Volltext Seite (XML)
Fahrgeschwindigkeit eine Strecke wie von Gelsen kirchen nach Berlin (ca. 570 km) in 10 Tagen zurückgelegt werden können. Nach Hamburg würde man also etwa eine Woche brauchen. Das Schlimmste bei der Canalschiffahrt ist aber, dafs sie während der Wintermonate, wenigstens in unseren Breitengraden, den Dienst ganz versagt. Zwar ist selbst von Leuten, die sich mit der Sache eingehend beschäftigt haben, die Ansammlung von Wintervorräthen erwogen worden. Für die Eisenindustrie und die über seeische Schiffahrt, die doch das Gros der Trans porte erfordern, ist dies aber ein Unding. Man denke sich ein an der Ganallinie liegendes Eisenwerk von mittlerem Umfange, welches jähr lich 50 000 t Roheisen und 50 000 t Kohlen verbraucht. Ein solches Werk würde also die Kleinigkeit von ca. 10 000 t Eisen und 10 000 t Kohlen hinlegen müssen, und etwa 8000 t Waare nicht los werden können. Diese Quantitäten repräsentiren einen Werth von rund 2 000 000 •46 und einen 11/2 monatlichen Zinsverlust von 12 500 •6. Dazu kommen 5000 •6 Lager transportkosten und 5000 •%6 Schaden durch Entwerthung der Kohlen, macht zusammen 20—25 000 ef6, ein Opfer, welches die heutige Industrie zu bringen weder geneigt noch in der Lage ist, und welches die Canalschiffahrt durch billigere Transportkosten nicht zu ersetzen vermag. Man ersieht hieraus, dafs die Industrie von der Canalschiffahrt im allgemeinen keinen Gebrauch machen kann, es sei denn, dafs sich eine Eisen bahn fände, die so freundlich und selbstver leugnend wäre, während der Wintermonate für den Canal einzutreten, und die Transporte um ein Billiges zu übernehmen. Aber selbst wenn der Canal das ganze Jahr hindurch betriebsfähig bliebe, so wäre er doch nicht im Stande, so billig zu transportiren wie eine Eisenbahn, wie wir in Folgendem nach weisen werden. Die billigste Schiffahrt findet nach unseren Ermittelungen auf der Elbe statt; die Transport kosten betragen in Schiffen von: 450 t 0,78—0,82 8 pro Tonnenkilometer » 300 t 1,06—1,12 „ „ » 150 t 1,67—1,76 » » auf der Oberelbe sind die Kosten zwischen 1,36 und 1,47 8 zwischen Berlin und Stettin (tlieils Canal- theils Flufsschiffahrt) 1,33 8, zwischen Königsberg-Tilsit-Memel, desgl., 1,28 —1,60 8, auf den nordfranzösischen Canälen, deren Betrieb übrigens nicht auf der Höhe der Zeit zu sein scheint: 1,46—1,63 —1,7 8. Bellingrath, der Director der Ketten-Schleppschiffahrt der Ober- Elbe in Dresden giebt an,* dafs die Güter „strom aufwärts bei vollschiffigem Wasser, also bei einem * Studien über Bau- und Betriebsweise eines deutschen Canalnetzes von Ewald Bellingrath. Berlin, Verlag von Ernst und Korn. dem Canalbetriebe entsprechenden Zustande, zu 0,54—0,61 8 pro Centnermeile verfrachtet werden können. Aufsertarifmäfsig werden Massengüter neuerdings sogar mit 0,45 9 angenommen.“ Der Gewinn des Schiffsherrn wird bei grofsem Verkehr (Schiffe von 350 t und 1500 Meilen Jahresleistung) von demselben Autor zu 0,023 © pro Centnermeile berechnet. Die Selbstkosten des Transports werden demnach selbst bei voller Leistung und selbst bei ebenso günstigen Verhältnissen wie bei der Seilschiffahrt, auf einem Canal nicht weniger als 0,42g pro Centnermeile, d. i. nicht unter 1,15 8 pro Tonnenkilometer betragen. Hierzu würde noch die Verzinsung des Anlagekapitals kommen, und dann noch verschiedenes Andere, wie wir weiter unten sehen werden. Fassen wir nun, zur Vergleichung der Trans portkosten auf einem Canal mit denen der Eisen bahn, einen bestimmten Fall ins Auge. Nehmen wir an, es solle eine Verkehrsstrafse etablirt werden zu dem Zwecke, Erzeugnisse des rheinisch - westfälischen Industriebezirks nach Bremen und Hamburg zu schaffen. Die gerade Entfernung ist etwa 350 km. Ein Canal würde unter Benutzung des Weser und des Elbeflusses doch mindestens 250 km lang werden, und etwa 56 000 000 76 kosten. Denn die »Denkschrift«* giebt die Länge des Rhein-Weser-Elbe-Canals zu 470 km und die Baukosten unter Verhältnissen von 1877 zu 105000000/, also pro km zu rot. 2250006 an. Auf dem Canal könnten: wenn er nicht zufröre, wenn die Industrie sich an der Verfrachtung per Canal betheiligte, und überhaupt Frachtgut in überwiegender Menge vor handen wäre, wenn der Dienst auf dem Canal so orga- nisirl wäre, dafs keine Störungen in der Beförderung vorkämen, namentlich also die Schleusen ununterbrochen Tag und Nacht in Thätigkeit wären, in einem Jahre 50 000 Schiffe durchgeschleust werden, wovon 25 000 mit durchschnittlich 300 t auf der Hinreise, und 25 000 mit durchschnittlich 50 t auf der Rückreise begriffen wären, die also zusammen 8 750 000 t transportirten. Ist die durchschnittliche Transportlänge 300 km, so würde die Zahl der jährlichen Tonnenkilometer 2625 Millionen betragen. Diese hätten aufzu bringen : 5 °/o Zinsen und 1 Olo Amortisation von dem Anlagekapital von 56 000 000 16, d. i. 3 360 000 •6 sowie ferner die Unterhaltungs kosten mit ca. 1000 •N pro km Canal, oder 250 000 6, also im ganzen 3610000 6 oder 361 Millionen g, das macht pro Tonnenkilometer: * Denkschrift, betreffend die im preufsischen Staate vorhandenen Wasserstrafsen. Berlin, Ende 1877.