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Der Kaiser und die Parlamentäre. Dem Berl. Tagebl. geht von zuverlässiger Seite folgende Mitteilung zu: Al» der Rittmeister v. Kummer, der be kanntlich als Parlamentär mit Leutnant v. Arnim und Karl Clewing gegen alle völkerrechtlichen Abmachungen in Frankreich gefangen genommen wurde, nach erfolgter Freilassung ins Hauptquartier besohlen worden war, sagte ihm der Kaiser bei Tisch, er habe, als er von der Sache «fuhr, der Regierung in Bordeaux sagen lassen, daß dreihundert Kriegsgefangene unverzüglich erschossen werden würden, falls die drei Parlamentäre nicht bis zu dem und dem Tage heil und gesund bet ihren Truppenteilen wären. Das wirkte. Siegreiches Vordringen der Oesterreicher gegen die Russen. Wien, 20. Oktober. Amtlich wird gemeldet den 19. Oktober mittags: In der Schlacht östlich von Chyrow und Przemysl brachte uns der gestrige Tag neuerdings große Erfolge. Besonders erbittert war der Kampf bei Mizynise. Die Höhe Magiera, die bisher in den Händen des Feindes war und unserem Vordringen bedeutende Schwierigkeiten bereitet hatte, wurde nach mächtiger Artillerie vorbereitung nachmittags von unseren Truppen genommen. Nördlich von Mizynise kam unser Angriff bis auf Sturm- diktanz an den Gegner, östlich von Przemysl bis an die Höhe von Medyka heran. Am südlichen Schlachtslügel wurden die namentlich gegen die Höhen südweitlich Alt- Sambor gerichteten, auch nachts fortgesetzten Angriffe der Russen abgeschlagen. Im Stryj- und Swicatale sind unsere Truppen kämpfend im weiteren Vordringen begriffen. Auch am San wurde gestern an mehreren Punkten gekämpft. Ein nach Einbruch der Dunkelheit eingesetzter Angriff auf unsere bei Jaroslav auf das Ostufer des Flusses übergeschifften Kräfte scheiterte vollkommen. In Russisch-Polen schlug vereinigte deutsche und österreichisch- ungarische Kavallerie einen großen feindlichen Kavallerie körper, der westlich Warschau vorzudringen versuchte, über Sochalschew zurück. Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes Höser, Generalmajor. Viel Regen in Nordfrankreich. Ehristiania, 20. Oktober. Nach einer Drahtmeldung an Aftenposten von heute nacht berichtet der Vertreter des Daily Chronicle über die Kämpfe in Nordsrankreich, die Operationen an der Nordfront würden durch die an haltenden Regengüsse der letzten Tage sehr beeinträchtigt. An einzelnen Stellen gleichen die Landstriche zwischen den kämpfenden Armeen wüsten Moraslstrecken, in denen Mann schaften und Pferde einfach stecken bleiben. (B. T.) Die Verluste des englischen Heeres. Mailand, 20. Oktober. lPrio.-T.) Corrtere della Sera meldet aus London: Nach den Berichten des Generals French an den Kriegsminister beträgt der Verlust des englischen Heeres während der Kämpfe an der Aisne vom 12. September bis zum 8. Oktober an Toten, Verwundeten und Vermißten 561 Offiziere und 12 980 Soldaten. (B. L.-A.) Lokales und Sächsisches? Dippoldiswalde, 21. Oktober. Gestern abend ver handelte der Gewerbeoerein in einer Mitgliederver sammlung u. a. über die Frage, ob es unter den gegen wärtigen Verhältnissen angebracht sei, auch im kommenden Winter Vorträge abzuhalten. Nach reiflichen Erwägungen kam die Versammlung, gleich einer vor einigen Tagen staltgesundenen Borstandssitzung, zu einem „Ja", und zwar einmal, um den Mitgliedern auch in dieser ichweren Zeit etwas zu bieten; zum andern, um den, in zahlreichen Familien aller Slände unleugbar vorhandenen berechtigten Verlangen nach familiären Zusammenkünften entgegenzu kommen! aber auch aus wohldurchdachten allgemeinen Gründen. Zunächst sind zwei Vorträge mit zeitgemäßen Themen vorgesehen. Doch ist Vorsorge getroffen, daß gegebenenfalls noch ein oder zwei weitere Vorträge gehalten werden können. Nichtmitglieder sollen ein Ein trittsgeld in beliebiger Höhe bezahlen, Mitglieder und deren Frauen freien Eintritt haben. Da der erzielte Ertrag, ohne jeden Abzug, je