Volltext Seite (XML)
204 Nr. 5. .STAHL UND EISEN.“ November 1881. Die Fürsorge der französischen Republik fiir die Hebung des Schiffsbaues und der Schiffahrt. In welcher klugen und sorgsamen Weise die fran zösische Regierung bestrebt ist, die einheimische In dustrie zu heben und den Verkehr zu fördern, ist aus dem Gesetze vom 29. Januar 1881, betreffend .die Handelsmarine“, zu ersehen. Wir lassen dasselbe hier in wortgetreuer Uebersetzung folgen : Französische Republik. Nr. 10 242. Gesetz, betreffend die Handelsmarine. Vom 29. Januar 1881. (Veröffentlicht im Journal officiel vom 30. Jan. 1881.) Der Präsident der Republik veröffentlicht das durch Senat und Deputirtenkammer angenommene Gesetz, welches folgendermassen lautet: Art. 1. Die Befreiung vom Lootsenzwang ist allen Segelschiffen, deren Aiche nicht mehr als 80 Tonnen beträgt, und den Dampfschiffen, deren Tonnengehalt 100 Tonnen nicht übersteigt, wenn sie gewöhnlich den Schiffsverkehr von Hafen zu Hafen und an der Mündung der Flüsse vermitteln, zugestanden. Auf das Verlangen der Handelskammern und nach einer in den gewöhnlichen Formen der Verordnungen der Verwaltungsbehörde gehaltenen Vorschrift sind jedoch die Abänderungen, welche im Interesse der Schiffahrt an Stelle der gegenwärtigen Verordnungen treten sollten, massgebend. 2. Für die auf weite Reisen gehenden Schiffe wird die nach Art. 225 des Handelsgesetzbuchs für eine neue, in Frankreich eingenommene Ladung vor geschriebene Untersuchung erst verpflichtend, wenn mehr als sechs Monate seit der letzten Untersuchung verflossen sind, jedoch unter der Voraussetzung, dass sie keine Havarie erlitten haben. 3. Die Urkunden oder Protokolle, welche die gänzliche oder theilweise Aenderung des Eigenthums der Schiffe darthun, sind beim Eintrageamt nur gegen eine Gebühr von drei frcs. zuzulassen. Der Artikel 5, Nr. 2 des Gesetzes vom 28. Februar 1872 ist, soweit im gegenwärtigen Gesetze anderes bestimmt wird, aufgehoben. 4. Als Ersatz der Kosten, welche der Zolltarif den Erbauern von Seeschiffen auferlegt, werden den selben folgende Vergütungen bewilligt: Für eiserne oder stählerne Schiffe . 60 Für hölzerne Schiffe von 200 Tonnen oder mehr 20 Für hölzerne Schiffe von mindestens 200 Tonnen 10 Für gemischte Schiffe 40 Für die bewegenden Maschinen,welche an Bord der Dampfschiffe gebracht sind, und für die Hülfsapparate, als: Dampfpumpen, Hülfsmechanis- men, Winden, Ventilatoren, welche mechanisch bewegt werden, sowie für Kessel, welche dieselben mit Dampf versehen und deren Rohr leitung 12 Als gemischte Schiffe werden diejenigen angesehen, welche mit Holz bekleidet und deren Gerippe und Deckbalken ganz aus Eisen oder Stahl sind. 5. Eine jede Aenderung eines Schiffes, welche dessen Aiche erhöht, gibt das Anrecht auf eine Prämie, welche, entsprechend dem obigen Tarife nach der Anzahl Tonnen, um welche die Aiche erhöht ist, be rechnet wird. Die Prämie wird für die bewegenden Maschinen und die Hülfsapparate, nachdem dieselben nach der Vollendung des Schiffskörpers montirt sind, bewilligt. Bei Aenderungen der Dampfkessel wird dem Besitzer des Schiffes eine Entschädigung von 8 frcs. pro 100 kg der neuen in Frankreich gebauten Kessel, welche ohne die Dampfleitung gewogen werden, zugebilligt. frcs. für die Tonne der Brutto- Aiche. 