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Eisenhüttenleute verfafste nunmehr 1881 ein remonstrirendes Gutachten. Dieses Gutachten, welches alle Alten von Eisenbahnmaterial betrifft, wurde dem Minister der öffentlichen Arbeiten eingereicht, und die Eingabe sowohl als der darauf erfolgte Bescheid sind seither veröffentlicht worden. Da sich hieraus er- giebt, dafs nur hinsichtlich der Nebenmateria lien, d. h. der Materialien mit Ausnahme der Schienen, Radreifen und Axen, wesent liche Differenzen bestehen, und über diese erst die einzelnen Eisenbahndirectionen zum Gutachten aufgefordert sind, so will ich, um einer Entscheidung in keiner Weise vorzu greifen, mich lediglich auf die drei besonders genannten Gegenstände beschränken, was um so zulässiger erscheinen dürfte, als von den 499 Kilotonnen flufseisernen Materials im Jahre 1880 394 1/2 Kilotonnen Schienen, 27 Kilotonnen Radreifen und 13 Kilotonnen Axen waren, also der bei weitem überwiegende Bedarf auf diese drei Producte traf. Der Vorsitzende unseres Vereins, Herr Geh. Ober-Regierungsrath Streckert, hat sich an die sämmtlichen Eisenbahndirectionen Deutsch lands gewandt, und die im Folgenden ange führten haben ihre Lieferungsbedingungen in gröfserer oder geringerer Vollständigkeit mit dankenswerther Bereitwilligkeit einge sandt: Die Königl. Directionen Hannover, Brom berg, Breslau, Berlin, Frankfurt a. M., Köln (rechts- und linksrheinisch), die Reichsbahnen, die Berlin-Anhalter, die Thüringer, die Nord hausen-Erfurter, Berlin-Görlitzer, Berlin-Ham burger, Mecklenburgische Friedrich Franz- und Hessische Ludwigsbahn. Aus ihnen habe ich die nachfolgenden Angaben ausgezogen. Die von der überwie genden Zahl der Bahnverwaltungen ange nommenen Salzburger Vereinbarungen will ich hierbei an die Spitze stellen und Ab weichungen, welche theils Folge des Ministeriai rescripts vom 2. Juli 1880, vielfach aber auch Ueberreste veralteter Anschauungen sind, an knüpfen , um schliefslich eine Kritik vom Standpunkte der Fabrication daran zu schliefsen. Ich habe mich selbstverständlich nur an das vorliegende Material halten können, so dafs Auslassungen oder Unvollständigkeiten, welche meinem Berichte mit Recht vorge worfen werden möchten, dem Umfange des mir zugänglich gewesenen Materials zuzu schreiben sein werden. Es möge mir noch die Vorausschickung einiger allgemeinen Bemerkungen gestattet sein. Dafs das beste Eisen für die Eisenbahn, welche für die Sicherheit einer grofsen Zahl von Menschenleben und einer hohen Summe von Frachtgütern einzustehen hat, auch das z weck- mäfsigste Material ist, darf keinem Zweifel unterliegen. Dafs ferner das beste Eisen an sich ein nur aus Eisen und amorphem Kohlen stoff bestehendes, schlacken- und blasenfreies, überall gleichmäfsiges Product ist, unterliegt ebensowenig einem Zweifel, als dafs es mög lich ist, ein solches Product nach dem Stand punkte unserer Technik herzustellen. Da aber von den Herstellungs- und Unterhaltungs kosten der Eisenbahnen zu einem grofsen Theile der Nationalwohlstand abhängt, wird es nicht wünschenswerth sein, das absolut beste Material zu wählen, sondern ein solches, welches bei den geringsten Kosten den Erforder nissen des Verwendungszweckes und der Sicher heit entspricht. Dafs die nöthigen Merkmale für ein solches Eisen noch nicht mit hinreichender Sicherheit aufgefunden sind, bewirkt allein die noch nicht ausgeglichene und vorläufig auch noch nicht vollständig ausgleichbare Differenz in den Ansichten der Eisenproducenten und der Eisen bahnverwaltungen. Die physikalischen Eigenschaften des Eisens (Härte, Dehnbarkeit und Abnutzungsfähigkeit), welche in Höhe und Art der Gonsument je nach dem zu erreichenden Verwendungszwecke vorschreiben mufs, sind bei gleicher Form und Bearbeitungsart erstens von der chemi schen Constitution des Eisens und zweitens von dessen Homogenität abhängig. Folgende Regeln gelten hinsichtlich der chemischen Constitution: Beim schmiedbaren Eisen wächst a) die Härte mit der Zunahme des Gehalts an Kohlenstoff und der des Gehalts an anderen Stoffen (Mangan, Phosphor, Schwefel, Silicium, Kupfer); b) die Zähigkeit (Dehnbarkeit) mit der Ab nahme an Kohlenstoff und anderen Stoffen. In demselben Mafse nimmt der Widerstand gegen Temperatur wechsel zu; c) die Festigkeit mit der Zunahme an Kohlenstoff und der Abnahme an an deren Stoffen; d) die Abnutzbarkeit mit der Zunahme an Kohlenstoff und der Zunahme an anderen Stoffen; e) die Oxydirbarkeit (das Rostungsver- mögen) mit der Abnahme an Kohlen stoff und der Zunahme an anderen Stoffen. * Hieraus ergiebt sich, dafs neben Kohlen stoff fremde Stoffe für keine Verwendung, es sei denn eine solche, welche lediglich Härte * Die zum Theil abweichenden Ansichten Gruners siehe in: „La nature de l’aeier le plus convenable pour les rails (Annales des Mines 1881).