zur Hälfte dem Kriegshilfs- ausschuß und dem Milttäroerein zu Liebesgaben über wiesen wird, sind selbstverständlich auch freiwillige Gaben der letzteren herzlich willkommen. Näheres wird seinerzeit bekannt gegeben werden. Weiter bewilligt die Versammlung einen Betrag zu Li besgaben für die einberufenen Vereins mitglieder, von denen ab 1. Oktober bis auf weiteres Beiträge nicht erhoben werden. Dem Kriegshilfsausschuß werden außer der Hälfte des Eintrittsgeldes zu den Vor trägen noch 75 Mk. aus der Vereinskasse überwiesen. Mit der Richtigsprechung der 1913er Jahresrechnung endete die Versammlung nach Erledigung verschiedener interner Vereinsangelegenheiten. — Ausruf. Der Winter steht vor der Tür. Es eilt, unsere Truppen mit warmer Unterkleidung zu versorgen. Wohl tut das die Armeeverwaltung in dem vorgeschriebenen Maße; doch darüber hinaus sind sreiwillige Spenden: Strümpfe, Leibbinden, Pulswärmer, Hemden, Unterjacken, Kopsschützer, Ohr klappen, Unterhosen, noch dringend erwünscht. Ende Oktober geht von Dresden ein Trans port ab, der unseren Armeekorps im Westen wollene achen bringen soll. Alles, was von fleißigen Frauen. Händen an derartigen Wollsachen fertiggestellt ist, möchte bi» Dienstag, den 27. d. M, aus Dresden und Leipzig an die wiederholt bekanntgegekenen Sammelstellen, im übrigen Lande unmittelbar an die Abnahmeslellen des 12. Korps lDre»den-N„ Neustädter Bahnhof, Hansastraße 2) und des 19. Korps (Leipzig-Gohlis, Artilleriekaserne) gesandt werden. Die au» der Leipziger Abnahmestelle gefüllten Wagen werden dort dem Dresdner Zuge angehängt. Als Verpackung werden Säcke möglichst aus wasserdichtem Stoff empfohlen, weil sie sich besser al» Kisten dazu eignen, mit Kraftwagen von der Etappe aus den Truppenteilen zugeführt zu werden. Die Säcke sind an der Außenseite mit Inhaltsverzeichnis unter dem Stichwort: Wollsachen zu versehen. Der den Gaben bei- zusügende Frachtbrief soll den Inhalt der Sendung und die empfangende Abnahmestelle genau angeben. Unver packte Wolllachen dürfen nicht unmittelbar den genannten Abnahmestellen, sondern müssen zunächst den bekannten Sammelstellen zugeführt werden, die sie verpackt an die Abnahmestellen weitergeben. Frachtstücke, welche die Bezeichnung „Freiwillige Gaben" tragen, werden frachtfrei zur Abnahmeltelle befördert. Zur Annahme von Liebes gaben dieser Art ist die Kgl. Superintendentur hier gern bereit. — Herr Major Wilhelm, früher hier Bezirksosfizier, hat das Eiserne Kreuz erhalten. — Das Merkblatt für Feldpostsendungen, dessen Aus gabe wir in unserer letzten Nummer als bevorstehend ankündigten, ist nunmehr zur Ausgabe gelangt und kann in beschränkter Anzahl vom Postamte abgegeben werden. — Die Zeitung im Felde. Unsere Soldaten im Felde kann man, worauf immer wieder hingewiesen sein muß, gar nicht genug Zeitungen übersenden, denn auch nach dem Lesen erfüllen sie noch ihren Zweck als ausge zeichneter Kälteschutz. Ein einziges Blättchen Papier in die Stiefel gelegt, hält die Füße warm. Beim stärksten Wind wird die Brust warm gehalten, wenn man mehrere Zeitungslagen unter dem Waffenrock zwischen Hemd und Hosenträger schiebt, und beim Schlasen im Freien auf einem Arme ist es vorteilhaft, diesen Arm mit Zeitungs papier zu umwickeln, da dadurch das Eindringen der Erd- seuchtigkeit und Erkältungen vermieden werden. Aber auch bei rheumatischen Schmerzen ist Zeitungspapier ein über raschend wirkendes Heilmittel, wenn man die schmerzenden Steilen mit Zeitungspapser umhüllt. Es ist angebracht, daß man Bekannte im Felde auf die Eigenschaften des Papiers ausdrücklich aufmerksam macht. Seitdem die Paketbesördcrung wieder ermöglicht ist, läßt sich nun auch mehr Druckpapier in die Sendungen unterbringen. — Die amerikanische Singer-Company wird in der Deutschen Nähmaschinen-Zeitung heftig angegriffen. Es wird ihr vorgeworfen, daß sie in Frankreich durch Flugblätter unter Hinweis auf 1870 und den