Volltext Seite (XML)
180 Nr. 5. „STAHL UND EISEN.“ November 1881. Der basische Bessemer-Process. Vortrag des Herrn Paul Kupelwieser-Witkowitz, gehalten auf der Herbst-Versammlung des „Iron and Steel-Institute“ am 11. October 1881 zu London. (Hierzu Blatt 4.) Durch den Secretär unseres Instituts bin ich aufgefordert worden, über die Fortschritte des basischen Processes in Witkowitz zu berichten und erklärte ich hierzu meine Bereitwilligkeit, obgleich ich zweifelte, ob der Vorstand meine Mittheilungen für werth erachtete, um dieselben vor eine Gesellschaft zu bringen, in welcher die hervorragendsten Mitglieder unseres Standes die Resultate ihrer weitgehenden Erfahrung vorzu tragen gewöhnt sind. Ich war um so mehr ent- muthigt, da ich aus dem Programm, welches ich am 17. vorigen Monats erhielt, ersah, dass ich über die allgemeinen Fortschritte des neuen Processes berichten sollte, als meine Hütte so sehr aligelegen liegt von denjenigen industriellen Centren, in welchen die Entwicklung des Thomas- Gilchrist-Processes auf die höchste Stufe gebracht ist, so dass es für mich sehr schwierig war, die Resultate, welche meine Mitstahlfabricanten erzielt hatten, zusammenzustellen. Ich muss deshalb um Entschuldigung bitten, wenn ich den all gemeinen Theil des Gegenstandes sehr kurz be handle und wenn ich manche neuere Fortschritte, welche ausserhalb Oesterreich gemacht worden, nicht anführen sollte. Welche grosse Ausdehnung der basische Process gewonnen hat, erhellt am besten aus der Zusammenstellung der folgenden Werke, welche äusser anderen Werken des Gontinents die Thomasschen Patente erworben haben; die meisten derselben sind, wie ich glaube, fertig zum Betriebe, während die anderen alte Werke für die Einführung des Processes um- oder aber neue Werke erbauen: Die Angleur-Stahlwerke, die Eisenwerke in Ars an der Mosel, die Athus- Werke, die Burbacher Gesellschaft, der Bochumer Verein, die Chatilion und Gommentry Gesellschaft, die Denain Werke, die Herren Dietrich in Nieder bronn, die Dillinger Gesellschaft, die Dortmunder Werke, die Gutehoffnungshütte, der Hoerder Verein, die Ilseder Hütte, das Hüttenwerk in Kladno, in Longwy, die Maximilian-Hütte, die Gesellschaft von Montataire, die Hütte zu Ougre, Phönix in Ruhrort, Rothe Erde bei Aachen, die Rheinischen Stahlwerke, Schneider in Greusöt, Schneider und de Wendel in Joeuf, Stumm in Neunkirchen, die Gesellschaft von St. Ghamond, die Socit de Nord et de l’Est, die Teplitzer, die Warschauer, de Wendelschen Werke, die Witkowitzer Hütte etc. Dem Fortschritte des basischen Processes während des verflossenen Jahres scheint eher eine regelmässige Entwicklung als eine besondere Neuerung zu Grunde gelegen zu haben. Die ver- hältnissmässig geringe Dauerhaftigkeit des feuer festen Futters ist unbestritten der wunde Punkt des Processes. Ungeachtet aller zahlreichen Ver suche , welche mit anderen Materialien, mit in einigen Fällen guten Resultaten gemacht worden sind, gebrauchen die Werke, welche ich kenne, noch die ursprünglich von Herrn Thomas vor geschlagenen Materialien, d. h. entweder die basischen Ziegel oder die Mischung von ge branntem Kalk und Theer. Wir sind indessen in den Stand gesetzt worden, ein Rohmaterial, welches einen verhältnissmässig kleinen Procent gehalt an Kieselerde hat, welcher meiner Ansicht nach die Qualität der Ziegel erhöht, zu ver wenden; und wir sind dahin gelangt, dass wir eine grosse Anzahl von Ziegeln, indem wir sie hoch in den Oefen aufstapeln, bei einer merk lichen Ersparniss an Brennmaterial zu gleicher Zeit brennen. Auf manchen Werken werden ge mahlene Ziegel mit 5 bis 10 Procent Theer, sowohl für das Futter als auch für Reparaturen, angewandt. Basische Düsen sind, wie ich glaube, obschon man dieselben an manchen Orten fabricirt und versucht hat, jetzt nicht in ständigem Ge brauche. Die durch Kalkmilch aus Magnesiumchlorid ausgefällte Magnesia scheint, wie einzelne Versuche ergeben haben, ein zur Herstellung von Düsen geeignetes Material zu sein. Weitere in dieser Richtung angestellte Versuche werden mit Interesse beachtet werden. Die allgemein gebrauchten 2 Arten von Con verterböden sind der Boden, in welchem um eiserne Rundstäbe herum, welche die Wind öffnungen bilden sollen, die Masse gestampft wird und der Düsenboden, in welchem gewöhn liche feuerfeste Düsen eingesetzt sind und der übrige Boden entweder mit basischen Ziegeln oder mit gestampfter Masse ausgefüllt ist. Der auswechselbare Boden von Holley ist in nahezu allen basischen Betrieben im Gebrauch. Derselbe dürfte in neuen Werken mit grossem Vortheile angewandt werden und ist er in dreien im Bau begriffenen Werken, wie ich höre, schon in Aussicht genommen. Sowohl bei zum basischen Processe um-