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488 Stahl und Eisen. Ein neuer Kohlen Speicher in Altona. 1. Juli 1896. Deutschland jeder Rheder zwangsweise angehört, hat die Höhe der Beiträge und Entschädigungen zu be stimmen, und da es im gemeinsamen Interesse der Rheder liegt, Schiffsunfälle zu verhüten, so hat die Genossenschaft die Macht, Sicherheitsvorschriften an Bord zwangsweise einzuführen. Die von derselben getroffenen Bestimmungen umfassen wieder manche Vorschriften, welche die englische Gesetzgebung vorschreibt; ihre Beamten, geleitet von dem sach verständigen Rath des Germanischen Lloyd, erfüllen daher entsprechend die Pflichten, welche in England den Beamten der „ Board of Trade" obliegen. Wir haben es noch nicht für richtig erkannt, den englischen Load Line Act nachzuahmen, aber wir haben unsere Schotten-Commission, welche über der Lösung der Frage, wie die Schiffe unsinkbar zu machen sind, brütet, um so jene Landratten zufrieden zu stellen, welche den alten Wahrspruch »navigare necesse est, vivere non est necesse“ nicht anerkennen möchten.“ Ein neuer Kohlenspeicher in Altona. Am 6. Mai ist in Altona eine neue industrielle Anlage, der durch die Firma L. Possehl & Go., Hamburg-Lübeck, errichtete „Kohlenhof", dem Verkehr übergeben worden. Die in ihrer tech nischen Einrichtung bemerkenswerthe Anlage dient zum Löschen von englischen Steinkohlen,* sowie später, nach Fertigstellung der Wasserwege Rhein- Elbe, auch dem Löschen der westfälischen Pro- ducte aus Dampfern oder Leichtern, ihrer Lagerung, Siebung und Abgabe an Landfuhrwerk, unter Um ständen auch Eisenbahn, und ist nach Art der Getreidesilos gebaut. Auf dem in der gr. Elbstrafse, hart am Elbstrom, belegenen Bauplatz erhebt sich in 12 m Abstand von der massiven Quaimauer, nach drei Seiten frei gelegen und weithin sichtbar, das stattliche Silogebäude. Es enthält 15 grofse Silos, 6 von 21 m, 9 von 15 m Höhe, erstere direct auf dem Grunde, letztere auf einem Unterbau von schmiedeisernen Säulen, Unterzügen und Trägern mit zwischengespannten Betongewölben ruhend. Die Säulen sind mit einem Blechmantel umgeben, während der ganze Hohlraum mit Beton voll gestampft ist. Der aus den Deckengewölben vor tretende untere Theil der Unterzüge ist mit Rabitz- Umkleidung versehen. So ist hier, wie beim ganzen Bauwerk, völlige Sicherheit gegen Feuers gefahr erstrebt. Der Raum unter diesen 9 Silos dient als Expeditionshalle und steht durch zwei Durchfahrten mit der Strafse einerseits, mit dem Quaiplatze des Speichers andererseits in Verbindung. Die Weite der Silozellen beträgt, von Mitte bis Mitte Wand gemessen, 6,68 bei 8,4 m bezw. * Wir machen auf diesen Umstand diejenigen Behörden, welche bei uns in Deutschland das Frachten monopol in Hand haben, besonders aufmerksam. Der Bau trägt eigenthümlicherweise auf der Vorderseite in grofsen Buchstaben die Inschrift: .Possehls Coal Wharf“. Ob die Thatsache, dafs dieser oben be schriebene Bau zwar zur Aufnahme englischer Kohle bestimmt ist, aber doch mit deutschen Abnehmern zu rechnen hat, dazu berechtigen soll, ihm diese aus ländische Bezeichnung zu geben? Uns hat diese englische Aufschrift auf deutschem Boden sehr merk würdig angemuthet. Die Redaction. 8,8 bei 8,4m; es sind dies Abmessungen, die bisher bei derartigen Anlagen wohl noch nirgendwo auch nur annähernd erreicht sein dürften. Jeder Silo fafst 1000 cbm oder 800 t Steinkohlen. Die Wände der Silozellen bestehen aus Kies beton, welcher in die Felder eines ihm Halt verleihenden Eisengerippes eingestampft wurde. Horizontale Rahmen aus starken I- Eisen, die durch verticale I- Eisen verbunden und deren gegen überliegende Wände durch Zuganker versteift sind, bilden das Gerippe. Zur praktischen Erprobung der Gonstruction wurde vorher ein einzelnes Wand feld ausgeführt und mit dem 2 1/2 fachen des rech- nungsmäfsig darauf entfallenden Druckes belastet. Ueber den Silos befinden sich breite Laufstege aus Wellblech mit Betonschüttung; darüber erhebt sich der schmied eiserne Dachstuhl. Der freien Querwand des Speichers ist das Gomptoirgebäude mit Wohnung für den Verwalter, der wasserseitigen Längswand sind neben einem massiven Treppenthurm auch noch vier kleinere Silos vorgebaut; unter diesen befindet sich ein Boden für Siebe, darunter eine Ladebühne. In der an das Nachbargrundstück grenzenden Ecke des Quai platzes liegt das Kessel- und Maschinenhaus. Dem entgegengesetzten Ende des Speichers gegenüber erhebt sich an der Quaikante ein hoher, schmiedeiserner Thurm, welcher einen Schiffs elevator trägt und durch zwei Brücken mit dem Speicher verbunden ist. Die untere Brücke trägt einen, mit dem Elevator in Verbindung stehenden Bandtransporteur, unter dessen Abwurfende eine geaichte Gontrolwaage aufgestellt ist. Die durch den Elevator aus dem Schiffsraum gehobene Kohle wird hier gewogen, bevor sie in den Speicher gelangt. Dem Transport dahin und der Ver- theilung in die Silozellen dienen ein zweiter, fest stehender Elevator und drei auf den vorerwähnten Laufstegen montirte Bandtransporteure. Die stünd liche Leistung aller dieser Maschinen beträgt 50 bis 60 t. Die Entleerung der 9 Silos von 15 m Höhe geschieht durch Ausläufe im Boden, die mit Kipp-