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worden wären, wie sie den Ausnahmetarifen für Rohrtransporte nach Rotterdam, Antwerpen, Leer, Hamburg, Emden, Bremen etc. zu Grunde gelegt sind und wonach die Fracht per 10 000 kg Röhren bis München nur 162 beziehungsweise 172 und 175 Mark betragen haben würde. Es handelt sich vielmehr nur um die durch die Concurrenz der Schiffahrt im vorliegenden Falle von selbst gegebene Fracht, und wenn das Hüttenwerk statt derselben sogar eine etwas höhere Eisenbahn fracht acceptirte, somit der Annehmlichkeit des regelmässigen Eisenbahntransports ein paar Tau send Mark opferte, dann wird vom geschäftlichen Standpunkte hier nichts anders als ein Entgegen kommen des Hüttenwerks dem Eisenbahnunter nehmen gegenüber gefunden werden, ganz gewiss aber keine Begünstigung des Hüttenwerks durch die Eisenbahnbehörde. Wir bleiben deshalb da bei stehen, dass es sich lediglich um die Frage handelte, ob die Eisenbahnen der Concurrenz der Schiffahrt Rechnung tragen wollten oder nicht; diese konnte unter Berücksichtigung des hohen Frachtbetrages rein geschäftlich behandelt, jede andere Rücksichtnahme aber ausgeschlossen wer den. Auch konnte es aus demselben Grunde nicht darauf ankommen, ob es sich um ein be reits abgeschlossenes Lieferungsgeschäft handelte, abgesehen davon, dass dergleichen Frachtverhand lungen vor Abschluss des Geschäftes oder viel mehr vor Abgabe der Offerten zum Submissions termine unmöglich zu Ende geführt werden können; denn bekanntlich wird zu Submissionen von Staats-, Communal- und Eisenbahnbehörden in den selten sten Fällen den Industriellen eine längere Frist als 2 bis 3 Wochen gewährt; sehr oft nur 8 Tage. Die am 17. December 1880 von dem Hüttenwerke bei der Königlichen Direction der Rheinischen Eisenbahn eingeleiteten Verhandlungen waren aber erst nach Verlauf von 3 Monaten zu der ersten ministeriellen Ablehnung gelangt, welche dem Hüttenwerke durch das in unserer vorigen Nummer veröffentlichte Schreiben vom 23. März c. zur Kenntniss gebracht wurde. Auf diesen auch in manchen anderen Fällen constatirten Uebel stand hat das Hüttenwerk in einer Eingabe an den Herrn Minister vom 20. Mai vorigen Jahres hingewiesen, die bedrückte Lage aller Röhren giessereien Deutschlands betont, ganz besonders die Ausnahmestellung hervorgehoben, in denen sich dieselben mit sporadisch auftretenden Massen transporten von Röhren für neue Wasserwerks anlagen befinden und generelle Normativbestim mungen beantragt, nach denen über Frachter mässigungen oder Ausnahmetarife für Röhren transporte in jedem Einzelfalle schnell entschieden werden könne. Wenn man die dem Herrn Minister unterbreiteten Ausführungen und die darauf ge stützten Anträge, die im zweiten Hefte unserer Zeitschrift enthalten sind, vor Augen hält, dann wird billigerweise nicht angenommen werden können, dass das Hüttenwerk für sein alleiniges Interesse Ausnahmetarife angestrebt hat. Man wird vielmehr zugeben müssen, dass es zunächst nach Anleitung des Ministerialerlasses vom 29. Mai vorigen Jahres (confr. fol. 93 der Zeitschrift) geschah und dass in der Concurrenz der Schiff fahrt ein Boden geschaffen war nicht allein für die zutreffende Abmessung und richtige Normirung der Ausnahmefracht, sondern auch für die ein fachste Abwehr jedes event. Verdachtes der Be günstigung eines einzelnen Hüttenwerkes. Aber auch nach den bisherigen Erfahrungen, die die Industrie hinsichtlich ihrer Ansprüche auf Gleichstellung im Tarifwesen gemacht hat, konnte füglich die Befürchtung event. Beschwerden concurrirender Röhrengiessereien keinen durch schlagenden Grund für die Ablehnung des Aus- nahmetarifs darbieten. Nur ein Beispiel möge dieses beweisen. Sind nicht eine lange Zeit hindurch die Frachten für Röhren und andere Artikel des Specialtarifs II aus Oberschlesien nach Berlin ca. 15% billiger gewesen, als aus dem rheinisch westfälischen Bezirk nach Berlin? Und haben die wegen Gleichstellung der Frachten von der Handelskammer zu Mülheim a. d. Ruhr im Herbste 1879 eingeleiteten Verhandlungen nicht erst im August 1880 den Erfolg gehabt, dass die dies seitigen Frachten mit denen der oberschlesischen Bahnen gleichgestellt wurden, aber unerklärlicher weise zunächst nur für die kurze Frist bis zum 1. Januar 1881? Erneute Schritte derselben Handelskammer beim Königlichen Ministerium waren nöthig, um die viel zu kurz bemessene Frist zu verlängern. Im November 1880 wurde dann die Gleichstellung der Frachten bis zum Anfänge des Jahres 1882 zugesagt und anfangs September c. brachten die öffentlichen Blätter die Nachricht, dass die Gleichstellung'bis Ende 1882 erstreckt sei. Geht nun aus diesem Falle zur Evidenz hervor, dass eine Beschwerde, wie sie im Falle der Einführung eines Ausnahme tarifs für Röhrentransporte nach München be fürchtet wurde, erst nach Jahresfrist einen, noch dazu in sehr enge Grenzen gezogenen Erfolg hatte, in dem auch durch die wiederholten Pro longationen noch nicht einmal die volle Berech tigung des Anspruchs auf Gleichstellung docu- mentirt ist, soll man dann äusser Zweifel darüber sein, dass die Genehmigung zur Einführung des beantragten Ausnahmetarifs für die Transporte nach München an der Befürchtung begründeter Beschwerden concurrirender Hüttenwerke wirklich habe scheitern können?. Wollte man (es aber auf diese Beschwerden nicht ankommen lassen, dann lag es nahe, es.bedurfte dazu keiner be sonderen Anregung, die Frachten für Röhren transporte nach München ohne Ausnahme gleich mässig zu reduciren. Es darf wohl angenommen w’erden, dass diese oder ähnliche Erwägungen