Marokko streit vor dem Ankauf von Nähmaschinen deutscher Fabrikation warnte und sich nicht scheute, die deutschen Nähmaschinen als minderwertige Ware zu bezeichnen. Nach einer in deutschen Tagesblättern wiedergegebenen Mitteilung des Russkije Siowo hat der Verwaltungsrat der Aktiengesellschaft für Nähmaschinen Singer L Co. für die Familien russischer Einberufener 250 000 Rubel ge spendet und außerdem Kat ihre Moskauer Organisation 2000 Nähmaschinen zur Verfügung gestellt. Ueberdies sind alle Provinzsilialen beauftrat worden, Nähmaschinen an Frauen Einberufener unentgeltlich zu verleihen. Für Deutschland hat die Singer Co. nichts derartiges getan, obwohl die deutsche Heeresverwaltung der Singer Co. be trächtliche Mengen von Nähmaschinen abnahm. Maren. Wie überall im deutschen Vaterlande für unsere tapferen Soldaten im Felde und in den Lazaretten Gaben der Liebe gesammelt werden, so ist dasselbe auch hier geschehen. Dank arbeitssreudiger Hände und opfer williger Herzen war es dem hiesigen Frauenverein und den Frauen von Hausdorf möglich, eine ganz ansehnliche Sendung von Liebesgaben ins Feld zu lenden, die heute für unsere sächsischen Krieger an die Sc.mmelstelle Pirna, Bahnhofstraße 6 abgehen wird. Es hatten sich folgende Gegenstände angesammelt: 50 Stück Hemden, 80 Paar Strümpfe, 30 Paar Pulswärmer, 6 Paar Kniewärmer, 14 Stück Ohrenschützer, 1 Paket Tabak. Außerdem wird eine Sendung von Liebesgaben nach dem Osten gesendet. Möchten die Sendungen unversehrt ihr Ziel erreichen, zur Freude und Erquickung unserer tapferen Vaterlandsver- teidiger und sei sie ein neuer Ansporn, weiter Liebe zu üben für das Heiligste, sür unser deutsches Vaterland. — Nächsten Sonntag, den 25. Oktober und Montag, den 26 Oktober findet in hiesiger Parochie das Kirch weihfest statt. Freiberg. Bon der 1. Straskammer des Kgl. Land gerichts hier sind verurteilt worden: 1. der Bräuns- dorfer Anstaltszögling Friedrich Rudolf Wenke wegen einfachen und schweren Rückfallsdiebstahls in 4 Fällen zu 8 Monaten Gefängnis; 2. der Buchhalter Alfred Henry Oertel au» Meerane wegen Rückfallsbetrug und Urkunden fälschung zu I Jahr 3 Monaten Gefängnis — 3 Wochen Untersuchungshaft angerechnet — und 2 Jahren Ehren- rechtsverlust. Pirna. Das hiesige Kreirwaisenhaus konnte am ver gangenen Sonnabend aus ein hundertjähriges Bestehen zurückblicken. Zittau. Das mit einem Kostenaufwand von 904 000 M. an der Augustusallee erbaute neue Amtsgerichtsgebäude ist jetzt seiner Bestimmung übergeben worden. Dem Amts gebäude ist auch ein Gefangenenhaus angegliedert, das Raum sür 75 Gefangene hat und in seinen Räumen auch eine Kapelle aufweist. Der ganze, an den Barockstil an- grlehnte mächtige, mit einem Turm gekrönte Bau ist eine Zierde der ganzen Stadt. Das alte, am Markt befind liche Amtsgerichtsgebäude ist ein mehrere Jahrhunderte alter Bau, der schon lange nicht mehr genügte. Herrnhut. Eine unbegreifliche Dummheit beging de Korbmacher Wehder, indem er sich für einen Russen au»' gab und in einer Fleischerei Soldaten gegenüber Be merkungen fallen ließ, die Deutschen behandelten die Ge fangenen schlecht. Er wurde auf das Gemeindeamt ge führt; dort wurde der Mann den Polizeibeamten gegen über derart widersätzlich und tätlich, daß er, an Händen und Füßen gefesselt, auf einem Handwagen geladen, nach dem Amtsgericht transportiert werden mußte. Daselbst versuchte der Mann mittel« der Bänder, die zum Fesseln benützt worden waren, sich zu erhängen, was aber ver hindert wurde. Tagssgeschichte« — Die unbefriedigten Engländer. Die Briten sehen allem Anschein nach den Dingen, die sich eben in Süd- asrika abspielen, mit sehr gemischten Gesühlen zu. Gar zu gern möchten sie den rebellischen Burenobersten Maritz unschädlich machen, ehe er noch größeres Unheil anrichten kann. Deshalb beauftragten sie den Burengeneral Hertzog, die widerspenstigen Volksgenossen wieder zur Ruhe zu bringen. Hertzog aber erklärte, die