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STAHL UND EISEN. Nr. 3. September 1881. 127 9: 1 Die Majorität setzte sich ans den con- nommen. Kraft getreten war Juli sollte theilweise zum andern Theile Session, noch bevor er in wieder aufgehoben. Das Zollgesetz vom 15. erst am 1. October 1879, 3 28258 Gesetz vorn 30. Mai 1879 wurde endlich be stimmt, dass die Zölle auf Roheisen, Material- und Spezerei-Warnen und Petroleum nach den, bei der zweiten Lesung des Zollgesetzes und der Tabakssteuervorlage gefassten Beschlüssen vor läufig erhoben werden sollten. Seit der Einführung des neuen Zolltarifs bat der Kampf um denselben und das ihm zu Grunde liegende System nicht geruht. Trotzdem von den gemässigteren freihändlerischen Parteien die Zeit für eine »ehrliche Probe« zugestanden wurde, von welcher jedoch die Zölle auf Lebensmittel von vornherein ausgeschlossen sein sollten, be gannen selbst die hervorragenden Organe dieser Parteien sehr bald wieder jede Gelegenheit zu benutzen, um ihrem gläubigen Leserkreise die Verderblichkeit der Schutzzölle darzulegen. Auch im Reichstage wurde von den Führern der ra- dicalen Freihandelspartei jede Gelegenheit benutzt, um langathmige, theils recht erregte Debatten über den neuen Zolltarif herbeizuführen. Dass derselbe vollkommen sei, wird von keiner Seite behauptet; zur weiteren Ausbildung desselben wurde in der letzten Session des Reichstages ein Traubenzoll von el6 15,— per 100 kg, die Er höhung des Mehlzolles von 6 2,— auf 6 3,— und eine Erhöhung des Zolles für unbedruckte Tuch- und Zeug-Waaren und für bedruckte Wollenwaaren beantragt und vom Reichstage be willigt. Bezüglich des Mehlzolles ist vielfach darauf hingewiesen worden, dass ein wirksamerer Schulz der deutschen Mühlenindustrie besser durch eine leichter zu erlangende Rückvergütung des Ge treidezolles hätte erreicht werden können. Eine solche Regelung war aber, von anderen Schwie rigkeiten abgesehen, mit Rücksicht auf die sich gegenüberstehenden Forderungen der Müller selbst ausgeschlossen. Denn während in der Haupt sache nur die Müller an der nordwestlichen Grenze die Rückvergütung verlangten, behaupteten die Müller im Süden und an der östlichen Grenze, dass ihnen durch die Einführung des Zolles weit besser zu helfen sei. Von grosser Bedeutung ist noch das Gesetz, betreffend die Statistik des Waarenverkehrs mit dem Auslande, welches zum Zweck der Auf stellung einer zuverlässigeren Statistik anordnet, dass sämmtliche, die deutsche Grenze bei der Ein- oder Aus- oder Durchfuhr passirenden Waaren nach Gattung, Menge, Herkunft und Bestimmungs ort anzumelden sind und, der besseren Gontrole wegen, eine unbedeutende statistische Gebühr zu entrichten haben. Während der Agitation für die Einführung eines Systems des Schutzes der nationalen Arbeit machte sich in weiten Kreisen der Industriellen und Gewerbetreibenden der Wunsch nach Schaf fung einer Körperschaft geltend, welche, aus dem praktischen Leben hervorgehend und in In einer langen, seilen mühe- und arbeits- vollen Session — der Schluss erfolgte erst am 12. Juli — wurde der neue Zolltarif berathen. Fast jede Position wurde von den Vertretern des Freihandels mit äusserster Energie bekämpft, und die Verhandlungen nahmen einen um so schwie rigeren Verlauf, da die Erhöhung der Einnahmen des Reiches politische Bedenken, die constitutio neilen Garantieen, in den Kreis der Erörterungen zogen. Wie nunmehr die Differenzen auf diesem Ge biete den Gang der Verhandlungen bezüglich des Zolllariles beeinflussten, wie schliesslich die Nalionalliberalen , die anfangs etwa zur Hälfte auf der Seite des neuen Tarifes standen, durch die Verwerfung der von ihrem Führer beantrag ten Garantieen und durch Annahme der von Frankensteinschen sogenannten föderativen Garan tieen, mit Ausnahme der sich abzweigenden »libe ralen Gruppe« die Verpflichtung zu erkennen glaubten, gegen das ganze Zollgesctz aufzutreten, wie durch dieses Verhalten diejenigen, welche die Einführung gewisser Industriezölle für eine unabweisbare Nothwendigkeit hielten, zu Compro- missen gedrängt wurden, aus denen erhöhte Zölle für Lebensmittel hervorgingen, das eingehender zu schildern, behalten wir uns für die Besprechung der Finanz- und Steuer-Reformpläne des Reichs kanzlers vor. Ani 12. Juli wurde der Zolltarif und das Zollgesctz mit 217 gegen 117 Stimmen ange- am 1. Januar 1880 in Kraft treten. Es war vorauszusehen, dass die Zwischenzeit zur massen haften Einfuhr benutzt werden würde, aus welcher sowohl für die Staatskasse, wie für die deutsche Production bedeutende Schädigungen hervorgehen müssten. Ziemlich spät, am 15. Mai, brachte die Reichsregierung das sogenannte »Sperrgesetz« ein, welches jedoch nur unvollkommen zur An nahme gelangte, da das im Reichstage vorherr schende Misstrauen verhinderte, der Regierung die von der Natur der Sache gebotenen ausser ordentlichen Vollmachten zu gewähren. Durch servativen Parteien, dem Gentrum und der libe ralen Gruppe zusammen, die Gruppe Löwe-Berger theilte sich bei der Abstimmung; mit der Mino rität stimmten die Nationalliberalen, die Fort schrittspartei, die Socialdemokraten und die Polen. Das neue Zollgesetz führte an Stelle der theils aufgehobenen, theils stark ermässigten Zölle für die meisten Gegenstände der gewerblichen und landwirthschaftlichen Production neue und er höhte Zölle ein, liess jedoch die Rohproducte zollfrei. Ein in der Hitze des Kampfes beschlos sener Flachszoll wurde bereits in der folgenden &