alten, nur stromaufwärts sich erstreckenden Gebiet zwei Strahlen, je einen auf beiden Ufern, stromabwärts geworfen, die sich in Duisburg-Speldorf vereinigen. Sie hat nach träglich den einen über Duisburg hinaus ins nordwestdeutsche Tiefland vorgeschoben, um in den Ems- und Weserhäfen sich ihren Antheil an i dem Seehandel zu sichern; mit dem andern ist sic von Speldorf aus in das Industriegebiet einge- i drungen. Die Gesammtdispositionen ihrer Geleise anlagen tragen einen durchaus eigenartigen Gha- ■ rakter. Nicht der Verkehr zwischen dem Osten und Westen in Anlehnung an die Köln-Mindener Eisen bahn, sondern die directe selbständige Verbindung des rheinisch-westfälischen Industriegebiets und des nordwestdeutschen Tieflandes mit dem Ober rhein wird erstrebt. Die Rheinische Bahn hat nicht dem Verkehr mit den fiscalischen Häfen zu Ruhrort dienen wollen, sondern, hat statt dessen bei Hochfeld einen neuen Hafen gebaut, dessen Zufuhr demjenigen der alten Ruhrorter Häfen nahezu gleichkommt, sie hat auch nicht von vornherein die Verbindung des Industriebezirks mit Holland im Auge gehabt, sondern erst nach träglich die Verbindungsgeleise bei Oppum her gestellt. Im Gegensatz zu der Köln-Mindener Eisen bahn, die überall der Industrie ihre Stätten an- wies, hat die Rheinische Eisenbahngesellschaft die schon vorhandenen Centren derselben auf gesucht und ihre Linien den weitgehendsten An sprüchen der Industrie angepafst. Entsprechend den in vorstehendem angedeu- leien Unterschieden der drei Bahnen wird künf- : tig der Bahnbetrieb in seinen Hauptzügen so zu I führen sein, dafs die überbürdete Köln-Mindener | Bahn (worunter hier speciell die Strecke von Dortmund bis Deutz bez. Köln zu verstehen ist) entlastet und im vollen Mafse betriebsfähig gemacht wird zur Vermittelung des grofsen Durchgangsverkehrs an Gütern und Personen zwischen dem Osten und Westen. Die zu projectirenden Neuanlagen müssen überall den Zweck verfolgen, der Köln-Mindener Eisenbahn nur denjenigen Verkehr von Massengütern zuzuführen, der überhaupt von den anderen Bahnen gar nicht übernommen oder vortheilhaft nur ihr zuge wiesen werden kann. Dieser Zweck müfste selbst dann ins Auge gefast werden, wenn thatsächlich zur Zeit noch kein dringendes Bedürfnifs vorläge; denn die allgemeine, von jeder Handelsconjunctur unabhängige Steigerung des Verkehrs wird in nicht I zu ferner Zeit derartige Dispositionen mit zwingen den Gründen fordern. Die Bergisch-Märkische Eisenbahn ist, wie aus der Charakteristik der drei Bahnen her vorgeht, für die Gütervertheilung, auf die wir Gewicht legen wollen, von geringer Bedeutung. Das Hauptinteresse an ihrer vollen Verstaatlichung beruht auf dem Umstande, dafs sie als dritter Factor bei dem Umbau derjenigen Köln-Mindener Bahnhöfe hinzutritt, an die sie ihr bergisches Bahnnetz angeklammert hat, und dafs deshalb ohne ihre Mitwirkung die Verschmelzung der drei Bahnen zur Erzielung gröfster Leistungs fähigkeit nicht möglich ist.* Von weit gröfserer Bedeutung für die Ent lastung der Köln-Mindener Bahn sind die rechts rheinischen Linien der Rheinischen Eisenbahn, weil dieselben den gröfsten Theil der Transporte des Verkehrsgebiets der Köln - Mindener Stamm- bahn mit der Sieg, sowie den ganzen directen Verkehr der Nordseehäfen mit dem Oberrhein aufnehmen können. Zunächst dürfte der gesammte Erzverkehr von der Sieg und Lahn, soweit er nicht vortheilhaft über die Ruhr-Siegbahn zu leiten ist, auf der früheren Rheinischen Bahnstrecke dem Bahnhofe Speldorf zuzuführen sein, um von hier aus, thunlichst mit vollständigem Aus- schlufs der Köln-Mindener Balm, auf den An- schlufsgeleisen der früheren Rheinischen und Ber gisch-Märkischen Bahn, welche letztere in un mittelbare Verbindung mit Speldorf gesetzt wer den müfste, den Hütten zugestellt zu werden. Von Speldorf dürften nur Erztransporte an die jenigen Etablissements, die thatsächlich nur au die Köln-Mindener Balm Anschlufs linden konnten, über Duisburg auf letztgenannte Strecke übergehen. In gleicher Weise, wie die Erze der Sieg und Lahn, werden die Kohlensendungen zum Oberrhein über die Rheinischen resp. Bergisch-Märkischen Zechenanschlüsse in Speldorf zu sammeln sein, um von hier aus in geschlossenen Zügen auf beiden Ufern des Rheins, ihrer Bestimmung ent sprechend, stromaufwärts geführt zu werden. Wie Speldorf für Kohlen und Erze, so würde Duisburg zur Sammelstation auszubilden sein für die Transporte zwischen Holland, den Nordsee häfen und dem Osten einerseits und dem Ober rhein bez. dem Westen andererseits, die hier zum Weitertransport auf beiden Stromufern ver einigt und getrennt werden müfsten,und umgekehrt. Zur Ermöglichung dieses Ziels wären aufser der Anlage eines grofsen Rangirbahnhofes in Duisburg in zweiter Linie directe Verbindungen der Venlo-Hamburger und Oberhausen-Arnheimer Bahn mit der Eisenbahn von Duisburg nach Quackenbrück erforderlich, um die Köln-Mindener Strecke im Kohlenrevier von allen bezüglichen Transporten zu entlasten. Die Zweitheilung der ehemals rheinischen Bahnhöfe Duisburg und Speldorf resp. der Mangel