Volltext Seite (XML)
'Fortsetzung.) (Nachdruck oervoun.» «LLLL SLS Forstmeister Dahlen Novelle von Mara Markov. Denkspruch. lvrr di« LnkunN dii bedeute, Lstz dich »kn' knlwürl' und Sorgen: Duve eslch die Sunll der heute lind erwarte nicht; vom Morgen. Iuliu» yrmme». Zwrschen Theo von Dahlen, dem Forsdneister, und dem Grafen Morrisson war es fast zu einer offenen Fehde gekommen. Dahlen ging herum wie ein brüllender Löwe. Der Wald und sein Amt waren ihm gründlich vergällt. Nur widerwillig tat er seine Pflicht, und Dorothea, seine brave und liebevolle Gattin, sah mit täglich wachsender Angst und Besorgnis ihrer aller Zu- kunft entgegen. Hans von Dählen, der Sohn, hatte den Eltern von seiner Begegnung mit der reizenden ,Fammerjungfer" nichts gesagt. Der Vater — das wußte er — hatte zu strenge Grundsätze. Dennoch erinnerte Harrs sich mit Ent zücken der lieblichen Viola, deren ganzes Wesen einen gar großen Eindruck auf ihn gemacht hatte. Verschiedene Male schon hatte Hans von Dahlen, die Grenzmarkungen von Finkenbach "überschritten, war fast in die Nähe des altertümlichen, efeuumsponnenen Schlosses gekommen, um nach der schönen Viola zu spähen. Umsonst — sie erschien 'ihm nicht wieder.^ Von einem jungen Waldhüter vernahm er, daß die junge Baronin von 'Finkenbach schon im Hoch sommer ihre Besitzungen verlassen habe und auch nie mand bei „Kastellans" — dem Verwalter des Schlosses — wisse, wann sie wohl zurückkehren werd«. Da der Vater sich in diesem Sommer Wohler fühlte, beschloß man, daß Hans im Herbste nach der Residenz zurückkehren solle — und recht besorgten Herzens nahm Hans von seinen Lieben diesmal Abschied. Er fühlte es instinktiv — es lag etwas in der Luft — ein Unheil — und so Ware er eigentlich Neber Daheim geblieben. Schon war er einige Wochen in der Residenz und arbeitete emsig in einem Bureau des Ministeriums, als ihn Thilo von Presser, sein Freund und liebster Studiengenosse, eines Abends in eines der eleganten Theater schleppte. Man gab ein neues, sensationelles Schauspiel, von dem alle Welt behauptete, „daß man es gesehen haben müsse" — und das reizende Theater war überfüllt von Menschen. Noch war der Vorhang nicht emporgerauscht, und das Orchester spielte eben ' eine Opernmelodie, als Hans in einer Loge des ersten Ranges eine Dame erblickte, bei deren Anblick ihm fast der Atem ver sagte — Viola. Zn Helle, rauschende Seid« gekleidet, den echten Goli)- und Spitzenfächer graziös rn der kleinen Hand schwingend, plauderte sie mit den anderen Insassen der Loge — eine vornehme Dame unter ihresgleichen. Oh, nun begriff er alles. Es war die Baronin selbst, die sich damals mit ihm einen Scherz erlaubt. Und er, Tor, der sein Herz an eine vornehme Frau verloren, die vielleicht seiner spotten, ihn und sein grenzenloses Vertrauen verlachen mochte. Doch nein, auch sie hatte ihn bemerkt, sie lächelte zu ihm herunter und grüßte ihn durch ein Neigen des schönen Hauptes. ,Hm! Hast du ein steifes' Genick, daß du immer hinauf nach links, statt auf die Bübne sehen mußt, mein Zunge?" fragte sein Kamerad, der schwarzlockige, stets gut gelaunte Thilo von Presser. Aber Hans von Dahlen sah und hörte nichts von von dem übermodernen, neuen Schauspiel — alle feine Sinne flogen Viola zu — ihr, die er anbetete. Im letzten Zwischenakte erhielt er durch einen der Kontrolleure Violas Karte — richtig also: Madame la Baronesse de Finkenbach. Dieses Kärtchen enthielt die Weisung, sich anderen Tages zum Tee um sieben Uhr abends bei ihr in ihrer reizenden Stadtwohnung einzusinden. Für die schönen, uralten Buchenwaldungen, die dem Forstmeister Theodor von Dahlen so sehr ans Herz gewachsen waren, hatte es keinen Pardon ge geben. Der Herr Graf Morrisson brauchte absolut Geld, sehr viel Geld; denn er hatte sein großes, ererbtes Vermögen verschwendet, verschleudert und in den größ ten Spielhöhlen auf die bunten Blätter gesetzt. ' Vielleicht hätte eine reiche Heirat ihn wieder flott gemacht und auch sicher flott machen können — da waren andere, die Millionen an Schulden hatten — aber der nun sünfundvierzigjährige Graf Ernest war ein recht schlimmer Weiberfeind geworden, der sich vor allem, was Weib hieß, wie ein Stacheligel benahm. Hunderte von Machen und Frauen hatte er be trogen — das verstand sich von selbst. Denn wozu waren sie denn da, die Weiber? Einem Manne, und einem Kavalier obendrein, ist alles erlaubt. So dachte der gewissenlose und egoistische Graf Morrisson. Aber da kam eine — eine Kreolin —, die es ihni vergalt. Mit ihrer Teufelsschönheit berauschte sie den Gra sen, diesen stolzen Grafen Morrisson, der sie abgöttisch, ja wahnsinnig liebte und zu seinem Weibe, zur Edel dame, machen wollte. Indes rächte die wunderbar schöne, herzlose Kon- susla Jallina alle ihre Mitschwestern — sie ging ihm mit einem vornehmen Japaner durch- der sie in seiner Heimat tatsächlich heiratete. Zu allem Ueberfluß hatte sein Oheim, der reiche Baron Finkenbach, als dessen Erbe Graf Ernest von Morrisson sich seit Jahrzehnten dünkte, gründlich sein Vertrauen getäuscht. ... Es war unerhört! Dieser alte Oheim hatte in seinem sechzigsten Le bensjahre noch geheiratet — noch dazu ein armes, häß liches Landgänschen — nein, eine wahre „Nachteule", wie ihm gute Freunde berichteten, denen sein Cham pagner auf Schloß Rodaun' trefflich mundete. Grollend hatte der Graf Morrisson alle verjagt und sich in sein Schloß im grünen Walde zurückgezogen. Er verkaufte Land und Waldungen und schloß endlich den Vertrag mit der Regierung, welche durch seinen großen Besitz eine Eisenbahn legen wollte. Bald wühlten Schaufel und Hacke in den grünen Forsten. Als die Axt und die Sage kreischten und dröhnten, floh das Getier des Waldes entsetzt und verstört bis in die weitesten Fernen. Wie beim Turmbau zu Babel hörte man allerlei Sprachengewirr; denn Italiener, Polen, Bulgaren, Ruthenen, Ostpreußen und Schlesier hatten nun hier ihre Lagerzelte aufgeschlagen. Sie erfüllten den grünen Gottesdom mit ihren Flüchen und ihren oft gar unheiligen Liedern. Da ihrer gar viele Hunderte waren, ging die Arbeit sehr rasch vorwärts. Schon im Spätherbste waren die Schienen gelegt, und ein halbes Stündchen vom Schlosse Rodaun machte sich der neue Bahnhof mit seinen Schuppen und Remisen im Rohbau breit.