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•24 Nr. 1. „STAHL UND EISEN.“ Januar 1882. Herr Blafs: Habe ich Herrn Lürmann vorhin bei seinem Vortrage richtig verstanden, dafs in Westfalen gar keine Oefen im Betrieb wären nach seinem System? Herr Lürmann: Generatoren sind in Westfalen nicht im Betriebe; von den Koksöfen sind seit März d. J. einige in Kohlscheidt bei Aachen im Betrieb, und zehn Oefen werden in nächster Zeit auf der Zeche Mont Cenis bei Herne in Betrieb kommen. Im Lugauer Revier in Sachsen sind ebenfalls zehn Oefen im Betrieb. Von meinen Generatoren sind an anderen Orten mehrere, sowohl bei Stahl- und Schweifs- als auch Glasöfen schon seit länger als zwei Jahren mit grofsem Erfolg im Betriebe. Frage au.s der Versammlung: Sind schon Oefen zur Entgasung von Braunkohlen im Betrieb? Herr Lürmann: Nein; die sechs Oefen, welche ich in Osnabrück angelegt habe, um Proben mit verschiedenen Materialien zu machen, sind bis jetzt nicht für Braunkohlen geeignet, können jedoch dafür ebensowohl als auch z. B. für Torf leicht eingerichtet werden. Den Torf anlangend, so sind in den letzten Jahren in Ostfriesland mit einem Kostenaufwand von etwa 30 Millionen Mark 2G Quadratmeilen Torfmoore entwässert, und die Regierung hat den Wunsch, den Torf verwertbet zu sehen. Bei dem heutigen Stand der Kohlenindustrie verwerthet sich aber der Torf als solcher sehr schlecht und ist die Aussicht vielleicht sehr willkommen, aus dem Torf neben Theer und Ammoniak auch Torfkoks zu gewinnen, der besser transportabel ist als roher Torf. Frage aus der Versammlung: Sind schon von Ihren Koksöfen im Betrieb, bei welchen Theer und Ammoniak gewonnen wird? Herr Lürmann: Nein, bis jetzt nicht. Ich habe auch noch kaum jemand dazu gerathen, denn meine Koksöfen mit continuirlichem Betriebe sind an sich selbst noch zu neu. Wenn ich erst an mehreren Stellen solche Koksöfen in Betrieb gesetzt und die Besitzer sich daran gewöhnt haben, wird es sehr leicht sein, die Vorrichtungen zur Gewinnung der Nebenproducte daran an zubringen. Vorsitzender: Wünscht noch jemand eine Frage an den Herrn Vortragenden zu stellen? Herr Lürmann: Es würde mir sehr lieb sein, wenn noch weitere Fragen erfolgten. Bei einem solchen Vortrage ist man bei der besten Vorbereitung oft sehr einseitig; man weifs nicht, ob man für jedermann ganz klar geworden ist. In England werden an denjenigen, welcher einen Vortrag gehalten hat, immer Fragen gestellt. Es wird fast mehr gefragt, als vorgetragen. Ich halte das für ein sehr richtiges Verfahren. Frage aus der Versammlung: Ist die Dauer der Verkokung bei Ihren Koksöfen eine kürzere als bei den gewöhnlichen Oefen? Herr Lürinann: Das kann man nicht sagen. Die Entgasungszeit hängt von der Art der Kohlen ab. Einige Kohlen erfordern nur 24 Stunden Entgasungszeit, andere 36, auch wohl 48 Stunden. Frage aus der Versammlung: Wie hoch stellen sich die Kosten der Oefen? Herr Lürmann: Ein Entgasungsraum von 6 m Länge und der Einrichtung, wie ich sie hier vorhin erwähnt habe, also mit einer Entgasungsfähigkeit von 2,5 Tonnen in 24 Stunden, kostet plus minus 1350 Mark. Wenn der Abzugscanal der Abhitze über den Oefen liegt, sind pro Ofen noch etwa 100 Mark, und wenn derselbe unter oder vor den Oefen liegt, dann sind pro Ofen noch 100 bis 300 Mark zu obigen 1350 Mark hinzuzurechnen. Frage aus der Versammlung: Wie verhalten sich Fettkohlen in dem neuen Ofen? Herr Lürmann: Wenn es mir möglich gewesen ist, die Oefen mit Fettkohlen zu beschicken, dann ist der Koks ein aufserordentlich dichter geworden. Wenn man den Entgasungsraum, welcher mit Fettkohlen beschickt ist, ausräumt, dann zeigt es sich, dafs die Koksbildung aus Fettkohlen von Anfang an eine gröfsere war als bei jeder andern Kohle. Bei jeder andern Kohle kann man die Koksbildung erst auf 1 m Länge vom Beschickende beobachten. Die Kokskohle wird gleich nach der Einführung in den Entgasungsraum weich und breiig, und ist dies auch der Grund des grofsen Widerstandes, den diese Kohle der Beschickung entgegensetzt. Ich habe noch vergessen zu sagen, dafs gewöhnlich von Leuten, die die Koksfabrication sehr gut verstehen, geglaubt wird, dafs das Festwerden der ganzen Kohlenmasse gestört werden würde durch die fortwährende Bewegung, welche durch die Beschickung meiner Oefen veranlafst wird. Meine Erfahrung lehrt gerade das Gegentheil. Ich glaube, gerade durch diese Bewegung wird die weichgewordene Kohle bei jeder Voranbewegung stark gegen den schon fertigen Koks geprefst. Ich habe einige Koksstücke hier auf den Tisch gelegt, die Ihnen das beweisen sollen. Es legt sich bei der Entgasung von Kohlen erst eine dünne Schicht Koks an die Wände der Entgasungsräume mit continuirlichem Betriebe an; diese wird während der Voran bewegung immer dicker und es bildet sich so ein Keil von weicher Kohle. Wenn nun durch die Beschickung ein Druck ausgeübt wird auf diese weiche Kohle, die in der Mitte sich keilförmig zwischen