Regierung Südafrikas, also seinen verengländerten Landsmann Botha, für die Rebellion des Obersten Maritz sür verantwortlich, das heißt also mit anderen Worten, auch er will nicht» von dem Krieg gegen die Deutschen wissen. Und er versichert, seine Dienste nur angeboten zu haben, um einen Bürger krieg zu verhindern. Das Reuterbüro meint, dieses Ver halten Hertzogs hätte die Holländer (also die Buren) in Erstaunen gesetzt, die erwartet hätten, Hertzog werde Maritz direkt als Verräter brandmarken, der die holländische Rasse entehrt hat. aber wir glauben, daß die Briten und nicht die Holländer die Erstaunten sind, wenn sie mit einem Male merken müssen, daß viele Buren — und recht an gesehene Leute darunter — wenig Lust haben, sich mit den Deutschen herumzuschlagen, weil Sir Edward Grey es so will. Luxemburg. Der Kaiser hat der Großherzogin von Luxemburg und der oerw. Großherzogin Maria Anna von Luxemburg die Rote-Kreuz-Medaille l. Klasse verliehen. Kamerun. Ein verdientes Schicksal. Unter den Opfern des Krieges befindet sich nunmehr auch Manga Bell, der unserer Kolonialverwaltung in Kamerun nicht wenig zu schaffen machte. Manga Bell war ein angesehener Mann unter den Duala, dem angesehensten und intelli gentesten Stamme der Kameruner Eingeborenen. Auch er besaß Intelligenz genug, um zu wissen, daß es in Berlin einen Reichstag gebe, der auch etwas in den Kolonien zu sagen hatte. Als nun das Kameruner Gouvernement aus hygienischen Gründen die Eingeborenen in Duala enteignete und sie an einem anderen Platze ansiedelte, da schickte der schwarze Eentlemen eine Petition an den Reichstag. Das wäre ja nun an und sür sich kein todeswürdiges Verbrechen gewesen; zugleich aber hetzte Manga Bell, der öffentlich den Loyalen spielte, insgeheim seine Landsleute gegen die Deutschen auf und rechnete dabei — noch vor dem Kriege — auf englische Hilfe. So wurde er denn bereits geraume Zeit vor Ausbruch des Krieges in Haft genommen. Und nun hat ihn sein Schicksal ereilt. Es mochte nicht schwer werden, ihn des Hochverrats zu überführen. Milde zu üben wäre aber in einer Zeit, da der Feind die Kolonie bedrängt, ein Verbrechen gewesen, denn es hätte den „Dunkelmännern" von denen Gouverneur Lbermaier in seiner Kundgebung der Hinrichtung spricht, Oberwasser gegeben. Manga Bell aber, der immer ein gerissener Junge war, hat sich noch einen guten Abgang verschafft; er hat, als ihm der Strick schon gedreht war, sein „Volk", das heißt die Duala gebeten, baß mit seinem Tode die Treue zum Kaiser und Gehorsam gegen die Regierung zurückkehren möite in den Herzen der Duala. Kirchen-Nachrichten. Mittwoch, den 2l. Oktober 1914. Kipsdorf. Abends 8 Uhr Betstunde. Sparkasse zu Dippoldiswalde. Kepeditrons-Stunden: Sonntag«: nur am letzten Sonnt«» tm Monat von 9-2 bis 9-4 Uhr, an allen Wochentagen von 89- bl« 12 Uhr und 2 bl« 9-5 Uhr, Sonnabend» ununterbrochen vo^ 9 bis 2 Uhr. Gemeindeverbands. Sparkasse Schmiedeberg. Lrpedittonstage: An allen Wochentagen norm. 8—12 Uhr, nachmittags 3—5 Uhh. Bolks-Bibliothek in Dippoldiswalde. Bürge,schule (altes Gebäude, parterre links). Jeden ersten Wochen tag abends 7—8 Uhr geöffnet. Letzte Nachrichten. Prognose: Keine wesentliche Witterungsänderung. Wieder ein deutscher Prinz verwundet. Frankfurt. Der bei einem Dragoner-Negiment dienende zweite Sohn des Prinzen und der Prinzessin Friedrich Karl von Hessen, Prinz Maximilian, ist durch einen Schuß in den Oberschenkel verwundet worden. Indische Truppen in Marseille gelandet. Berlin. Das Berl. Tgl. meldet aus Marseille über die Landung von 18 Dampfern mit etwa 30000 Mann indischer Truppen. Ende eines russischen Abenteuers. Budapest. Das Abenteuer des russischen Einfalles nach Ungarn ist gestern entgiltig zum Abschluß gekommen. Die letzten Reste der russischen Einbruchstruppen, die von unseren Krästen bei Marmaros-Sziget verdrängt und in unausgesetzter Verfolgung gegen die Karpathenpässe oer-