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Die Zusammensetzung des Thomaseisens anlangend, so darf dieselbe nach den bisherigen Erfahrungen innerhalb ziemlich weiter Grenzen schwanken, ohne dafs daraus nennenswerthe Schwierigkeiten für die Erzeugung einer guten Stahlqualität entstehen. Es ist zweckmäfsig, den Mangangehalt besonders in Rücksicht auf die Bildung einer dünn flüssigen Converterschlacke auf mindestens 1 % zu halten. Besondere Umstände, z. B. das Vor handensein von Schwefel im Roheisen, lassen es wünschenswerth erscheinen, dafs der Mangan gehalt höher ist, und verarbeitet man deshalb hie und da im Converter eine Roheisenmischung, welche bis zu 21/2 bis 3 % enthält. Abgesehen von einem hierdurch entstehenden höheren Ab brand, bietet ein solcher höherer Mangangehalt für die Ausführung des Processes keinerlei Schwierigkeiten. Der Siliciumgehalt ist niedrig zu halten, weil die durch die Verbrennung desselben entstehende Kieselsäure die basischen Converterwände stark angreift, oder aber die basischen Zuschläge absorbirt und dieselben somit für die Entphosphorung entwerthet. Ein Eisen mit demselben Siliciumgehalt, den man in der Regel in dem hier zu Lande er- blasenen weifsen Puddeleisen findet, also mit 0,3 — 0,5%, pafst auch für die Entphosphorung. Ein höherer Gehalt kann durch erhöhten Kalkzuschlag neutralisirt werden, ohne dafs dadurch sonst für die Fabrication Schwierigkeiten entstehen. Der Phosphorgehalt endlich kann ebenfalls in ziemlich weiten Grenzen schwanken. Bekanntlich spielt der Phosphor beim basischen Procefs etwa dieselbe Rolle, wie das Silicium beim sauren. Durch die Verbrennung der Körper in dem letzten Stadium des Processes wird in beiden Fällen die Temperatur erzeugt, welche für die Flüssigerhaltung des Stahlbades nöthig ist. Daraus folgt, dafs die Wirkung eines höheren oder niedrigeren Gehalts • an diesen beiden Körpern bei Ausführung des Processes etwa dieselbe ist. Nach den bisher gemachten Erfahrungen scheint es mir aber, als ob auch hier sowohl der ökonomische Erfolg wie auch die Qualität des Productes beim basischen Procefs nicht so sehr von dem Gehalt des Roheisens an Phosphor abhängig ist, wie das beim sauren Procefs in Bezug auf Silicium der Fall ist. Schwankungen von 114 bis 21/2 % im Phosphorgehalt des Roheisens können beim basischen Procefs bei weitem leichter überwunden werden als Schwankungen innerhalb analoger Grenzen im Siliciumgehalt beim sauren Procefs. Auch dürfte es, wie später nachgewiesen wird, in Deutschland leichter sein, einen Minimalgehalt von 11/4 bis 11/2°/0 Phosphor iin Thomaseisen, als einen solchen von 2 bis 21/2°0 Silicium im Bessemereisen zu sichern. Die hiermit gegebene Charakteristik des für den Thomasprocefs brauchbaren Roheisens läfst im allgemeinen schon erkennen, dafs eine grofse Menge der in Deutschland in aufserordentlicher Mächtigkeit vorkommenden Eisenerz-Ablagerungen für die Darstellung dieses Roheisens tauglich sind. Ich werde mir nun in nachfolgendem erlauben, Ihnen einige Mittheilungen über diejenigen Ermittelungen zu machen, welche ich bezüglich der Qualität und der Mächtigkeit der hervorragendsten dieser Ablagerungen habe anstellen können. Das bedeutendste Vorkommen von phosphorhaltigen Erzen in Deutschland ist unzweifelhaft das der oolithischen Erze in Luxemburg-Lothringen. Herr Director Jaeger in Dillenburg hat uns in den letzten Nummern unserer Zeitschrift über dieses Vorkommen in eingehender Weise Bericht erstattet, und entnehme ich demselben, dafs auf lothringischem Gebiet ein Eisenerzquantum von 2 100 000 000 Tonnen durch Aufschlufsarbeiten nachgewiesen ist und dafs aufserdem auf luxem burgischem Gebiet noch 290 850 000 Tonnen Minette anstehen. Nimmt man den durchschnittlichen Eisengehalt des auf lothringischem Gebiet vorkommenden Eisensteins zu 30 % an, so berechnet sich das aufgespeicherte Eisenquantum auf 630 Millionen kg. Nach der »Zeitschrift für das Berg-, Hütten- und Salinenwesen im Preufsischen Staat« sind im Jahre 1880 in 35 Bessemerbirnen, welche im ganzen Lande in Betrieb gewesen sind, 625 895 Tonnen Roheisen verbraucht worden. Rund gerechnet, würde also das vorigjährige Be- darfsquantum der preufsischen Bessemerstahlwerke auf die Dauer von 1000 Jahren durch das Eisensteinvorkommen in Lothringen gedeckt werden können. Entsprechend der Mächtigkeit der Ablagerung ist die Gewinnung der Minetteerze eine sehr leichte und billige. Für die am günstigsten gelegenen Ablagerungen werden mir die Förderkosten auf 12 bis 13 Francs per Doppelwaggon angegeben, und selbst bei den am ungünstigsten gelegenen steigen dieselben nur ausnahmsweise über 20 Francs. Obwohl Lothringen gezwungen ist, seinen Koks für die Hochöfen aus weiter Ferne zu beziehen — die Entfernung des dortigen Eisenstein districts von den westfälischen Grubenrevieren ist 350 bis 400 Kilometer, die von dem Saargebiet 100 Kilometer —, so dürfte kaum ein Platz in Deutschland zu linden sein, an welchem es möglich ist, das Roheisen so billig herzustellen wie in Lothringen.