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^201 Mittwoch, den 30 August. 1882. At»«o»o»ei>t»pr«l»r I» r»»»— <« ULrlieb- .... 1» Uvk. ^MrUek: « K0 ?t. i!i»««t»» ktumw»r»! 10 ?L L«»«rd»ld ä«, ä«vt»el»«o ksiet»«» tritt?o«^ uvci 8t«wp«Ilu»ctdI»E trucru. In»»r,t,»pr«I,«r ?ür 6«» k»uw eioar ^»,p»it«v«u ?stit»«il« »0 Pf. v»t«r „küo^«,»o6t" äi« 2«il» LO Pf. I« ^»dsU«»- uoci Atk«rn»»t« bü H Aut»«U»b. Nriekeln«» r w>t Xuinrckm« 6«r 8onn- unä keiart»^» Aksocii für cl«o kot^voäsn ZreMerImmlal. I»»er»1«aLm>»tim« aus^irt»; Fr. Lran«1«tetter, OomwuiiooLr <ie» Dresdner ^ourn»I«; Lswdori I»rU» V>«n l,«tp»i^ N—l Nr«,I»» rr«»ke»rt ». U.: ttaa«e»»«te,»» et poAirr, N»ri>L - Vi«uN»wdiirx kr»» - I.»ip»t^ - rrsllktllrt ». U.-HL»«»»»: fiuit. Ltnss«- Nsrii»: /nvaii«ir««ia«t, Lr«w«»: F. üc/i/ott«,' vr»,I»»! /. ütanAen's Lxreau <Fmii Fabati»),' rr»»ktur» » II : ft?. TaeIer'scks Uuotid»oälul>8; 0ürUl»: tr. AtMer; S»»»»r«r: 6. Lc-cicsster, k»ri, S«rli» rr»»Ilk»rt » II - St»N^»rt: Daut»« F kÄ., Lu»d»rx: ^ci. Steiner. Verantwortliche Redaction: Oberredacteur Rudolf Günther in Dresden. Heraus xv der: Lüaiet. Lipedition de» Dresdner douruat», Drssdso, Lviv^srstrass« lio. 2ü. Aachöejlessungen auf daS „Dresdner Journal" für den Monat September werden zum Preise von 1 M. 50 Pf. angenommen für Dresden bei der unter zeichneten Expeditton (Zwingerstr. Nr. 20), fir »»-»«rt- bei den betreffenden Postanstalten. Ankindignnge» aller Art finden im „Dresd ner Journal" eine sehr geeignete Verbreitung, und werden die Gebühre» im Ankündigungs theile mit 20 Pf. für die kleingespaltene Zeile oder deren Raum berechnet; für Ankündigungen unter „Eingesandtes" sind die Gebühren auf 50 Pf. für die Zeile festgestellt. In Dresden - Nerpadt können Bestellungen abgegeben werden in der Kunst- und Musikalien handlung des Herrn Adolf Brauer (Haupt straße 2), sowie bei Herrn Kaufmann Arthur Reimann (Albertplatz gegenüber dem Albert theater), woselbst auch Ankündigungen zur Be förderung an unser Blatt angenommen werden und einzelne Nummern des „Dresdner Journals" zu haben sind. ilomgl. Lrpe-Mon des Dresdner Journals. (Zwingerstraße Nr. 20, in der Nähe des neuen Postgebäudes.) Amtlicher Lticit. Bekanntmachung. Die öffentliche Versteigerung der in diesem Jahre au»zumusternden Dienstpserde der Kavallerie, Artillerie und de- Train- soll an den nachgenannten Tagen und Orten, von Vormittag» 10 Uhr an stattfinden: Freitag den 22. September 1882 in Riesa und Großenhain Montag den 25. September 1882 in Oschatz, Dre-den, Pirna und Grimma Dien-tag den 26. September 1882 in Dresden und Borna Mittwoch den 27. September 1882 in Rochlitz und Freiberg Montag den 6. und Montag den 27. November 1882 in Dre-den. Die Pferde der Garnison Lausigk werden in Grimma, die der Garnison Pegau in Borna und die der Garnison Geithain in Rochlitz zur Ver steigerung gelangen. Da« Nähere wird durch die betreffenden Lokal blätter und an den Versteigerung- Plätzen bekannt gemacht werden. Dre-den, am 21. August 1882. Kriegs-Ministerium. von Kabrice. Felgner. Nichtamtlicher Theil. Telegraphische Nachrichte». Paris, Montag, 28. August, Abend-. (W. T B.) Die „Agence HavaS" bemerkt, bezüglich des durch den deutschen Turnverein veranlaßten Zwischenfalles vom Sonnabend, der deutsche Turn- verein sei seit dem Jahre 1863 in Paris installirt und habe