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Kritische Betrachtungen über den Betrieb der rheinisch westfälischen Eisenbahnen. Die drei Bahnnetze des rechten Rheinufers, der Bergisch-Märkischen, der früheren Köln-Min- dener und desgl. Rheinischen Eisenbahngesell- sehaft, verfolgen in ihren Hauptzügen durchaus gesonderte Richtungen, wenn ihre Geleise auch theilweise auf lange Strecken parallel nebenein ander herlaufen. Es ist deshalb ein Ersatz der einen durch die andere, einige wenige Strecken ausgenommen, zunächst unmöglich und eine Ver schmelzung nur möglich durch umfassende Neu- und Ergänzungsbauten. Die Berg.-Märk. Eisenbahn (wir bemerken noch einmal, dafs wir nur von den Bahnen des rechten Rheinufers sprechen) verbindet zunächst das bergische Industriegebiet mit dem Rhein und mit der Eisenbahn von Minden nach Köln, als der Vermittlerin des grofsen Personen- und Gütertransitverkehrs zwischen dem Osten und Westen. Durch geschickte Verträge hat sie neben der Köln-Mindener Eisenbahn den Anschlufs an den Rhein in Duisburg und Ruhrort erlangt, im übrigen streckt sie ihre Geleise überall an die Bahnen der Köln-Mindener Eisenbahngesell schaft heran, durchaus von letzteren umschlossen, so in Siegen, Mülheim, Düsseldorf, Duisburg, Oberhausen, Altenessen und Dortmund. Hier empfängt und versendet sie die Producte des Weltmarkts. Erst verhältnifsmäfsig spät hat sie den directen Weg nach dem Westen sich er schlossen ; die Verbindung mit dem Osten durch die braunschweigischen und hessischen Bahnen ist neben der Köln-Mindener Eisenbahn für den Weltverkehr ohne grofse Bedeutung, die Ver suche, auf diesem Wege Concurrenz zu machen, sind gescheitert. Die nordwestlich über die Köln- Mindener Bahn hinübergeworfenen Fäden des dicht verzweigten Bahnnetzes, so die projeclirte Emscherthalbahn, sind nur als Ausgeburten der Concurrenzhascherei aus der Zeit des industriellen Schwindels zu betrachten. Abweichend von dem scharf begrenzten Ver kehrsgebiet der Bergisch-Märkischen Eisenbahnge sellschaft fliefsen auf den Linien der Köln-Mindener Eisenbalmgesellschaft die Producte dreier weil verzweigter Gebiete zusammen. Es kommen in Betracht: 1. Die Hauptstrecke Köln-Minden mit den Ab zweigungen von Oberhausen nach Emmerich, Oberhausen nach Ruhrort und der Emscher- thalbahn ; 2. die Deutz-Giefsener Strecke; 3. die Strecke Wanne-Haltern-Hamburg und Venlo-Wesel-Hallern. II. Die Eisenbahn von Köln nach Minden wurde zunächst gebaut als Vermittlerin des Verkehrs zwischen dem Osten und Westen. An der Stelle, wo heute Oberhausen, der Knotenpunkt des com- merciellen Verkehrs des Niederrheins , liegt, er streckte sich eine öde, menschenleere Heide; kaum zeigten sich irgendwo die Spuren der erwachenden Industrie. Die Bahnhöfe wurden demnach zunächst I räumlich beschränktangelegt, sind später nicht nach grofsen Gesichtspunkten ausgebaut, sondern es wur den nur dem jeweiligen Bedürfnifs entsprechend au dem einen oder andern Ende neue Geleise an gestückt und angeflickt. Sie genügen deshalb, nach den im Laufe der Zeit erfolgten zahlreichen Anschlüssen von Zechen und Hüttenwerken und anderen industriellen Etablissements, bei dem grofsen und zweckmäfsig nur von der Köln- Mindener Bahn zu vermittelnden Verkehr zwischen dem Osten und Westen kaum noch den von dem engeren Verkehrsgebiet an sie gestellten An sprüchen. Dafs eine solche Bahn, die noch dazu dem Weltverkehr dienen soll, deren regehnäfsiger Betrieb durch die Entgleisung einer Maschine in Hannover oder Leipzig, oder durch einen Sturm auf dem Meeresarme zwischen Vlissingen und Harwich gestört wird, nicht als Vermittlerin des Verkehrs ihrer Nachbarbahnen heranzuziehen sei, sondern im Gegentheil der Entlastung bedurfte, hätte nie in Frage gestellt werden dürfen. Schon früh scheint auch bei der Köln-Min dener Eisenbahn-Gesellschaft die Absicht vorge legen zu haben, den Localverkehr, der durch den Ausbau der Bahnen nach Ruhrort und Emmerich sich bald zu ungeahnter Bedeutung steigerte, durch den Ausbau eines drillen Parallel geleises vollständig von den Hauptgeleisen zu trennen. Ob die gewählten ungenügenden Mittel oder andere Gründe der Ausführung des Projec- tes entgegengetreten sind, haben wir nicht in Er fahrung bringen können. Die in späterer Zeil gebaute Emscherthalbahn hat so mangelhafte Ver bindungen mit der Stammbahn, dafs sie nicht im Stande ist, deren vollständige Entlastung zu be wirken. Durch den Ausbau der Deutz-Giefsener Strecke sind die Erzlagerstätten der Sieg und oberen Lahn dem niederrheinisch-westfälischen Kohlen gebiet näher gerückt, durch sie ist der Grund gelegt zu grofsartigen Masseniransporten in bei den Verkehrsrichtungen und auf weite Strecken, die zunächst allein von der Köln-Mindener Bahn bewältigt werden mufsten. In gleichet Weise belastet die bei der Grün-