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Die Gesellschaft traf mittels Sonderzuges am 10. Juni in Berlin ein; von Reichs wegen wurde zu ihren Ehren am Abend im neuen Königl. Operntheater eine Festvorstellung gegeben, in welcher der 2. Aufzug von Tannhäuser und ein Ballet zur Aufführung kamen und an welche sich eine Begrüfsungsfeierlichkeit in den Nebensälen anschlofs. Zu der am folgenden Tage statthabenden Fest sitzung in der Technischen Hochschule in Charlotten burg empfingen der Rector Prof. Müller-Breslau und Prorector Geh. Rath Slaby sowie Geh. Rath Wehrenpfennig das englische Präsidium und geleiteten dasselbe nach dem Lichthof, wo sich in zwischen die Mitglieder versammelt und auch Ab geordnete der Studirenden Aufstellung genommen hatten. Nachdem zwischen Rector und Lord Hopetoun herzliche Begrüfsungsreden gewechselt worden waren, begaben sich die inzwischen erschienenen Minister von Boetticher und Dr. Bosse sowie der Rector zum Empfang des Kaisers nach dem vorderen Portal. Pünktlich fuhr der Kaiser, der die Uniform eines Grofsadmirals der englischen Armee angelegt hatte, mit Admiral v. Senden-Bibran und dem Oberst v. Scheele vor und begab sich alsdann nach dem Lichthofe, wo er sofort auf den Lord Hopetoun zutrat und ihn mit herzlichen Worten bewillkommnete. In feierlichem Zuge wurde sodann der Kaiser nach der Aula geleitet. Den Zug eröffneten die Mitglieder des Ausschusses der Studirenden mit gezogenem Schläger, alsdann folgten paarweise die Mitglieder des akade mischen Senats, als letzten der Rector und Prorector, die unmittelbar vor dem Kaiser einherschritten. Die Minister und die Präsidenten und Councilmitglieder der Institution schlossen sich dem Kaiser an. Für den Kaiser war seitlich vom Tisch der Präsidenten an der Fensterwand ein kleiner Tisch aufgestellt. Nachdem der Kaiser sich noch kurze Zeit mit dem Staatssecretär Hollmann unterhalten hatte, nahm er hier Platz, während mit Präsident Hopetoun die Minister v. Bötticher und Bosse, Staatssecretär Hollmann und der Rector Prof. Müller-Breslau am Präsidententisch sich niederliefsen. Zur Begrüfsung nahm nunmehr Staatssecretär Hollmann das Wort. Er sagte u. A.: „Ich darf wohl mit Fug und Recht und ohne jede Uebertreibung die Behauptung aufstellen, dafs das Schiff in sich die gröfste Leistung des mensch lichen Wesens darstellt. Jedes Schiff für sich ist eine Welt, die alle Erfindungen der Technik für ihre Ziele und Zwecke sich dienstbar macht. So sehr uns auch die Erhabenheit monumentaler Meisterwerke gefangen hält, sie sind doch festgemauert in der Erde und an sich ein lebloses Werk. Anders das Schiff. Das Schiff ist ein lebendes Wesen, welches berufen ist, den Kampf mit den Elementen zu führen und seine höchste Vollendung zu zeigen. Aus der Wucht des Sturmes, aus dem erschütternden Anprall der Wogen soll dieses Schiff siegreich hervorgehen. Ueberschauen wir die Gebiete der Schiffbaukunst: hier das mächtige starke Panzerschiff der Neuzeit, welches in sich schliefst alle Kampfmittel in unge ahnter Vollendung, hier der gigantische transatlantische Dampfer, der die Länder verbindet, der Menschen und Güter mit einer Sicherheit und Schnelligkeit be fördert, von der wir noch vor kurzem keine Ahnung hatten; weiter hier das stolze fünfmastige Klipper schiff, welches uns die fast verschwundene Herrlich keit der Segelschiffahrt wieder ins Leben zu rufen scheint, und endlich hier die schlanke, dem Segel sport gewidmete Rennjacht, auf welcher