sich stets jeder Kundgebung enthalten, welche das französische Nationalgefühl hätte ver letzen können. Die Ursache deS Zwischenfalles sei die Sendung einer Einladung an rin Mitglied der französischen „patriotischen Liga" gewesen. Diese Sendung habe auf einem Zrrthum beruht. Sobald dieser Jrrthum erkannt sei, habe man die beabsichtigte Kundgebung ganz fallen lassen. Die Behörde, welche Maßregeln getroffen hatte, uw jedem Confiicte vorzubeugen, habe geglaubt, diese Maßregeln vorsichtshalber aufrecht erhalten zu sollen. (Wie man der „Köln. Ztg.* au- Pari- tele- graphirt, ist e» jetzt erwiesen, wie die Einladung in Deroulsde'» Hände gekommen ist. Derouldde wohnt in einem Hause mit dem Redaction-secretär de- „Dra- peau* zusammen, der Meyer heißt, und mit einem andern Meyer, der Turnverein-Mitglied ist. Die an den zweiten Meyer gerichtete schriftliche Einladung wurde bei dem ersten Meyer abgegeben, der sie dann sofort Deroulsde mittheille.) Dublin, DienStag, 2S. August. (Tel.d Dre-dn. Journ.) Aus Limerick wird gemeldet, daß etwa 6V Polizisten infolge der Entlassung von 5 Kame raden, welche Leiter der jüngsten Agitation um Solderhöhung gewesen find, Strike machen. In anderen Städten Irlands wollen die Konstabler ebenfalls striken, falls die entlassenen Kameraden nicht wieder angestellt werden. (Vgl. die „TageS- gefchlchte" unter London.) Konstantinopel, Montag, 28. August, AbendS. (W. T. B.) ES bestätigt sich, daß die Pforte nach dem außerordentlichen Ministerrathr, welcher vom Sonnabend Mittag bis gestern Abend dauerte, den von England ausgestellten Entwurf der Militärconvrntion angenommen hat. Athen, Montag, 28. August, Nachmittags. (W T. B) Nach hier ringegangenen Nachrichten aus Larissa herrscht dort große Erregung wegen der Coucentrirung einer etwa 80V Mann starken türkischen Truppenabtheilung an der Grenze, zu dem Zwecke, den Karalidervrn, welchen die Griechen besetzt halten, mit Gewalt in Besitz zu nehmen. General GrivaS hat Maßregeln getroffen, um jeden Angriff zurückzuweisen. Athen, DienStag, 2S. August. (Tel d. DrrSdn. Journ.) An der türkisch-griechischen Grenze er folgte zwischen griechischen und türkischen Soldaten ein Zusammenstoß, wobei 3 Unteroffiziere und 4 griechische Soldaten getödtet und 12 Mann ver wundet wurden. Die Regierung gab die Ordre, daß dir „Amphitrite" mit 2 Compagnien und 2 Batterien nach Bolo abgehen soll. Alexandrien, Montag, 28. August, Nach- mittags. (W. T. B.) Sultan Pascha (welcher den General Wolseley al- Commissar de- Khedive beglei tet) soll, sobald wie möglich, die Regierung in Kairo übernehmen. Gerüchtweise verlautet, in Kairo seien AeurrSbrünste auSgebrocheu. Dresden, 29. August. Unter den Chauvinisten der französischen Hauptstadt macht sich seit einiger Zeit wieder die bekannte Händelsucht und windige Großthuerei bemerk lich. Schon seit einiger Zeit betreiben französische Blätter auf- Neue die Deutschenhetze, und zum Uebcrsiuß wurde zur „Aufrechterhaltung de- heiligen Hasse-* eine „lizue 6es Patriot«»" gegründet, deren Präsident kein Geringerer, al- der Senator, Historiker und frühere Chefredactenr de- „Sidcle* Henri Martin ist, und deren Comitö die Deputirten Turquet, Md- zidre», der chauvinistische Dichter Paul Deruldde und Andere angehören. Man steht, die Mitglieder dieser säubern Gesellschaft, deren Bildungsgrad