Die Stadt-Bibliothek in Großenhain, die erste vaterländische Bürger-Bibliothek, nach Gründung, Verwaltung und Besitzthum geschildert vom Rentamtmann Karl Preusker
Titel
Die Stadt-Bibliothek in Großenhain, die erste vaterländische Bürger-Bibliothek, nach Gründung, Verwaltung und Besitzthum geschildert vom Rentamtmann Karl Preusker
Untertitel
zur Feier des 50jährigen Bestehens der Stadtbibliothek neu bearbeitet von Otto Gursch, zurzeit Stadtbibliothekar : ausgegeben am Tage des Jubiläums, am 24. Oktober 1878
Alternativtitel
Verzeichniß der Bücher- und anderen Sammlungen der Stadt-Bibliothek zu Großenhain
lediglich öffentlichen Zwecken dienenden Mittelbaues des Rathhauses unmittelbar neben dem Sitzungszimmer der Stadtverordneten. ^mcuttch« Mit Freude ist zu erwähnen, daß seit dieser Verlegung der Bibliothek V«!kgung" in das neue Lokal im Rathhause auch das Interesse für dieselbe ge wachsen ist; denn nicht nur ist die Zahl der Entleiher von Büchern gestiegen, welche jährlich gegen 2500 betrug (vom I. Januar bis 3l. März l878 aber wurden 1081 Bücher ausgegeben), sondern gar viele, die sonst diese Zierde der Stadt kaum dem Namen nach kannten, gleichgiltig davon hörten, haben mit Bewunderung Kennlniß von dem reichen Inhalte derselben genommen. Vereine, welche Großenhain be suchten, haben selten unterlassen, auch der Bibliothek einen Besuch abzu statten. Mit hohem Interesse stets wurden die Schätze derselben be- fichtigt. Die Benutzung der Bibliothek verpflichtet zur genauen Befolgung des am Anfänge dieser Schrift fich befindlichen Regulatives. Wie bei der Verwaltung der Bibliothek sich selbst der Humor Ein gang verschafft, davon ist wohl folgender Fall der Erwähnung werth: Ein Stubenmädchen verlangte für ihren Herrn, einem Arzte, der die Bibliothek fleißig benutzte, „das Buch von der unbewußten Sophie." Auf die Bemerkung, daß solche Bücher nicht vorhanden seien, und ihr Herr wohl auch das genannte Buch nicht wünsche, er widerte cs: Das Buch steht im Katalog, ich habe aber die Nummer vergessen. Schließlich stellte cs sich hcraus, daß der dienstbare Geist „die Philosophie des Unbewußten" von Hartmann ver langen sollte. Auch in neuerer Zeit hat die Bibliothek einigen Zuwachs durch ' Geschenke an Büchern, wie an Sammlungsgegenständcn erhalten. Kanzleirath Zschille in Dresden verehrte der Bibliothek kurz vor seinem Tode eine Anzähl Bücher seiner reichhaltigen Bibliothek; durch Muni- ficcnz des Stadtrathes gelangte die Bibliothek aus dem Nachlasse des Rcntamtmann Preusker in Besitz einer interessanten Sammlung „Zur Schriftkunde" und durch Ueberweisung eines Kasscnrestes von der früheren Sonntagsschule ward die Anschaffung der neuesten Auflage des Mcyer'schcn Konversationslexikons ermöglicht; auch die Kosten ,zur Herstellung dieses Fcstkataloges wurden vom Stadtrath in frei gebiger Weise bewilligt; Lotteriekollckteur Stelzner schenkte die bisher er schienenen Bände des Generalstabswcrkes über den deutsch-französischen Krieg 1870 und 1871 und Buchdruckereibesitzer Starke am Ende jeden Jahres das in seinem Verlage erschienene „GroßenhainerUntcrhaltungs- und Anzeigcblatt". Auch eine Anzahl interessanter Sammlungsgegen stände wurden der Bibliothek verehrt, von welchen ich nur die von der Gülde der Tuchmacher im Jahre 1292 bei der Belagerung von Hain (durch Landgraf Albrecht und Markgraf Hans von Brandenburg) eroberte Trommel, sowie den vom Kommerzienrath Fedor Zschille, zurzeit in Dresden, geschenkten Abdruck einer Fischeidechse (lelcki^ o- «nurus), aus dem Jurakalk im Würtemberg, erwähnen will. Für alle diese und andere nicht hier genannte Beweise werkthätiger Theil- nahme spreche ich auch öffentlich besten Dank aus.