6. Die in den Art. 4 und 5 festgesetzten Ver gütungen werden nach der Einhändigung des Natura lisationspatents von der Zollkasse des Erbauungsortes oder der demselben nächsten gezahlt. 7. Die Verordnung, betreffend die Zollbefreiung, welche in Ausführung des Art. 1 des Gesetzes vom 19. Mai 1866 und des Art. 2 des Gesetzes vom 17. März 1879 erlassen worden ist, ist aufgehoben. 8. Für die beim Inkrafttreten dieses Gesetzes auf der Werfte sich befindenden Schiffe erhalten die Er bauer die in Art. 4 festgesetzten Vergütungen, jedoch nach Abzug des Betrages der durch den vertrags mässigen Tarif für die ausländischen Materialien fest gesetzten Zollgebühren, deren freien Eingang sie für den Bau dieser Schiffe erlangt haben würden. 9. Als Entschädigung für die der Handelsmarine auferlegten Lasten der Rekrutirung und des Dienstes bei der Kriegsmarine ist für einen Zeitraum von 10 Jahren von der Veröffentlichung dieses Gesetzes an den französischen Segel- und Dampfschiffen eine Schiffahrtsprämie bewilligt. Diese Prämie erstreckt sich nur auf die Schiffahrt für weite Reisen. Sie ist auf 1 frc. 50 cts. pro Tonne des Netto gehalts und pro 1000 zurückgelegte Meilen für die in Frankreich erbauten, vom Stapel laufenden Schiffe festgesezt und nimmt pro Jahr ab um: 0,075 frcs. für hölzerne Schiffe, 0,075 » » gemischte Schiffe, 0,05 „ » eiserne Schiffe. Für im Auslande erbaute Schiffe wird die oben genannte Prämie auf die Hälfte heruntergesetzt. Die vor der Veröffentlichung dieses Gesetzes na- turalisirten Schiffe sind in Bezug auf die Prämie den in Frankreich erbauten Schiffen gleichgestellt. Die Prämie wird für diejenigen Dampfschiffe um 15 Procent erhöht, welche nach von dem Marine ministerium vorher genehmigten Plänen erbaut sind. Die Anzahl der zurückgelegten Meilen wird durch die Entfernung zwischen dem Abfahrts- und Ankunfts punkte auf der directen Seelinie berechnet. Im Kriegsfälle können die Handelsschiffe durch den Staat requirirt werden. Von der Prämie sind, ausgeschlossen die Schiffe für den grossen und kleinen Fischfang, der subventio- nirten Linien und der Vergnügungsschiffahrt. 10. Ein jeder Kapitän, welcher eine der durch Art. 9 dieses Gesetzes festgesetzten Prämien erhält, ist verpflichtet, die Gegenstände der Correspondenz, welche ihm durch die Postverwaltung anvertraut werden, oder welche er dieser Verwaltung zuzustellen hat, gemäss den Vorschriften der Gonsularverordnung vom 19. Germinal des Jahres 10 unentgeltlich mit zunehmen. Wenn ein Postbeamter beauftragt wird, die De peschen zu begleiten, so ist derselbe gleichfalls un entgeltlich mitzunehmen. 11. Eine Verordnung der öffentlichen Verwaltungs behörde, welche die Entfernungen von Hafen zu Hafen enthält, wird die Art der Anwendung dieses Gesetzes bestimmen. Das gegenwärtige, durch Senat und Deputirten kammer berathene und angenommene Gesetz soll als Staatsgesetz ausgeführt werden. Gegeben zu Paris, den 29. Januar 1881. gez. Jules Grivy. Der Minister des Ackerbaues Der Finanzminister. und des Handels. gez. J. Maguin. gez. P. Tirard. Der Minister der Marine und der Colonieen. gez. G. Clou(. I. D.