die Erregung nationalen Haffes und schmutzige BerfolgungSfucht völlig auSschließen sollte, gehören den bevorzugteren Kreisen an. Seit einiger Zeit ist insbesondere der deutsche Turnverein in Paris daS Ziel der Verfol gungen dieser Hetzer. Wie anderwärt- im Au-lande haben auch die Deutschen in Pari» Gesangvereine, Turnvereine und andere Vereine gebildet, wo sie ge meinschaftlich Bier trinken, ihre turnerifchen Uebungrn sortsetzen und deutsche Lieder singen. Man mag über da- Wesen dieser harmlosen Zusammenkünfte denken, wie man will; ohne Zweifel kann Jedermann diejenige Gesellschaft auffuchen, welche ihm am besten behagt. Ander- denken aber die französifchkn Chauvinisten. Wiederholt wurden von den Mitgliedern der obigen Liga Denunciationen gegen den Pariser deutschen Turnverein in die Oeffentlichkeit geschleudert und die Hilfe der Polizei angerufen, unter dem Vorwande, daß in den Versammlungen diese- Vereins franzosenfeind- liche Lieder gesungen würden. Die „lizus äs» Pa triot»»" hat eS nunmehr mit ihren Drohungen durch gesetzt, daß ein aus den Abend deS 26 August anbe raumter AbschiedScommerS nicht stattfinden durfte und sogar, um Unruhen zu verhüten, da» Kaffeehaus, in welchem sich der Verein zu versammeln pflegt, um 7 Uhr Abends vollständig geschlossen werden mußte. Gegen 9 Uhr kam Deroulsde mit einer zahlreichen Bande „Patrioten*, um sich zu überzeugen, daß die Verhinderung stattgesunven habe. Die Gesellschaft ging sodann nach einem Locale im Faubourg-St.- DeniS, wo auf den großen, gegen die Deutschen er fochtenen Sieg getrunken und erschreckliche Revanche reden gehalten wurden. Deroulsde beglückwünschte in seiner Rede die Regierung wegen des Verbotes und forderte die Patrioten auf, nicht nachzulassen im Schüren deS patriotischen Hasse- und im Rus nach Rache. Wie da» „Pari-* besonders dervorhebt, stellte Deroulsde den Versammelten (da- Blatt zählt nicht weniger, als 6 patriotische Gesellschaften auf) fodann den Sergenten Hoff, jetzt Hüter des Arc-de-Triomphe, vor, rion dem die Legende erzählt, daß er 1870 jeden Adenl.'einDutzend „Preußen*-Köpfe abgefchnittrn und nach Paris gebracht und vor dem Triumphbogen einen Graben angelegt habe, damit die feindliche Armee bei ihrem Einmarsch nach Pari» darüber weghü; fen mußte, resp. nicht rm Paradeschritt einziehen konnte u. s. w. Hierauf sprach er: „Die Deutschen können nicht», al» auf Deutschland» Gesundheit trinken; trinken wir aus die Gesundheit Frankreichs!* Dann erzählte Derou lsde, er habe unter seinen Papieren das EinladungS- circular de» deutschen Turnvereins gefunden; dasselbe sei eine Herausforderung. Er habe das Local der Deutfchen aufgefucht und sie feindliche Lieder singen ge hört. Er habe deshalb beschlossen, mit seinen Freun den zu dem Feste zu gehen und den Deutschen zu sagen: „Ich bin Eurer Einladung gefolgt, da wir aber in der Ueberzahl sind, müßt Ihr nun den Platz räumen.* „Die Deutfchen* fuhr Deroulsde fort, „erfuhren aber unser Vorhaben und sagten der Polizei, es sei ein Mißverständnlß. Die Regierung jedoch that ihre Pflicht und gab einem Deutschen nicht gegen einen Franzosen Recht; sie untersagte daS Fest. Beglückwünschen wir die Regierung, daß sie so Frankreichs Würde zu wahren gewußt. Ich danke Euch für die Hilfe, die Ihr mir leisten wolltet. Vergessen wir nicht, daß Deutschland in diesem Augenblicke sich rüstet, den Tag von Sedan zu feiern.