das Auge des Erzeugers mit Entzücken ruht, welche alle See leute mit Bewunderung anschauen, und die ihre Segel spannt, um in heifsem Wettbewerb den Preis zu erringen, man weifs nicht, welchem Gebiet man die Palme des Sieges geben soll, vor allen stehen wir mit Bewunderung. Und wer ist der Künstler, der denkende, bildende, ausführende Schöpfer dieser Kunst werke? Es ist der Naval Architect, und die Ver einigung dieser Naval Architects, deren gröfste Repräsentanten wir zu unserer gröfsten Freude hier unter uns sehen, ist es, der wir unsere Huldigungen darbringen. Nachdem Council und Members der Institution beschlossen hatten, sich zu ihrem Summer- Meeting in Deutschland zu vereinigen, betrachtete das Deutsche Reich es als eine Ehrenpflicht, dieser hohen Versammlung einen ihrer Bedeutung ent- sprechenden Empfang zu bereiten und aus der allergnädigsten Anwesenheit unseres vielgeliebten Herrschers, Ihres huldvollen Ehrenmitgliedes, wollen Sie erkennen, welches Interesse Ihnen von dieser allerhöchsten Stelle entgegengebracht wird. (Leb hafter Beifall folgte bei der deutschen Rede, bei deren Uebersetzung sich die Versammlung erhebt, um dem Kaiser eine begeisterte Huldigung dar zubringen, für die der Herrscher durch Erheben und Verneigen dankt.) Und wenn Sie die Mühe nicht scheuen wollen, sich bekannt zu machen mit der Arbeitsthätigkeit und den Arbeitsergebnissen Ihrer deutschen Collegen, so werden Sie uns die An erkennung nicht versagen, dafs auch deutscher Fleifs und deutsche Schaffenslust die weltverbindende Schiffbaukunst zu fördern gewufst haben. (Zu stimmung.) Möge Ihre diesjährige Arbeit, der Sie sich auf deutschem Boden und in Gemeinschaft mit Ihren deutschen Berufsgenossen unterziehen, von denselben erspriefslichen Erfolgen gekrönt werden, welche bisher alle Ihre Versammlungen in höchstem Mafse ausgezeichnet haben.“ (Lebhafter Beifall.) Im Namen der Engländer antwortete Lord Hope toun. Er dankte dem Kaiser für sein Erscheinen, dem Comite für den herzlichen Empfang und der Regierung für ihre Liebenswürdigkeit. „Wir wissen, welches Interesse der deutsche Kaiser an Schiffs angelegenheiten nimmt, wir schätzen ihn als Fach- mann, und wir bewundern seine tiefe fachmännische Kenntnifs. Wir in England wissen das zu schätzen. Wir blicken in England mit freudigem Interesse und grofser Bewunderung auf die Entwicklung der Schiffbaukunst in Deutschland, die in verhältnifs- mäfsig kurzer Zeit einen so bedeutenden Aufschwung genommen hat. Deutschland ist heute eine jener kräftigen Nationen in Europa, die zur Erhaltung des Friedens berufen sind, jenes Friedens, unter welchem allein Handel, Kunst und Wissenschaft ge deihen können. Um so mehr haben wir Veran lassung zu freundschaftlichem und gedeihlichen Zu sammenarbeiten mit dem deutschen Volke.“ (Schlufs folgt.) Iron and Steel Institute. (Schlufs von Seite 474.) Am folgenden Tage kam zuerst ein Vortrag des Chefchemikers von Neuberg, Barons Hans Jüptner von Jonstorf f, zur Verlesung. Er umfaste: Die Einführung einheitlicher analytischer Methoden für die Untersuchung des Eisens. In ähnlicher Weise wie s. Z. auf dem inter nationalen Congresse in Zürich im September 1895 wurde in diesem Vortrage die Nothwendigkeit der Einführung einheitlicher chemischer Methoden aus einandergesetzt und durch zahlreiche Analysen be wiesen. Der Verfasser theilt die Fehlerquellen der bisherigen Untersuchungen in acht Abtheilungen ein. Die erste Abtheilung umfafst die groben Fehler in