* Eine Reihe verrückter Toaste schloß sich an die Rede Deroulsde'» an, und es entwickelte sich eine wahre Orgie deS Chauvinismus. Feuilleton. -teSigirt »on Otto Baue». Der Oheim.*) Die Trauung war zu Ende. Der Prediger hatte daS Amen gesprochen, und unter den Klängen der Orgel bewegte sich der HochzeitSzug dem AuSgange der Kirche zu. Draußen aber drängte sich die Menge, welche begierig war, Schaulust und Kritik zu befriedi gen, vor Allem an dem Brautpaar selbst. „Da sind siel* erscholl et in hörbarm Geflüster; alt jetzt ein hochgcwachsener Offizier, der eine zarte, von weißen Schleiern umwallte und mit dem Myrthen- kranz geschmückte Gestalt am Arme führte, in der Kirchthür erschien, und einen Moment lang ließ die aufmerksame Musterung die Zungen verstummen, aber auch nur einen Moment: sobald da« junge Paar erst einige Schritte gemacht hatte, erhoben sich die Stimmen von Neuem. „Wie gut er au«sahl* „Es ist ja auch der .schöne Harbeckl* „Aber w,e ernstI* „Ei, er mag wohl Kopf schmerzen haben, — die Ktrchenluft bekommt den Herren Offizieren selten!* gingen die Bemerkungen halb wohlmeinend und halb spöttisch hin und her „Und die BrautI* hieß e« wieder, „sie wenigstens war strahlend genug!* „Nun, aber so schön, wie er ist sie nicht!* meinte ein Bürgermädchen, da- dem stattlichen Offizier bewundernd uachgeblickt hatte. „O immer aber doch hübsch genug, daß sie ihm *) Unv«f»Gttt Nachdruck untersagt. gefallen konnte!* bemerkte ein ältere- Frauenzimmer etwa- strafend. „Und daß sie dazu ein Engel ist, wird er wohl so gut wissen wie Jeder, der sie kennt!* „Und nicht minder auch, daß sie den reichen Herrn Holm zum Onkel hat!* fiel eine dritte Stimme la chend ein. Obgleich auch diese Worte kaum über den Flüster ton herausgegangen waren, hatten sie doch offenbar da- Ohr eines jungen Manne» erreicht, der in un mittelbarem Gefolge de» Brautpaare» neben einem ältern Herrn vorüberfchritt, denn unwillig sah dieser sich nach dem Sprechenden um, während da- befrie digte Lächeln, welches schon vorher auf dem eigen- thümlich scharf geschnittenen Gesicht seine» Begleiter- gelegen hatte und da- auch jetzt nicht verschwand, e» unentschieden ließ, ob er dieselben ebenfalls verstanden habe. Natürlich aber verbot sich eine Gegenrede sür den Einen wie sür den Andern, und so schritten Beide schweigend weiter. Daß einer in der Gruppe zu dem Gesagten noch die Bemerkung machte, der Herr Holm werde schon dafür sorgen, daß dem jungen Ehemann die Derwani ischaft nicht allzu süß schmecke, hörten sie jedensallS nicht mehr. Die Neuvermählten waren die ersten, welche in dem Hause dei Rechtsanwalt- Holm, der bi-herigen Wohnung der Braut, anlangten; doch ein einziger Augenblick nur währte hier ihr Alleinsein, dann be fanden sich Beide inmitten der rasch nachgefolgten Gäste und hatten die Glückwünsche derselben rntgegen- zunehmen. Hauptsächlich ward die Braut in diesen Minuten umringt, da sie der Freunde und Bekannten ungleich mehr zählte al- Harbeck, welcher nicht wi, sie von jeher in der Stadt ansässig gewesen, sondern ' erst vor wenigen Monaten hierher in Garnison ge kommen war, überhaupt aber ohne Familie in der Welt stand und der deshalb nur ein paar Kameraden als Trauzeugen gestellt hatte. Anfangs suchte sie ihren Platz an seiner Seite zu behaupten; ihr junges Gesicht leuchtete von Glück und Stolz, und nur ein Mal zog ein leichter Schatten über dasselbe, als sie ihn anblickte. „Du bist so still, Edmund,* sagte sie, „ich brauche doch nicht zu fürchten, daß Dir irgend etwa« fehlt?* „O nicht doch,* entgegnete er etwas hastig, „ich befinde mich wohl, außerordentlich wohl — ich habe nur keinen Sinn für da» unnöthige Gepränge, den Trubel!* Die Worte, welche wohl nur für da» Ohr seiner jungen Gattin bestimmt gewesen waren, wurden von einem der ihm befreundeten Offiziere aufgefangen „Da hören Sie eS, gnädige Frau,* mischte sich derselbe ein klein Wenig indi»cret vielleicht, aber gut- müthig lachend in die Unterhaltung, „um nur recht bald mit Ihnen allein sein zu dürfen, wünscht der Herr Gemahl un» Alle nach Hause: so undankbar ist der „schöne Hardeck* gegen die Gesellschaft geworden, dir ihn doch wahrlich genug verzogen hat!* Die junge Frau erröchete vor Vergnügen, halb vielleicht über die neue Anrede, die ihr zum ersten Male zu Theil geworden war, und halb über da- ihrem Gatten gespendete Compliment. Der Letztere selbst dagegen sagte unmuthig: „Ich bitte Sie, Lohden, sprechen Sie jenen albernen Namen, den man mir gegeben hat, nicht nach! Wenn man mich sonst nicht auSzuzeichnen weiß, al» daß man von meinem Gesicht spricht, so wollte ich eher, man fände mich häßlich!* Dieser Skandal wird noch unliebsamer durch die Haltung der Presse. Die gemäßigten Organe ver schweigen die Demonstration gegen die Deutfchen oder bringen reservirte Berichte darüber. Da» Gambet- tistische Blatt „Pari»* lobt die Regierung, weil sie daS Fest verbot, und sagt: „Dir Deutschen verbreiten sich in Paris und bilden einen Oelfleck; sie bilden organisirte Gesellschaften und spioniren uns au»; daS ist ihr Metier.* Eine ganze Anzahl von radikalen Blättern bringt dagegen Leitartikel über den Vorfall, worin die „Usus 6e» Patriot«»" beglückwünscht und dringend aufgefordert wird, den nunmehr begonnenen Feldzug gegen die „deutschen Spione* energisch fort- zusetzen. In diesen Kundgebungen liegt eine offenbare, gegen Deutschland gerichtete Provokation, wie denn überhaupt die französische Presse bei dem Herannahen deS SedantageS das Bedürfniß fühlt, Schaudreden über Deutschland zu führen. Paul Bert, der ehe malige atheistifche Unterricht-Minister Gambetta'», wa cher aus Anlaß einer von »hm erfundenen, zur Ver tilgung Frankreich« vom Erdboden und zur Vernichtung deS französischen Volke» auffordernden Proklamation de» Prinzen Friedrich Karl von Preußen von der „Nordd. Allg. Ztg.* diefer Tage vor aller Welt al» Lügner gebrandmarkt wurde, gab durch seinen chauvinistischen Wuthausbruch »m Trocadero vom 6 August hierzu den ersten Anlaß. In einer Pauser Correspondeuz der „Kölnischen Zeitung* heißt e»: „Die Hetzartikel in den Gambettistlschen Blättern, denen sich auch die „France* anschließt, die glühendsten Chau vinismus athmende, nebenbei Fälschungen vorbringende Rede Paul Bert'-, daS Verhalten der „patriotischen Liga* alles DaS sind Merkmale, daß der Wind wieder umgeschlagen hat, seit Hr. Gambetta sich wieder im Besitz der geheimen Gewalt befindet; ich will nicht sagen, daß die Regierung deS Hrn. Duclerc Derartige- begünstige, aber eS ist sicher, daß man unter ,hr wieder deutschfeindlicher, als früher geworden ist und daß heute von einem noch von vielen und hohen Seiten in Deutschland erhofften ehrlichen Einverneh men weniger, als je die Rede ist. Wenn es jemal gelingen sollte, den Spalt zu überbrücken, der heute Frankreich von Deutschland trennt, so wird daS doch niemals geschehen können, so lange Gambetta am Ruder ist oder seinen Einfluß in maßgeben der Weise geltend machen kann.* Diese ohne jede äußere Veranlassung in Frankreich zu Tage tretenden deutsch-feindlichen Kundgebungen beweisen auf» Neue die Haltungslosigkeit und politische Unreife der französischen Nation; sie zeigen wieder, wie dauernd« gute Beziehungen mit unseren Nachbarn ein Ding der Unmöglichkeit sind. Niemand wird eS in Deutschland einfallen, auf solche Erbärmlichkeiten durch ähnliche Demonstrationen zu antworten. Deutschland hat nur durch diese Vorgänge abermals zur Erkenntniß Ver anlassung, daß eS gut thun wird, auf seiner Hut zu sein. Leider ist die gegenwärtige französische Regie rung nicht stärker, wie die anderen, ihr vorauSgegange- nen Cabinete. Im Gefühle ihrer Schwäche vermag sie weder daS Thun der Bonapartisten und der Legiti misten, noch daS unverschämte Treiben der Intransi genten zu hindern. ES kann auch sein, daß sie den Hetzereien Derjenigen, welche sich die Pflege deS „heiligen Hasses* zur Ausgabe gemacht haben, nicht «u begegnen vermag, und daß, wie unter dem zweiten Kaiserreich, eines Tage- der Deutschenhaß daS leitende Princip wird, welches der dritten Republik auS ihren Verlegenheiten heraushelfen fall. Wir wissen sehr wohl, was wir von Frankreich zu erwarten haben, ohne daß unsere Ruhe hierdurch gesährdet würde. DaS Gefühl unserer Sicherheit beruht Leuten, wie den Mitgliedern der „patriotischen Liga* gegenüber, nicht bloS in dem Vertrauen auf unsere Wehrkraft, sondern mehr noch in dem Vertrauen auf die Gerech- Die Dame an feiner Seite hatte die Worte nicht mehr gehört, denn während ihr Gatte fprach, war ein Anderer, eben jener junge Mann, der ihr im Zuge nachgefchritten, neben sie getreten und hatte mit einer gewlffen Gewalt, wenn auch einer freundlichen, ihre Hand ergriffen. „Komm, Dora,* fügte er, „jetzt gehörst Du einmal mir! Welches auch jetzt Deine Pflichten geworden sind: einiges Recht behält der Bruder auch, denke ich!* Statt zu antworten, blickte sie ihn nur freundlich an und drückte den Arm, den er ihr gereicht hatte; dann ließ sie sich von ihm fortführen. In einer Ecke, die ihm entlegen genug für ein unbelauschtes Zwiegespräch scheinen mochte, schob er ihr einen Sessel zurecht; er selbst blieb an ihrer Seite stehen. „So*, sagte er, „nun endlich einmal eine Beichte, Kleine, oder wenigstens ein vernünftiges Wort, denn seit meiner Ankunft waren wir ja noch keinen Moment unter vier Augen, und was in Deinen Briefen stand, — hm — nun, ich weiß nicht, ob Mädchenbnefe immer in Superlativen geschrieben sind: in den Deinen kann man aber über daS glücklichste Glück und da» entzückteste Entzücken nicht hinaus. „Wenn ich denn nur ander» zu sprechen verstehe!* sagte sie halb ängstlich. Er mußte lachen. „Antworte mir nur möglichst schlicht auf meine Fragen! Zuerst also: Wann und wie lerntest Du eigentlich Haroeck kennen?* „Ja, ja*, entgegnete sie eifrig, „Du sollst Alle» wissen, Alle» — von Anfang an! — Bon den Arbeiter unruhen, die hier im Frühjahr au»brachen, hörtest Du doch?*